Was läuft in der Literatur?:Lesungen zwischen Glanz und Glorie

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Was ist wahre "Pleasure"? Die Münchner Autorin Jovana Reisinger hat da so ihre Vorstellungen - in den Kammerspielen kann man sie erfahren. (Foto: Friedrich Bungert)

Jovana Reisinger sucht nach „Pleasure“, Caroline Wahl nach Anerkennung, und Steffen Popp wird diese mit einem schönen Preis zuteil – eine Auswahl funkelnder Münchner Literaturtermine im Dezember.

Von Antje Weber

„Ein Manifest für den Glamour, eine Lanze für das Rumliegen, die Völlerei, den Kitsch“ – ja, ist denn schon Weihnachten? Der Untertitel von Jovana Reisingers neuem Buch, der genauso knallt wie der grellrote Titel „Pleasure“ auf quietschgelbem Grund, befeuert gerade in der Adventszeit die Sehnsüchte. Ja, bitte: Rumliegen, Völlerei, Kitsch und Glitterglamour! Und überhaupt ganz viel Pleasure – sofort!

Doch natürlich geht es der Münchner Schriftstellerin in ihrem Essayband nicht direkt um Weihnachten. Wie genau sie sich ihr eigenes Leben als selbsternannte „Tussi“ und das anderer Menschen im Glanze des Glamours vorstellt, im Spannungsfeld zwischen prekärem Künstlertum und It-Bag-Träumen, erklärt sie Interessierten am besten selbst: am 12. Dezember in den Kammerspielen. Für alle anderen gilt: Rumliegen und Völlerei kommt später – es ist einfach noch zu viel los an großartigen Lesungen und prominenten Preisen.

Beides vereinen zwei Veranstaltungen im Literaturhaus, wo frisch gekürte Preisträger auftreten: Zora del Buono, die für ihren Roman „Seinetwegen“ den Schweizer Buchpreis erhalten hat (9.12.), und Reinhard Kaiser-Mühlecker, der für „Brennende Felder“ mit dem Österreichischen Buchpreis ausgezeichnet wurde (18.12.). Noch auf einen Preis wartet Caroline Wahl, doch angesichts ihrer Bestseller „22 Bahnen“ und „Windstärke 17“ sollte sie sich darüber nicht grämen (Volkstheater, 8.12.).

Preise abholen werden dagegen diese Kollegen: Der Lyriker Steffen Popp wird mit dem Lyrikpreis München ausgezeichnet und um 15000 Euro schwerer nach Hause fahren (3.12., Lyrik Kabinett), Dana von Suffrin erhält den Tukan-Preis (4.12., ausgebucht) und die israelische Lyrikerin Agi Mishol den Horst-Bienek-Preis (9.12., Bayerische Akademie der Schönen Künste).

„Gedicht für den unvollkommenen Menschen“ heißt Mishols Auswahlband, der hierzulande gerade für Aufsehen sorgt. Vielleicht gelingt das auch Bruno Franks Reden „Von der Menschenliebe“ und „Lüge als Staatsprinzip“? Erstere hielt er 1918 im Münchner Rat geistiger Arbeiter. Letztere, eine Abrechnung mit Hitlers Politik, schrieb der jüdische Schriftsteller 1939 im kalifornischen Exil. Beide Reden sind nun im Verlag „Das Kulturelle Gedächtnis“ erstmals veröffentlicht worden. Über die Ideen Bruno Franks, übrigens ein Freund Thomas Manns, sprechen die Herausgeber Peter Graf und Tobias Roth am 10. Dezember in der Monacensia.

An jenem Abend, dem Tag der Menschenrechte, fällt die Wahl schwer: Das Literaturhaus lädt zeitgleich zum Benefiz-Abend „Ich hatte einst ein schönes Vaterland“ für den Förderverein Refugio; es lesen unter anderen die Schauspieler Juliane Köhler und Stefan Merki (10.12.). Tags zuvor bietet sich übrigens die Gelegenheit, einen Abend mit Uwe Timm zu genießen – und damit die Kolibri Stiftung zu unterstützen (Volkstheater, 9.12.).

Im Einstein 28 lesen Krimiautoren und -autorinnen

In anderer Hinsicht ins Nachdenken kommen kann man bei weiteren Lesungen: Franziska Augstein stellt ihre Biografie Winston Churchills vor (Literaturhaus, 11.12.), Lukas Bärfuss diskutiert mit dem japanischen Philosophen Kohei Saito, der Marx neu interpretiert hat (Kammerspiele, 19.12.). Wer sich lieber über fiktive Fälle den Kopf zerbricht, ist beim Krimitag mit unter anderen Andreas Föhr, Peter Grandl, Christa von Bernuth und Christof Weigold im Einstein 28 richtig (8.12.).

Und wo bleibt die glitzernde „Pleasure“? Da könnte man sich zunächst im Literaturhaus inspirieren lassen zu einem glamourösen Festessen, wenn Tom Parker Bowles und Denis Scheck die Spezialitäten der britischen Palastküche referieren (12.12.). Um schließlich, Richtung Feiertage, zum Äußersten bereit zu sein: Rumliegen! Völlerei! Lametta!

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