Süddeutsche Zeitung

Umstrittenes Projekt:Studentenapartments versprochen - Luxuswohnungen gebaut

Statt günstiger Unterkünfte für Studierende bieten die Investoren nun Ein-Zimmer-Apartements für 1400 Euro Miete im Monat an. Lokalpolitiker äußern scharfe Kritik.

Von Ellen Draxel

Es kam wie von Nachbarn und Lokalpolitikern befürchtet: Im Innenhof der Herzogstraße 84 im Westen Schwabings sind Luxuswohnungen entstanden. Keine günstige Studentenwohnungen, wie von den privaten Bauherren im Vorfeld angekündigt. Für 1400 Euro werden die möblierten Ein-Zimmer-Appartements im Internet angeboten, das entspricht bei 35 Quadratmetern Wohnfläche einem Mietpreis von 40 Euro pro Quadratmeter. "Das nennt man dann bezahlbaren Wohnraum schaffen", kommentiert Bettina Schopis von der Mietergemeinschaft Apian-, Herzog- und Clemensstraße das Ergebnis der Genehmigung des Neubaus durch die Lokalbaukommission.

Der Protest gegen das Projekt war von Anfang an groß

Im Oktober 2020 noch hatten Politiker aus Stadt, Land und Bund fraktionsübergreifend mit Mietergemeinschaften und Vertretern von Naturschutzverbänden vor dem Haus an der Ecke Apian-/Herzogstraße demonstriert, um auf den aus ihrer Sicht falschen "Nachverdichtungswahn" in dicht besiedelten Gegenden wie dem westlichen Schwabing aufmerksam zu machen. Das Gebäude, vor dem sie standen, galt dabei als Präzedenzfall: Die kleine Baum-Oase im Innenhof sollte auf keinem Fall einem viergeschossigen Neubau weichen müssen. Es ging um die Vernichtung von Bäumen in Zeiten des Klimawandels, implizierte aber auch den Protest gegen Luxussanierungen und Spekulantentum im urbanen Schwabing und darüber hinaus.

Zuvor hatte der Bezirksausschuss Schwabing-West das Bauvorhaben bereits wiederholt abgelehnt, vergebens: Die Verwaltung genehmigte den Bau mit Verweis auf die umliegende Bebauung. Es habe bei dieser Entscheidung "kein Ermessensspielraum" bestanden, so die Behörde. "Dass in einem Erhaltungssatzungsgebiet, das zum Schutz des bestehenden Milieus erlassen wird, eine Klientel einzieht, die jede astronomische Miete zahlen kann und die Kriterien für ein Milieuschutzgebiet aufweicht, scheint nicht von Interesse zu sein", kritisiert Lokalpolitiker Rudi Knauss (Linke).

Durch die Bebauung sollen Singvögel vertrieben worden sein

Laut Nachbarin Schopis hat durch die Bebauung zudem die zuvor so reiche Fauna im Hof mit Insekten, Mardern und Vögeln wie Buchfinken, Mauersegler, Amseln, Meisen und Mönchsgrasmücken gelitten. "Zumindest auf unserer Seite an der Clemensstraße ist inzwischen kein Singvogel mehr zu sehen und zu hören." Nur noch Krähen und Elstern gebe es. Selbst Eichhörnchen seien "rar geworden". Daran, ist sie sich sicher, "werden auch die von der Unteren Naturschutzbehörde geforderten Vorkehrungen für Mauersegler und die Schutzmaßnahmen für Vögel und Fledermäuse nichts ändern".

Die Verwaltung hat nun angekündigt, der neuen Information "nachgehen" zu wollen. Dafür sollen die Eigentümer zunächst schriftlich angehört werden und Gelegenheit erhalten, sich zu äußern. Denn Studentenwohnen ist eine besondere Art des Wohnens, bei dieser Wohnform muss für fünf Wohnungen lediglich ein Stellplatz nachgewiesen werden. Üblich ansonsten ist der Schlüssel 1:1. Sollte die Prüfung der Lokalbaukommission ergeben, dass die Nachbarn recht behalten, könnte "eine denkbare Möglichkeit" laut Planungsreferatssprecher Thorsten Vogel sein, "dass der Eigentümer einen Antrag auf Nutzungsänderung stellen müsste".

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