BrauertagFreibier, Schäffler und das Münchner Kindl

Lesezeit: 3 Min.

Die Münchner Brauereien verabschiedeten ihre Jungbrauerinnen und - brauer der Jahrgänge 2023 und 2024 nach erfolgreich bestandener Lehrzeit.
Die Münchner Brauereien verabschiedeten ihre Jungbrauerinnen und - brauer der Jahrgänge 2023 und 2024 nach erfolgreich bestandener Lehrzeit. (Foto: Stefan Matzke/Verein Münchener Brauereien)

Beim Brauertag treffen alle zwei Jahre mehrere Traditionen zusammen. Für eine Stadt, die ihr Renommee nicht zuletzt dem Bier verdankt, ist das Freisprechen der Jungbrauer ein Höhepunkt im Jahreskalender.

Von Andreas Schubert

Es gibt so einige Dinge, auf die man in München stolz ist. Ein ganz großes Ding, vielleicht sogar das größte, ist das Münchner Bier, das die Brauereien selbst in schöner Regelmäßigkeit zum besten der Welt ausrufen. Dieses Selbstbewusstsein tragen sie nicht nur jedes Jahr während der Wiesn zur Schau, sondern auch alle zwei Jahre beim Brauertag.

Am Brauertag werden die Jungbrauerinnen und -brauer vom Stadtoberhaupt freigesprochen. Diese Tradition ist seit 1962 nach einer jahrzehntelangen Unterbrechung wieder lebendig. Am Samstag waren es 20 junge Männer und Frauen der Abschlussjahrgänge 2023 und 2024, die Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) am Marienplatz mit der hölzernen Ferula symbolisch frei schlug.

Die Ferula ist ein Zunftzeichen der Brauer. Deren Niedersenken auf die rechte Schulter ist so etwas wie ein Ritterschlag, der das Ende einer erfolgreichen Lehrzeit markiert.

Und weil das Bier für München eine so große Bedeutung hat, wird das entsprechend gefeiert. Beim Festumzug fahren die Brauereien ihre geschmückten Pferdegespanne auf, flankiert von Fahnenträgern, Gebirgsjägern und Blaskapellen. Allen voran reitet das Münchner Kindl, das derzeit Franziska Inselkammer verkörpert. Und dann sind da auch noch die Schäffler, die sonst nur alle sieben Jahre tanzen, beim Brauertag aber eine Sonderschicht einlegen, weil sich Schäffler, also Fassmacher, und Brauer naturgemäß nahestehen.

Üblicherweise tanzen die Schäffler nur alle sieben Jahre, für den Brauertag machen sie aber eine Ausnahme.
Üblicherweise tanzen die Schäffler nur alle sieben Jahre, für den Brauertag machen sie aber eine Ausnahme. (Foto: Stefan Matzke/Verein Münchener Brauereien)
Nur drei Frauen gehörten zu den Jungbrauern, die OB Dieter Reiter mit der Ferula frei schlug.
Nur drei Frauen gehörten zu den Jungbrauern, die OB Dieter Reiter mit der Ferula frei schlug. (Foto: Stefan Matzke/Verein Münchener Brauereien)

Zum ersten Mal hat Augustiner-Geschäftsführer Martin Leibhard die Feier eröffnet. Dieses Jahr hat er den Vorsitz des Vereins Münchener Brauereien vom ehemaligen Paulaner-Chef Andreas Steinfatt übernommen. Leibhard überreichte seinem Vorgänger zum Abschied einen Ehrenkrug, wie ihn sonst nur die Brauer-Absolventen bekommen. Und Steinfatt, der das Reden auf Bühnen mindestens so schätzt wie das Tragen seiner Lederhose, nutzte die Gelegenheit, sich selbst wortreich zu verabschieden. Publikum hatte er genug: Die Aussicht auf Freibier lockte wieder einmal Tausende Menschen auf den Marienplatz, darunter immer noch viele Fußballfans aus Schottland, die seit Donnerstag die Stadt bevölkert und sich über deren Biervorräte hergemacht hatten – als gelte es, Loch Ness leerzutrinken.

OB Reiter, in Jeans statt Lederhose, deutete diesen außergewöhnlichen Durst als Qualitätsmerkmal des hiesigen Gebräus, im Vergleich zu dem „Plempel“, den die Schotten mitgebracht hätten. „I glaub’, die sind für immer geläutert.“ Dass es trotz kollektiven Rausches ruhig geblieben ist, ließ für Reiter den Schluss zu: „Münchner Bier hilft, Frieden und Freude zu schaffen.“

Als „Fun Fact am Rande“ erinnerte Reiter daran, dass das Münchner Reinheitsgebot schon 1487 erlassen worden und somit 29 Jahre älter sei als das bayerische. „Wir san halt in München scho immer a bissl schneller g’wesen wie der Rest Bayerns.“

Jungbrauerin Stefanie Werner ist inzwischen wieder aufs Land gezogen - nicht zuletzt der Wohnungspreise wegen.
Jungbrauerin Stefanie Werner ist inzwischen wieder aufs Land gezogen - nicht zuletzt der Wohnungspreise wegen. (Foto: Andreas Schubert)

Nur drei Frauen waren heuer unter den Geehrten. An der Frauenquote müsse man noch ein bisschen arbeiten, meinte Martin Leibhard. „Das war schon mal besser.“ Warum sie sich einen noch immer von Männern dominierten Beruf ausgesucht hat, erklärte zum Beispiel Stefanie Werner. „Ich wollte etwas Handwerkliches machen“, sagte die 19-Jährige aus Kastl im Landkreis Altötting. Auf die Ausbildung zur Brauerin habe sie ihr Vater gebracht. Dann habe sie sich in München bei Paulaner beworben und sei dort auch gleich genommen worden. An ihrem Beruf schätze sie vor allem die Vielseitigkeit, sagt sie. Ihr Lieblingsbier: Weißbier.

Inzwischen hat sie München den Rücken gekehrt und ist wieder aufs Land gezogen. Jetzt arbeitet sie bei der Brauerei Schönram im Landkreis Traunstein. Die Umstände in München seien ihr zu schwierig, sagte sie, vor allem wegen der teuren Wohnungen.

Leonhard Bremer wurde bester Jungbrauer Münchens.
Leonhard Bremer wurde bester Jungbrauer Münchens. (Foto: Andreas Schubert)

Leonhard Bremer, 23, ist nach der Ausbildung bei Augustiner ebendort geblieben. Er hat es im vergangenen Jahr zum besten Nachwuchsbrauer Münchens geschafft. Weil er aus Würzburg, also einer Weingegend, stammt, habe er früher nicht viel mit Bier am Hut gehabt, „dann habe ich es liebgewonnen“. Auch er habe nach dem Abitur ein Handwerk erlernen wollen. Als bei einem Aufenthalt in den USA alle vom deutschen Bier geschwärmt hätten, habe ihn das in seiner Entscheidung bekräftigt, Brauer zu werden. Sein Lieblingsbier: Helles.

Das gab es dann gratis von allen Brauereien auf dem Marienplatz. Der Boden pappte am Ende von verschüttetem Bier – was ja auch ein Qualitätsmerkmal sein soll, zumindest der Legende nach.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Hotellerie
:Der Koenigshof empfängt die ersten Gäste

Das fertiggestellte Hotel am Stachus ist ein Architektentraum aus Messing und Glas. Es überrascht auch im Inneren mit ungewöhnlichen Details.

SZ PlusVon Franz Kotteder

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: