Süddeutsche Zeitung

Verkehr in München:Bezirksausschuss: Lindwurmstraße soll für Autos gesperrt werden

Während der dreimonatigen Sperrung der U3/U6 soll die Lindwurmstraße nur Radler, Taxis und Bussen zur Verfügung stehen, fordert der Bezirksausschuss. Die Grünen sehen darin einen "interessanten Verkehrsversuch", die CSU spricht von einer "dummen Idee".

Von Julian Raff

Mit der dreimonatigen Sperrung der U3/U6 zwischen Implerstraße und Goetheplatz wird im Frühjahr eine Hauptschlagader des Stadtverkehrs abgeklemmt. Wenn es darum geht, das unausweichliche Chaos zu bändigen, macht der Bezirksausschuss (BA) Isarvorstadt-Ludwigsvorstadt nun einen Vorschlag, der Autofahrern nicht gefallen dürfte: Mit knapper Mehrheit nahm das Gremium einen Antrag der Linken an, die Lindwurmstraße während der dreimonatigen U-Bahnsperre für den motorisierten Individualverkehr komplett zu sperren, damit Radfahrer, Linien- und Ersatzbusse besser durchkommen.

Auf Münchens ältester U-Bahnlinie müssen Gleise, Weichen und Stromschienen erneuert werden. Die Strecke wird hierfür zwischen 14. März und 16. Juni auf rund 1,4 Kilometern Länge gesperrt. Der oberirdische Bypass über die Lindwurmstraße hat pro Fahrtrichtung zwei Spuren, von denen laut Antrag eine für die Busse reserviert werden soll, die zweite als Pop-up-Lane für Radfahrer. Eine dauerhafte breite Radspur ist geplant. Noch existiert hier aber nur ein schmaler, von Baustellen und Einfahrten gespickter, obendrein von Baumwurzeln aufgeworfener Radweg, daneben ein enges Trottoir, wo es während der U-Bahnsperre wohl ebenfalls voll wird.

Autofahrer müssten auf den Mittleren Ring ausweichen, wo dann mehr Staus zu erwarten sind

Eine Ausnahme-Fahrgenehmigung sieht der Plan lediglich für Taxis, Anwohner und Pkw-Fahrer vor, die hier beruflich zu tun haben. Alle übrigen Autofahrer sollen großräumig über den Mittleren Ring und die Landsberger Straße ausweichen. Dass es dort noch zäher zugehen wird, sehen Antragsteller und BA-Mehrheit als gerechte Verteilung der unvermeidlichen Mehrbelastung an.

Den gewonnenen Platz in der Lindwurmstraße besser nutzen soll unter anderem eine zusätzliche Busverbindung zwischen Harras und Sendlinger Tor mit Gelenk- und Anhängerbussen, die im Zwei-Minuten-Takt verkehren. Südlich vom Harras müssten dafür Wartespuren für die Busse angelegt werden, die dann auf der Brücke über dem Mittleren Ring umdrehen könnten. Am anderen Ende der Zusatzverbindung, beim Sendlinger Tor, könnten die Busse in einer Achterschlaufe über Wallstraße, Blumenstraße und Sendlinger Tor verkehren, wobei Fahrgäste zeitsparend vor dem verzwickten Wendemanöver an der Lindwurmstraße aus- und danach, bei der Matthäuskirche, wieder einsteigen würden.

Der Antrag macht weitere Detailvorschläge zum Ausbau der oberirdischen Verbindungen: Wer hier nicht schon gewohnheitsmäßig mit dem Fahrrad fährt, könnte auf MVG-Leihräder umsteigen, für die längs der oberirdischen Umgehung zusätzliche Stationen eingerichtet werden. Außerdem könnten beispielsweise die bei Heimspielen des FC Bayern eingesetzten Sonderbusse in dichterem Takt verkehren, so dass Fußballfans die Arena auch ohne die U6 erreichen. Da die neue Verkehrslage Blinden und Sehbehinderten besondere Probleme bereiten dürfte, regt der BA an, diesen Taxigutscheine anzubieten. Als kurzfristig nicht mehr machbar verwarf das Gremium die Idee, zwecks Entlastung mehr S-Bahnzüge aufs Gleis zu setzen.

Freie Fahrt für Busse und Radler ist besser als Stau für alle, sagen die Befürworter

Ansonsten fand das Ideenbündel für den öffentlichen Verkehr breite Zustimmung. Die Entscheidung für Pkw-Verbot und Radspur blieb dagegen umstritten und fiel mit 14 zu elf Stimmen entsprechend knapp aus. Er wolle zwar "dem politischen Gegner die dummen Ideen nicht ausreden", sei aber trotzdem dagegen, Autofahrer, die hier gegenüber Radlern immer noch in der Mehrheit seien, auszusperren, erklärte Martin Ruckert im Namen der CSU-Fraktion. Die SPD schloss sich diesem Standpunkt großteils an.

Die Befürworter der Pkw-Sperre in den Reihen von Linken, Grünen und Rosa Liste glauben dagegen, dass die drohende Verstopfung die Strecke für Autofahrer während der U-Bahn-Pause ohnehin unattraktiv machen werde. Freie Fahrt für Busse und Radler sei also besser als Stau für alle.

Dass es beiden Seiten auch um grundsätzliche Weichenstellungen geht, wurde deutlich, als Grünen-Fraktionssprecherin Claudia Lowitz von einem "interessanten Verkehrsversuch" sprach. Unterstützung könnte nun aus dem BA Sendling-Westpark kommen, wo Erich Utz (Die Linke) einen identischen Antrag für die Sitzung am 25. Januar gestellt hat.

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