Protest der "Letzten Generation":Klima-Aktivisten müssen bis Dreikönig in Gewahrsam

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Bei der Blockade am Dienstagabend verwendet ein Aktivist statt des üblichen Sekundenklebers einen neuen Klebstoff, auf den die Polizei nicht eingestellt war. (Foto: Matthias Balk/dpa)

Die Münchner Polizei hatte nur fünf Tage beantragt, doch die Richter reizen in zwei Fällen den gesetzlichen Rahmen aus. Die "Letzte Generation" lehnt einen vom Landesbischof vorgeschlagenen "Weihnachtsfrieden" ab - und greift zu einem neuen Klebstoff.

Von Joachim Mölter

Münchens Autofahrer und Polizisten können sich wohl nicht auf eine geruhsame Weihnachtszeit einstellen: Die Aktivistengruppe der "Letzten Generation" hat angekündigt, ihre in Form von Verkehrsblockaden vorgetragenen Proteste auch über die Feiertage hinweg fortzusetzen. Eine Sprecherin bekräftigte am Mittwoch, dass keine Weihnachtspause infrage komme, weil die Zeit für Klimaschutzmaßnahmen zu sehr dränge: "Wir werden die Blockaden weiterführen und intensivieren."

Sie reagierte damit auf ein Treffen am Abend zuvor, bei dem der evangelische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm Vertreter der "Letzten Generation" und den bayerischen Innenminister Joachim Herrmann (CSU) zusammengebracht hatte. Nach Angaben eines Kirchensprechers habe Bedford-Strohm bei dem Gespräch eine Art Weihnachtsfrieden vorgeschlagen.

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Die Anhänger der "Letzten Generation" hatten bereits in der vorigen Woche eine Besinnungspause eingelegt und ihre Demonstrationen in München erst am Montag wieder aufgenommen. Nach den jüngsten Protesten müssen nun vier Klimaaktivisten im Polizeigewahrsam bleiben. Sie gehörten zu einer Gruppe, die am Dienstagvormittag den Verkehr an der Einmündung der Lindauer Autobahn A96 auf den Mittleren Ring blockierte. Die Polizei hatte vor Gericht einen Gewahrsam von jeweils fünf Tagen für die Männer beantragt, also bis zum Sonntag.

Die Aktivisten reisen laut Innenminister aus ganz Deutschland zu den Blockaden an

In zwei Fällen ging der zuständige Richter darüber hinaus und ordnete die maximal mögliche Präventivhaft von 30 Tagen an: Der 63 Jahre alte Winfried L. und der 48 Jahre alte Wolfgang M. müssen sich nun auf einen Aufenthalt in der JVA Stadelheim bis Dreikönig einrichten, genauer: bis zum 5. Januar. Bei ihnen stellte der Richter eine "beharrliche Wiederholung" der von der Polizei als Straftaten gewerteten Verkehrsblockaden fest. Wolfgang M. saß bereits im November 23 Tage in Stadelheim, wo er auch in einen Hungerstreik getreten war.

Die Polizei hatte außerdem einen Gewahrsam für sechs weitere Personen beantragt, die sie am Dienstagabend bei einer Blockade am Stachus festgenommen hatte. Dieser Einsatz hatte sich von 19.30 Uhr bis 23.30 Uhr hingezogen, weil die Beamten Mühe hatten, einen der Aktivisten vom Asphalt abzulösen. Nach Angaben der Polizei hatte er statt des üblichen Sekundenklebers einen neuen Klebstoff verwendet, auf den die Polizei nicht eingestellt war.

Das Begehr, diese Aktivisten im Gewahrsam zu behalten, lehnten die Richter jedoch ab, sodass alle wieder freigelassen wurden. Eine Erklärung für die unterschiedliche Bewertung der Anträge gab es vom zuständigen Amtsgericht nicht. Ein Sprecher teilte auf SZ-Anfrage nur mit, dass insgesamt vier Richter oder Richterinnen mit den Anträgen befasst waren und jeweils unabhängig entschieden haben; zu Inhalten der einzelnen Anhörungen und nicht-öffentlichen Verfahren würden grundsätzlich keine Auskünfte erteilt.

Im Innenausschuss des bayerischen Landtags sprach Innenminister Herrmann am Mittwoch davon, dass Klimaaktivisten verschiedener Bündnisse - vor allem aber von "Scientist Rebellion" und "Letzter Generation" - seit dem 25. Oktober insgesamt 18 Blockadeaktionen in München durchgeführt haben. Daran seien 68 Personen beteiligt gewesen. 40 wurden in polizeilichen Gewahrsam genommen, 30 davon für eine Woche oder länger. Es falle auf, "dass die Beteiligten an den hier stattfindenden Aktionen vielfach gar nicht selbst in Bayern wohnen, sondern aus dem gesamten Bundesgebiet oder dem Ausland anreisen, um hier Straftaten zu begehen". Nur etwa ein Drittel käme tatsächlich aus Bayern.

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