Sie stricken Mützen, Stirnbänder und Schals für Obdachlose, packen Hilfsgüter für die Ukraine und sammeln Stifte für Kinder in Afrika: Die "AG Tatendrang" der Erzbischöflichen Maria-Ward-Mädchenrealschule Berg am Laim möchte mit solchen Aktionen die Welt ein bisschen besser machen. Den Entschluss, eine wohltätige Arbeitsgruppe anzubieten, habe Burcu Engl, Realschullehrerin und Initiatorin des Wahlfachs, bereits im Referendariat gefasst, erzählt sie: "Als Lehrerin hat man einen besonderen Zugang zu den Mädchen und vielleicht kann ich mit diesem Fach bei ihnen auch außerhalb der Schule etwas bewirken." Selbst wenn nur eine von ihnen im Nachhinein sozial tätig bleibe, habe sie schon etwas erreicht. Erst das Studium, dann zwei Schulwechsel und schließlich die Corona-Pandemie standen ihrer Idee jedoch im Weg. "Im Schuljahr 2021/2022 war es aber dann so weit, und ich konnte endlich damit durchstarten", sagt die 38-Jährige.
Insgesamt 16 Schülerinnen zwischen zehn und 16 Jahren haben sich für das Wahlfach in diesem Schuljahr entschieden; einige sind bereits das zweite Mal dabei. "Die Gruppe ist bunt gemischt und geht einmal quer durch alle Jahrgangsstufen", sagt Engl. Jeden zweiten Mittwoch trifft sich die Arbeitsgruppe. "Ich wechsle meist Aktivitäten mit richtigem Unterricht ab, denn für manche Themen braucht es im Vorhinein erst mal ein bisschen Theorie." Denn was bedeutet Armut wirklich? Sind alle Kinder in Afrika arm? Und was ist eigentlich "schmutzige Schokolade"? Ein gewisses Grundverständnis zu diesen Themen sei bei den Schülerinnen natürlich vorhanden, nähere Details werden dann im Klassenzimmer geklärt. Mithilfe von Wettbewerben, gestalteten Stellwänden und Durchsagen werden die Informationen im Nachhinein an alle Schülerinnen der Realschule weitergegeben. "Es bringt ja nichts, wenn nur unsere AG davon profitiert."
Auf die Frage, was sie durch das Wahlfach gelernt haben, werden die Schülerinnen im Klassenzimmer kurz nachdenklich. Einige kneifen zum Überlegen die Augen fest zusammen. Dann schnellt der Finger von Lea Keller, elf, in die Höhe: "Armut bedeutet nicht immer, dass man obdachlos ist. Das habe ich auch vor der Tafel gemerkt." Die anderen nicken zustimmend. Die elfjährige Amelie Gladitsch ergänzt: "Man fährt mit Menschen im Bus oder trifft sie beim Einkaufen und weiß gar nicht, dass sie auch von Armut betroffen sind."
Finanziert werden die Projekte der AG Tatendrang vor allem durch Spenden. Diese stammen sowohl aus den Einnahmen des jährlichen Weihnachtsbasars, dem Schulhaushalt als auch von privaten Unterstützern. "Wir haben sehr großes Glück mit unserer Schulfamilie. Wird zu irgendwas aufgerufen, kommt Hilfe von allen Seiten", sagt Direktorin Ute Sterner.
Das nächste Projekt des Wahlfachs ist bereits in Planung: "Die Mädchen fragen mich schon seit Längerem, ob wir nicht auch mal im Tierheim helfen könnten", sagt Engl. Dafür wollen die Schülerinnen unter anderem Futterspenden sammeln, beim Putzen der Gehege helfen und die Steckbriefe der Tiere in der Schule aushängen. Im Mai könnte es bereits so weit sein. "Wenn es hierdurch zu Adoptionen kommen würde", sagt Lehrerin Engl, "wäre das natürlich der bestmöglichste Ausgang."