Lochhausen:"Noch kein echtes Licht"

Lochhausen: Jeden Morgen in Gefahr: Neben der Lochhausener Straße gehen und radeln Kinder auf einem schmalen Bürgersteig zur Schule.

Jeden Morgen in Gefahr: Neben der Lochhausener Straße gehen und radeln Kinder auf einem schmalen Bürgersteig zur Schule.

(Foto: Florian Peljak)

Kinder haben in Lochhausen einen gefährlichen Weg zur Schule - jeden Morgen an einem Dauerstau vorbei. Nun will die Stadt wichtige Forderungen der Bürgervereinigung Lola erfüllen. Doch die sieht auch noch Handlungsbedarf bei der Schule selbst.

Von Ellen Draxel

Lochhausen, morgens um halb acht. Eine Autolawine wälzt sich durch die komplette Lochhausener Straße, von Gröbenzell bis zur Autobahn A 99. Auf zweieinhalb Kilometern rollen Fahrzeuge dicht an dicht, es riecht nach Abgasen, die Lärmbelastung ist hoch. An den Wochentagen geht das jeden Morgen so, seit vielen Jahren schon. Neben der Straße gehen und radeln Kinder auf dem schmalen Bürgersteig zur Schule. Stadtrand-Idylle sieht anders aus.

Für die Anwohner ist der Stau quer durch ihr Viertel ein gewohntes Bild. Aber eines, das sie nicht länger hinzunehmen gewillt sind. "Ich finde es echt gruselig, wie sich die Kinder an den Autos vorbeiquetschen müssen", sagt Stefanie Holzwarth. Die Mutter ist Mitglied der Bürgervereinigung Lochhausen-Langwied (Lola), auch ihr Sohn nimmt jeden Morgen diesen Weg. Er besucht die dritte Klasse der Grundschule am Schubinweg.

An einem Dienstag kurz vor den Ferien sind extra noch Vertreter aus Politik und Verwaltung nach Lochhausen gekommen. Holzwarth und einige Mitstreiter zeigen, was sich vom Schreibtisch aus nicht beurteilen lässt: das Unfallrisiko, dem die Mädchen und Jungen jeden Tag ausgesetzt sind. Das wird erst vor Ort ersichtlich. Der Termin verdeutlicht: Lochhausen braucht getrennte Fuß- und Radwege, und es braucht eine Unterführung, um ein gefahrloses Queren der stark befahrenen Trasse zu ermöglichen.

Die große Straße durchschneidet das ehemalige Dorf in zwei Hälften. Nördlich befinden sich die einzige Schule und die Kindertagesstätten, südlich liegen zahlreiche Wohngebiete, Freizeitmöglichkeiten und Sportstätten. "Bei 25 000 Autos täglich auf der Lochhausener Straße ist eine Unterführung die einzige Chance, diesen Ort wieder zusammenzubringen", betont Jürgen Umseher, der Vorsitzende der Bürgervereinigung Lola.

Eine Studie hält den Durchstich für "machbar"

Im Wiedehopfweg bleibt Umseher stehen. Von hier aus könne man sich eine Route quer durch ein Grundstück vorstellen, das der Stadt gehört. Führte man die Strecke durch den Erdwall, der das große Brückenbauwerk über die Bahngleise stützt, entstünden vergleichsweise wenig Kosten. Durch einen Tunnel käme man ebenerdig direkt am Schubinweg heraus. Eine barrierefreie, sichere Verbindung und ein wahres "Knotenpunkt-Paradies für Radfahrer und Fußgänger", wie Lola-Aktivist Robert Feierlein schwärmt. Er hat sogar ein Modell mit Playmobil-Figuren gebastelt, um zu verdeutlichen, wie charmant diese Lösung aussehen könnte.

Lochhausen: So könnte der Tunnel durch den Erdwall einmal aussehen, findet Lola-Aktivist Robert Feierlein.

So könnte der Tunnel durch den Erdwall einmal aussehen, findet Lola-Aktivist Robert Feierlein.

(Foto: Florian Peljak)

"40 Jahre", erklärt Bezirksrätin Barbara Kuhn (CSU) in Richtung von Stefanie Wolf und Justus Hoffmann vom Mobilitätsreferat, warte man im Viertel bereits auf bessere verkehrliche Lösungen. Wolf aber hat an dem Morgen bereits gute Nachrichten, kann den Kritikern "endlich mal was Positives" verkünden. Sie stellt einen durchgehenden Radweg auf beiden Seiten der Lochhausener Straße in Aussicht, "wenn der Stadtrat uns das Go gibt". Das sei zwar nicht konform mit dem Radentscheid, doch die Verkehrsbehörde habe auf Basis einer Machbarkeitsstudie in diesem Fall grünes Licht von den Verantwortlichen erhalten. Besser noch: Dieselbe Studie halte auch einen Durchstich an der Böschung für "machbar".

Wolf und Hoffmann arbeiten schon an einem Beschlussvorschlag für den Stadtrat und hoffen, 2023 in die Planung einsteigen zu können. "Bis zu einer möglichen Umsetzung dauert es aber sicherlich noch fünf Jahre - optimistisch betrachtet", sagt Hoffmann allerdings. Eine Prognose, die Lola-Chef Umseher mit einem "Wir sind Leid gewohnt" kommentiert. "Aber das ist immerhin ein Flämmchen am Ende des Tunnels - wenn auch noch kein echtes Licht."

Scharfe Kritik am Stadtschulrat

Zur Sprache kommt auch noch ein zweites, seit Jahrzehnten immer wieder hochkochendes Thema: ein zweiter Grundschulstandort. Lochhausen wächst, durch Neubauquartiere wird die Einwohnerzahl in vier Jahren von heute 7000 auf 10 700 Menschen anwachsen. Aus Sicht von Stadtschulrat Florian Kraus kein Grund, sofort zu handeln. In einem Schreiben an Lola verweist er auf aktuelle Daten, wonach "zusätzliche Grundschulkapazitäten erst im Falle der Realisierung der langfristigen Entwicklungsflächen benötigt werden". Lediglich 91 Prozent der im Sprengel gemeldeten Kinder besuchten die staatliche Schule tatsächlich. Alle anderen gingen auf Privat- und Förderschulen. Im Übrigen, so Kraus, fehle ein passendes Grundstück für einen Schulneubau.

"Hanebüchen" nennen sie bei der Bürgervereinigung diese Argumentation. Schon seit 2016 müsse der Unterricht unter anderem in einem provisorischen Containerbau stattfinden. Ein neues Gebäude sei versprochen, bisher aber nicht einmal geplant. Wenn die Schule, wie es vorgesehen ist, künftig fünfzügig werde, könne "wegen fehlender Räume auch kein Fachunterricht wie Musik, Religion, Werken, Kunst oder Sport gemäß Lehrplan mehr gewährleistet werden". Vergangenes Schuljahr hätten die zweiten Klassen die Sportstunden im Klassenzimmer absolvieren müssen, da die Kapazität der Turnhalle schon für die aktuelle Klassenzahl nicht ausgelegt gewesen sei.

Hinzu komme der von 2026 an geltende Rechtsanspruch auf eine Ganztagesbetreuung. "Die Mittagsbetreuung, die ebenfalls im Schulbau untergebracht ist, hat aber erst vor kurzem 20 Familien mangels Kapazitäten für das kommende Schuljahr eine Absage erteilt", weiß Alice Beining (Grüne). So groß ist die Not, dass die Leitung beim Elternabend im Juli die Mütter und Väter der Viertklässler gebeten hat "zu überdenken, ob ihr Kind noch zwingend eine Betreuung benötigt". Stadträtin Heike Kainz (CSU), an diesem Morgen gemeinsam mit ihren Kolleginnen Julia Post und Sofie Langmeier (beide Grüne) ebenfalls vor Ort, verspricht, das Problem "in den Schulausschuss zu transportieren". Die Innenstadt werde "häufig vor den Stadtrandbezirken priorisiert", kritisiert die ehemalige Vorsitzende des Bezirksausschusses Allach-Untermenzing, "und das kann nicht sein".

Die Lochhausener jedenfalls sind der Ansicht, dass es durchaus ein Grundstück für einen Neubau im Süden gäbe: das ehemalige Gelände der Manzinger Papierfabrik an der Ziegeleistraße. Bis 2018 war der Bereich Gewerbefläche, inzwischen ist er als ökologische Vorrangfläche definiert - als Ersatz für das im Rahmen des Bebauungsplans Henschelstraße überplante Biotop. Die Forderung der Bürgervereinigung: den Flächennutzungsplan erneut zu ändern und die Hälfte des Grundstücks in eine "Gemeinbedarfsfläche Erziehung" umzuwidmen.

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