Geflüchtete aus der Ukraine:Ein Gymnasium wird zur Notunterkunft

Lesezeit: 3 min

Die Stadt hat im Luisengymnasium eine vorübergehende Notunterkunft für Flüchtlinge aus der Ukraine eingerichtet. (Foto: dpa)

Statt Schulpulte stehen im Luisengymnasium nun Feldbetten für Geflüchtete aus der Ukraine. In der Kürze der Zeit habe man keine Alternative gefunden, heißt es von der Stadt. Es handle sich aber nur um eine "sehr kurze Übergangslösung".

Von Kathrin Aldenhoff, Anna Hoben und Bernd Kastner

Die Faschingsferien sind vorbei, aber die Schülerinnen und Schüler des Luisengymnasiums kehren nicht zurück an ihre Schule. Sie lernen diese Woche im Distanzunterricht, denn in den Klassenzimmern sind seit dem Wochenende Geflüchtete aus der Ukraine untergebracht.

"In der Kürze der Zeit fand sich keine andere Möglichkeit für Notschlafplätze in unmittelbarer Nähe des Hauptbahnhofes", sagte Stadtschulrat Florian Kraus. Er verstehe, dass das eine zusätzliche Belastung für die Schulfamilie sei. Dass Geflüchtete in den Klassenzimmern des städtischen Gymnasiums übernachten, sei keine Dauerlösung. Es gehe um eine kurze Zeit, in der Solidarität gefragt sei. "Eine Woche Distanzunterricht halte ich in der jetzigen Krisensituation für zumutbar." Er habe aber am Montag im Krisenstab noch einmal gesagt, dass ab kommenden Montag wieder regulärer Schulunterricht stattfinden muss.

Dass es bei einer Woche bleiben soll, heißt es auch aus dem Büro von Oberbürgermeister Dieter Reiter: "Es wurde betont, dass das nur eine sehr kurze Übergangslösung sein kann", teilte eine Sprecherin mit. "Bereits nächste Woche soll der Unterricht am Luisengymnasium wieder in Präsenz möglich sein."

Newsletter abonnieren
:München heute

Neues aus München, Freizeit-Tipps und alles, was die Stadt bewegt im kostenlosen Newsletter - von Sonntag bis Freitag. Kostenlos anmelden.

Schon 2015 diente die Schule kurze Zeit als Notunterkunft, damals für Geflüchtete aus Syrien. Nun ging es um einen Zug mit Geflüchteten aus der Ukraine, der in der Nacht auf Freitag in München ankommen sollte. Die Feuerwehr suchte nach einer Unterkunft für mehrere Hundert Menschen und habe sich für das Gymnasium in der Nähe des Hauptbahnhofs entschieden, so erzählt es der Stadtschulrat. Es sei darum gegangen, spät ankommende Geflüchtete in Bahnhofsnähe kurzfristig unterzubringen.

Komplett geschlossen ist das Luisengymnasium für Schülerinnen und Schüler nicht

Für genau diese Geflüchteten wurden die Feldbetten dann allerdings gar nicht benötigt - der Zug stoppte vor München, die Menschen wurden in einem anderen Ort versorgt. Das sei zu dem Zeitpunkt aber noch nicht klar gewesen, sagte Kraus. Am Freitag beschloss der Krisenstab der Stadt dann, andere Geflüchtete in der Schule unterzubringen. Inzwischen sind weitere Züge mit weiteren Menschen angekommen, die Betten werden gebraucht.

Komplett geschlossen ist das Luisengymnasium für Schülerinnen und Schüler nicht: Es gibt eine Notbetreuung für jüngere Kinder und solche mit dringendem Betreuungsbedarf, die Schülerinnen und Schüler der Kollegstufe schreiben in einer Turnhalle Klausuren. Auch Exkursionen finden statt, sagte Stadtschulrat Kraus.

"Trotz aller Umstände, die dies für uns als Schule und für Sie als Familien bedeutet, können wir hierdurch auch einen substanziellen Beitrag zur unglaublich schwierigen Lage für die Menschen im Kriegsgebiet leisten", schrieb Schulleiterin Gesa Hollauf am Freitag an die Eltern. Es gebe die nachvollziehbare Sorge einzelner Eltern, dass die Schülerinnen durch diese Maßnahme wieder aus dem Rhythmus gerissen würden, sagte die Schulleiterin. Die Schule tue ihr Bestes, um der Situation gerecht zu werden.

Nicht nur die Stadt hilft: Bislang seien 3000 private Übernachtungsangebote eingegangen

Die Mutter einer Schülerin sagt, sie sei dafür, Geflüchtete aus der Ukraine in der Schule unterzubringen. In einem Elternchat sei aber die Frage diskutiert worden, warum die Schule geschlossen wird, wenn doch andere Räumlichkeiten leer stünden. "Ich finde es hart für die jüngeren Schüler und die Abiturienten. Sie brauchen ihren Präsenzunterricht."

Andrea Betz vom Vorstand der Diakonie München und Oberbayern gesteht dem Krisenstab zu, dass es "keine leichte Entscheidung" gewesen sei, auf die Schnelle Plätze für viele Flüchtlinge zu organisieren. Glücklich aber ist sie nicht mit der Nutzung des Luisengymnasiums: "Ich hoffe, es gibt rasch eine Lösung, die den ankommenden Menschen eine gute Versorgung bietet und den Schülerinnen wieder Präsenzunterricht ermöglicht."

Gerhard Mayer, Chef des städtischen Amtes für Wohnen und Migration, sagte, die Strukturen zwischen Stadt und Regierung von Oberbayern seien in der vergangenen Woche noch nicht so gewesen, dass eine schnelle Entscheidung für eine Alternative zur Schule möglich gewesen wäre. Diese wäre nötig gewesen, um Hotelzimmer anzumieten, denn dafür brauche man das Plazet der Regierung.

Nun aber wolle die Stadt genau das tun, Hotelzimmer in der Nähe des Hauptbahnhofs anmieten. Zudem plane man, neben der Leichtbauhalle an der Neuherbergstraße sechs weitere aufzustellen. Die Hallen habe die Stadt eingelagert, es seien nur noch nicht alle nötigen Grundstücke verfügbar. Zudem gebe es von Münchnern 3000 private Übernachtungsangebote, teils für ein paar Tage, teils für Monate. Diese nutze man als Puffer.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

MeinungUkraine
:Wenn Schüler zurückstehen, weil man Geflüchteten hilft

Die Stadt bringt ukrainische Geflüchtete in einem Gymnasium am Bahnhof unter - und schickt die Schülerinnen und Schüler in den Distanzunterricht. Das ist riskant, weil es zwei Gruppen gegeneinanderstellt.

Kommentar von Bernd Kastner

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: