Shopping in München:Frauen wissen am besten, wie nutzlos Männer sind

Shopping in München: Immerhin zum Tragen von Tüten sind Männer halbwegs zu gebrauchen.

Immerhin zum Tragen von Tüten sind Männer halbwegs zu gebrauchen.

(Foto: dpa)

Weil Frauen aber mitfühlend und verständnisvoll sind, geben sie diesen Versagern hin und wieder Gelegenheit, sich zu bewähren - bei einer Art Dschungelprüfung.

Kolumne von Wolfgang Görl

Der Mann als solcher steht mittlerweile in so schlechtem Ruf, dass Forderungen, die Menschheit solle ohne Männer weitermachen, immer populärer werden. Das ist bedauerlich, aber auch verständlich. Männer haben in den vergangenen 100 000 Jahren jede Menge Mist gebaut, wobei die Erfindung des Raubüberfalls, der Herrentorte und der Börsenspekulation besonders unheilvoll waren. Unterm Strich hat ihre Existenz der Menschheit nur wenig gebracht. Sagen wir's ohne Umschweife: Der Mann hatte seine Chance, er hat's vergeigt, jetzt kann er abtreten - bis auf einige rühmliche Ausnahmen, etwa Männer, die Texte wie diesen schreiben.

Frauen wissen selbstverständlich am besten, wie nutzlos Männer sind. Weil Frauen aber mitfühlend und verständnisvoll sind, geben sie diesen Versagern hin und wieder Gelegenheit, sich zu bewähren.

Das geschieht in einer Art Dschungelprüfung, wobei der Dschungel zumeist eine Modeboutique oder die Damenabteilung eines Schuhgeschäfts ist. Namentlich Münchnerinnen können Stunden, ja Tage in solchen Läden verbringen, wohingegen ihre Männer dort so fehl am Platze sind wie ein Eisbär in der Sahara. Aber es hilft nichts, sie müssen da durch, müssen ihre Dame begleiten, wenn diese fünf Dutzend Kostüme und 42 Paar Schuhe anprobiert.

Dies ist der Moment, in dem sich die Spreu vom Weizen trennt. Gute Männer flüchten jetzt nicht ins nächstbeste Wirtshaus, sondern harren aus im artfremden Milieu weiblicher Shopping-Sessions, simulieren Begeisterung, wenn die Angebetete das gefühlt neunundneunzigste Kleid vorführt, und nicken der Verkäuferin zu, wenn diese zum neunundneunzigsten Mal sagt, das Modell sei wie gemacht für ihre Frau. Ein eigenes Urteil gibt der Shopping-Begleiter besser nicht ab, es würde ohnehin als belangloses Gefasel eines gänzlich Ahnungslosen abgetan. Hellhörig würde die Frau nur, hätte der Gatte die Kühnheit, ein Kleid für zu eng zu halten. Nach so einer Bemerkung sinkt die Raumtemperatur augenblicklich in den Minusbereich.

Vornehme Modegeschäfte stellen immer ein paar Stühle bereit, auf denen die mitgebrachten Herren abgesetzt werden können. Erfahrene Geleitmänner haben ein Buch dabei, es sollte aber mindestens 500 Seiten haben.

Gerade der Münchner, der ja immer im Stress ist, täte gut daran, diese Stunden der vollkommenen Leere als Chance zu sehen: Endlich kann er runterkommen vom Baum, kann entschleunigen und innere Einkehr halten. Zwischen wuselnden Verkäuferinnen und dem Rausch der Mode verfallenen Damen findet er jene spirituelle Balance, die andere im Kloster oder Yoga-Seminaren suchen. In alten indischen Legenden wird oft von heiligen Männern berichtet, die beim Warten im Schuhgeschäft die Erleuchtung fanden.

Davon sind Münchens Männer noch meilenweit entfernt. Sie sitzen dann doch lieber im Wirtshaus. Kein Wunder, dass ihre Zeit vorüber ist.

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