Prozess in München:175 Kilo Gras in der Obstlieferung

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Historisch und bröckelig: die Münchner Großmarkthallen. (Foto: Florian Peljak)

Unter dem Deckmantel eines Gemüse-Großhandels soll eine Bande im großen Stil Marihuana von Spanien nach München geschmuggelt haben. Vor Gericht räumen die Angeklagten die Tat ein.

Von Susi Wimmer

Die Ladung wurde im sonnigen Spanien vorbereitet. Einige Paletten voll mit würzigem Knoblauch, darauf geschichtet erntefrisches Obst und Gemüse aus der Region. Cetin C. steuerte den Lkw mit den Früchten Ende 2020 zur Münchner Großmarkthalle.

Doch nach dem Abladen gesellte sich die Polizei zum Fahrer und den Händlern. Denn unter Obst und Gemüse lagerte eine ganz andere Pflanze: Marihuana, und das in rauen Mengen. 175 Kilogramm stellte die Polizei sicher. Die Drogen haben einen Straßenverkaufswert von an die zwei Millionen Euro. Jetzt sind vier Männer vor dem Landgericht angeklagt, drei von ihnen wird vorgeworfen, neben ihrem legalen Obsthandel ein schwunghaftes Geschäft mit Marihuana aus Spanien betrieben zu haben.

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"Obst und Gemüse Bambam", so lautete der Name des Geschäftes, das extra gegründet wurde, um unter dem Deckmantel von Bananen und Co. Drogen von Spanien nach Deutschland zu schmuggeln. Die Staatsanwaltschaft hat eine mehrköpfige Bande ausgemacht, die äußerst konspirativ vorging. Die Organisatoren kommunizierten über Sky-ECC-Mobiltelefone. Bei diesen speziellen Handys sind Kamera oder GPS von vornherein deaktiviert, Nachrichten sind verschlüsselt und löschen sich nach 30 Sekunden von selbst. Vor Gericht steht coronabedingt erst ein Teil der Bande.

Zeqir B. etwa ist 25 Jahre alt, von Beruf Unternehmer, wie er sagt. Ein junger Mann mit weißem Hemd, das blonde Haar zum Zopf gebunden. Er soll mit zwei weiteren Angeklagten drei Großverkäufe von Marihuana im Kilobereich abgewickelt haben. Wobei die neun oder 15 Kilo Peanuts waren im Vergleich zu der Lieferung im November 2020 aus Spanien.

"Er übernimmt die Verantwortung, er räumt das bandenmäßige Handeltreiben mit Drogen ein", sagt sein Verteidiger Peter Witting am ersten Prozesstag. B. habe in Spanien den Fahrer Cetin C. vom Hotel abgeholt und zu dem Lkw gebracht. Er habe den 52-Jährigen nicht über die eigentliche Lieferung informiert. Die elf Kilo Marihuana, die Zeqir B. anteilsmäßig zum Weiterverkauf erhalten habe, hätten seinen Eigenkonsum finanzieren sollen.

Ähnlich äußerte sich Verteidiger Helmut Mörtl. Sein Mandant Sabah S., 26 Jahre, räume den Handel ebenso ein wie die Finanzierung seiner eigenen Sucht. Und zuletzt sagt Rechtsanwalt Felix Hägele, Cetin C. sei lediglich der Fahrer gewesen. Er sei über einen Bekannten akquiriert worden mit dem Hinweis, es handle sich um ein Familienunternehmen im Obst- und Gemüsehandel, das sich gerade im Aufbau befinde. Laut Staatsanwaltschaft erhielt der 52-Jährige mindestens 1000 Euro für die Fahrt von Spanien über Frankreich nach München.

Teil der Bande soll auch der 34-jährige Tajmir H. gewesen sein. Laut Visitenkarte fungierte er als Geschäftsleiter von "Bambam" und kümmerte sich laut Anklage um die Anmietung und das Auskundschaften in der Großmarkthalle. Außerdem soll er als Geldkurier - und tatsächlich auch als legaler Obsthändler - tätig gewesen sein. Seine Rechtsanwältin Ricarda Lang erklärt, dass ihr Mandant zu einem späteren Zeitpunkt aussagen werde.

Der Vorsitzende Richter Markus Koppenleitner regte ein Rechtsgespräch an und am Ende stimmten drei Angeklagte dem Deal zu, dass sie bei Geständnissen Freiheitsstrafen von sechseinhalb bis achteinhalb Jahren zu erwarten haben. Nur Fahrer Cetin C. lehnt die Verständigung ab. Ein Urteil wird im April erwartet.

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