LindwurmstraßeNeuer Radweg soll zehn statt 40 Millionen Euro kosten

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Der geplante Ausbau der Radwege an der Lindwurmstraße soll nun deutlich weniger kosten als geplant.
Der geplante Ausbau der Radwege an der Lindwurmstraße soll nun deutlich weniger kosten als geplant. (Foto: Florian Peljak)

Grüne und SPD einigen sich nach heftigem Streit in letzter Minute auf eine Variante für den Umbau der Lindwurmstraße. Wie die Stadt sparen will und was die Pläne für Radfahrer bedeuten.

Von Heiner Effern

In letzter Minute hat sich die Stadtregierung auf eine Variante für den Radweg in der Lindwurmstraße geeinigt. Statt eines kompletten Neubaus soll es auf zwei Abschnitten zu einer Lösung mit einer abgeklebten Fahrspur jeweils auf der rechten Seite kommen, die künftig für Radfahrer reserviert ist. Im gefährlichsten Bereich zwischen Goetheplatz und Poccistraße wird die neue Strecke auf die bisherigen Parkbuchten geführt. Die abgestellten Fahrzeuge sollen dafür in diesem Abschnitt auf die jetzige rechte Fahrbahn nach innen rücken. Dadurch würde ein häufiges Kreuzen des Radwegs durch parkende Fahrzeuge oder den Lieferverkehr verhindert.

Der Umbau der Lindwurmstraße gilt als eines der Schlüsselprojekte der Verkehrswende, was den Bereich Radverkehr angeht. Seit Wochen hatten sich Grüne und Rote beharkt, Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) hatte den von den Grünen ins Amt gehobenen Mobilitätsreferenten Georg Dunkel öffentlich Arbeitsverweigerung beziehungsweise Inkompetenz vorgeworfen. Noch am Dienstagmittag, also bis unmittelbar vor der Sitzung des Mobilitätsausschusses, hatte es nach einem Eklat ausgesehen. Es werde „zum Schwur“ für die SPD kommen, ob sie noch an der Verkehrswende interessiert sei oder nicht, hatte es von den Grünen geheißen.

Der stark befahrene Radweg zwischen dem Sendlinger Tor und Sendling ist an vielen Stellen zu eng, zu unübersichtlich und in einem zu schlechten Zustand. Das Mobilitätsreferat hat deshalb einen Vorschlag erarbeitet, der einen kompletten Umbau der Lindwurmstraße bedeuten und knapp 40 Millionen Euro kosten würde. Dieser erwies sich in Zeiten einer sich anbahnenden historischen Finanzkrise als nicht konsensfähig mit der SPD.

Noch am Dienstagmorgen hatten die Grünen als maximalen Kompromiss vorgesehen, den ersten Teil von der Sendlinger Straße bis zum Goetheplatz nur mit einer Markierung auf der rechten Fahrbahn abzukleben. Die Kosten wären so von 40 auf 26 Millionen Euro gesunken.

Die SPD wiederum wollte ähnlich auch zwischen Poccistraße und dem Stemmerhof verfahren, an dem die Lindwurmstraße in Sendling endet. Die abgeklebten Radstreifen sollen zudem auf ganzer Länge von Schutzelementen verstärkt werden. Auf diese Variante schwenkten nun die Grünen nach Rücksprache mit den Verantwortlichen des Radentscheids ein. Ob die beiden Fraktionen über diesen Kompromiss auch gesprochen haben, blieb bis zuletzt offen. Sie verschickten getrennt voneinander jeweils eine Mitteilung mit praktisch dem gleichen Vorschlag, in der sie sich gegenseitig ignorierten.

Dass die nun angestrebte Lösung immer noch um die zehn Millionen Euro kosten könnte, liegt an den Umbauten im Mittelabschnitt zwischen Goetheplatz und Poccistraße. Die Parkbuchten dort sind mit einer Art Kopfsteinpflaster ausgestattet, das durch einen anderen Belag ersetzt werden muss. Zudem soll es auf der ganzen Länge nicht nur einen weißen Streifen auf der Straße geben, sondern zusätzliche Schutzelemente. Die Grünen sprechen für den Mittelabschnitt von einer „protected bike lane“, also einem deutlich abgesicherten Radweg.

Die CSU wiederum findet zwar ebenso, dass die Lindwurmstraße für Radfahrer zu gefährlich ist. Aber anstatt den Radweg zu erneuern oder zu verlegen und eine Fahrspur für Autos zu verlieren, will sie die ganze Radroute vom Stemmerhof bis zum Sendlinger Tor auf eine andere Strecke versetzen. „Eine zentrale Verkehrsader auf zwei Spuren einzudampfen, führt zu massiven Staus und verlagert den Verkehr in angrenzende Straßen“, sagte Veronika Mirlach, die Mobilitäts-Sprecherin der Fraktion aus CSU und Freien Wählern. Sie will Radfahrer künftig über den Daumillerweg, die Lipowskystraße, die Theresienhöhe, den Bavariaring, die Beethovenstraße und die Nußbaumstraße bis zum Sendlinger Tor (und umgekehrt) fahren lassen. „Das ist schneller umsetzbar, günstiger und vor allem auch sicherer für die Radfahrer.“

Wenn die Regierungsfraktionen Grüne/Rosa Liste und SPD/Volt im Mobilitätsausschuss ihre getrennt eingereichten, weitgehend deckungsgleichen Anträge gegenseitig unterstützen, wird es dazu aber nicht kommen. Wann der Baubeginn sein wird, ist bisher offen. Beide sprechen sich für eine rasche Umsetzung aus. Der Komplettumbau der Lindwurmstraße hätte laut SPD sieben Jahre dauern sollen. Das Geld dafür sollte aus dem Umweltbudget kommen und in den entsprechenden Topf für Mobilität umgeschichtet werden.

Da im Haushalt kaum mehr Potenzial für Investitionen in weitere Radwege steckt, könnten den Grünen zufolge wichtige Projekte verschoben werden, zum Beispiel die Ungerer- und die Werinherstraße. Kosten für den Vollausbau alleine hier: etwa 60 Millionen Euro.

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