Was ist der Maibockanstich?
Der Maibock ist ein Starkbier, sein Alkoholgehalt liegt bei 7,2 Prozent. Ursprünglich wurde es für die Sommermonate gebraut, weil das Bier wegen des höheren Alkoholgehalts länger haltbar ist.
Nach München kam der Maibock 1614. Die damaligen Herzöge hatten Gefallen an einem ähnlichen Bier aus Einbeck in Niedersachsen gefunden, wollten sich aber den aufwendigen Transport sparen - und das Geld, das sie für das Bier zahlen mussten. Für ihre eigene Hofbräu-Brauerei warben sie deshalb den Braumeister des Klosters Geisenfeld in der Diözese Regensburg ab: Elias Pichler.
Von 1638 an wurde das Bockbier für alle Münchner ausgeschenkt, von 1874 an im Hofbräuhaus, das damals - wie auch die Brauerei - schon dem Freistaat Bayern gehörte.
Der symbolische Anstich eines Fasses Ende April (das Bier selbst ist bereits ab Februar erhältlich) wird seit 1910 zelebriert; zunächst fand er am Nachmittag statt und vor allem mit Beamten des Finanzministeriums als Gästen.
Inzwischen ist es eine Abendveranstaltung, zu der das Finanzministerium rund 600 Menschen in den großen Festsaal des bekannten Hofbräuhauses am Platzl einlädt. Wie auf dem Nockherberg gibt es ein Politiker-Derblecken, das der Bayerische Rundfunk (BR) überträgt.
Was ist der Unterschied zum Nockherberg?
Es gibt kein Singspiel, lediglich eine Rede, in der der anwesenden politischen Führungsriege der bayerischen Politik der Spiegel vorgehalten wird. Seit 2008 hält diese der aus Niederbayern stammende Kabarettist Django Asül.
Anders als vom Nockherberg überträgt der BR auch nicht live, sondern sendet zeitversetzt einen Mitschnitt. Die Veranstaltung findet in diesem Jahr am Dienstag, 23. April, von 18 Uhr an statt, die BR-Ausstrahlung läuft am gleichen Abend von 20.15 bis 21.15 Uhr (anschließend ist diese in der ARD Mediathek abrufbar).
Es gibt auch einen Auftritt eines Politikers: Der Finanzminister - seit 2018 Albert Füracker (CSU) - zapft an und hält auch selbst eine humorvolle Rede. Den musikalischen Rahmen gestaltet die Blaskapelle Höhenkirchen-Siegertsbrunn.
Wie kam es zu diesem zweiten Derblecken in München?
Eine Schlüsselrolle spielte Kurt Faltlhauser. Der CSU-Politiker (1940 in München geboren) wurde 1998 Finanzminister im Kabinett von Edmund Stoiber. In dieser Rolle fiel ihm auch die Hauptrolle beim Maibockanstich zu.
Faltlhauser brillierte in dieser, indem er in seiner Rede den politischen Betrieb selbst aufs Korn nahm. In Anspielung auf den ehemaligen Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU), der gerne von "Bimbes" sprach, wenn es um Geld ging, schlug Faltlhauser vor, Bayerns Zahlungen in den Länderfinanzausgleich künftig in Naturalien zu leisten: "Bier statt Bimbes!"
Für seine Auftritte verkleidete sich Faltlhauser auch, mal als Feuerwehrmann, mal als Bettelmönch, mal als Schiedsrichter. Als solcher zeigte er dem angereisten Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) die gelbe Karte und erklärte: "In München steht ein Hofbräuhaus, wir schmeißen jeden Sozi raus!"
Als Faltlhauser im Oktober 2007 sein Amt als Finanzminister zur Verfügung stellte, hatte die Brauerei ein Problem: Nachfolger Erwin Huber (1946 in Reisbach geboren) fehlten komödiantisches Talent und komödiantischer Ehrgeiz. Die Brauerei engagierte daraufhin Django Asül, der zuvor am Nockherberg abserviert worden war. Die Fastenpredigt, die Asül dort als Nachfolger von Bruno Jonas gehalten hatte, war als zu scharf empfunden worden. Unter anderem hatte Asül mit Blick auf den damaligen CSU-Generalsekretär Markus Söder auf die semantische Nähe der Begriffe "Sekret" und "Sekretär" hingewiesen.
Warum ist die Veranstaltung politisch interessant?
Dass das "Derblecken" auf einer Bühne spielt, die einer staatlichen Organisation gehört, bietet einen besonderen Reiz. Die politischen Akteure nutzen die Möglichkeiten, die die Konstellation bietet, auf sehr unterschiedliche Weise.
Kurt Faltlhauser stichelte nicht nur gegen den damaligen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber (CSU) - "Im Knast, da weiß ein jeder Räuber, der Größte ist der Edmund Stoiber" -, sondern bewies auch Selbstironie, indem er als Sträfling verkleidet auftrat und den Anwesenden erklärte: "Der Haushalt ohne Schulden passt, seit Faltlhauser sitzt im Knast."
Markus Söder zog bei seiner Premiere als Finanzminister 2012 demonstrativ vor dem damaligen Ministerpräsidenten Horst Seehofer (CSU) in den Festsaal ein und nutzte auch sonst die Gelegenheit gerne, um seinen Machtanspruch mit deutlichen Spitzen zu unterstreichen. "Wir wollen gar nicht wissen, wann er (Seehofer/Anmerkung der Redaktion) geht, wir wollen nur wissen, ob er überhaupt irgendwann einmal geht", sagte er einmal in Richtung des damaligen Ministerpräsidenten. Und als Bier, das Seehofer nahekomme, empfahl er den "eiskalt gehopften Hallodri".
Wo lassen sich weitere Hintergründe finden?
Historisches zum und viele Anekdoten rund um den Maibockanstich hat Meinhard Prill im Film "Kraftvoll ist des Bockes Macht" für den BR zusammengetragen, der hier abrufbar ist.