Es gehört schon Mut dazu, sich irgendwo zwischen Mega-Stars wie Adele oder Coldplay in den Konzertkalender dieses außerordentlichen Münchner Musiksommers zu zwängen und auf gut besetzte Stuhlreihen im Brunnenhof der Residenz zu hoffen. Leslie Mandoki hat da ein gesundes Selbstvertrauen – und wer am Donnerstagabend genau hinschaute und hinhörte, kam auch schnell auf sein Erfolgsrezept: Anstatt zum Beispiel nur eine Adele auf einer 220 Meter breiten Bühne oder nur vier Coldplays im Olympiastadion zu präsentieren, setzte er einfach mal ungefähr zehn Weltstars auf eine vergleichsweise überschaubare Bühne – und siehe da, heraus kam eine Sommernacht, die trotz großer Namen durchaus als lauschig zu bezeichnen wäre.
Mandoki ist Schlagzeuger, Produzent – und, genau, er ist derjenige, der 1975 ziemlich abenteuerlich durch den Karawankentunnel aus Ungarn in den goldenen Westen flüchtete und hier sein Glück fand. Unter anderem als Sänger in der Schlagertruppe Dschingis Khan, die in den 1970er- und 1980er-Jahren in auffälligen Kostümen recht erfolgreich über Bühnen hopste und „Moskau“ sang. Leslie Mandokis Garderobe hat sich seitdem deutlich verändert, der Rausche-Schnauzbart aber ist dran- und sein gesellschaftspolitisches Engagement in ihm dringeblieben. „Es gibt tausend Gründe, warum wir alten Hippies wieder laut sein müssen“, sagte er zu Beginn des Konzerts seiner Mandoki Soulmates. „Das Land ist in der Krise. Am Ende dieses Abends werden wir unseren Kompass wieder gefunden haben.“
Mandoki ist ein begnadeter Netzwerker über Parteigrenzen hinweg - befreundet mit Edmund Stoiber, früher CDU-Wahlkampfhelfer für Angela Merkel, selbst mal Landtagskandidat für die CSU – und so wippten beim Konzert seiner Soulmates Mitglieder einschlägiger Fangruppen mit. Teils waren diese mit leichtem Promi-Glanz versehen, weshalb sie der Musiker von der Bühne persönlich begrüßte. Ganz vorne etwa Münchens erster Gitarrist, Oberbürgermeister Dieter Reiter („Danke, Dieter, für die Weltstadt mit Herz“). Oder Charlotte Knobloch, die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde („Hallo Charlotte, wir werden die Spaltung in der Gesellschaft überwinden müssen“). Ein Familientreffen war es eh, anwesend außerdem: Ehefrau Eva und die drei Kinder Gabor, Lara sowie Julia, die in der Band mitsingt.
Die Soulmates sind so etwas wie Mandokis Seelenverwandte. Sie spielen teils seit 30 Jahren zusammen. Mit Soul hat deren Performance eher weniger zu tun, man spielt opulente, manchmal experimentelle, jazzbeeinflusste Rockmusik. Alles zu finden auf dem neuen Album „A Memory of our Future“, das in den Mandoki-Studios am Starnberger See aufgenommen wurde. Das Besondere an dieser Formation ist tatsächlich, dass einem erst nach und nach die Augen aufgehen, wer da ziemlich unprätentiös in zweiter oder gar dritter Reihe auf der Bühne gemeinsam mit den anderen Größen ihres Fachs an den Instrumenten arbeitet. Al di Meola zum Beispiel, der amerikanische Jazz-Gitarist, der gegen Ende noch ein Solo vom Feinsten von seiner neuen Platte spielt. Oder Till Brönner, erfolgreichster deutscher Jazz-Trompeter, der unglaublich schöne Klänge in die Münchner Sternennacht entsendet.
Zum Beispiel Mike Stern, der für Miles Davies oder mit Blood Sweat and Tears spielte. Oder Randy Brecker am Flügelhorn und an der Trompete, mit 14 Grammys dekoriert, der britische Sänger Nick van Eede, einst Cutting Crew, Bassist Richard Bona und dann noch echte Legenden, John Helliwell und Jesse Siebenberg von Supertramp. Klar, dass da noch die eine oder andere angerührte Träne im altersgerechten Publikum verdrückt wird, beim „Logical Song“ etwa – und klar, dass Gastgeber Leslie Mandoki irgendwann die komplette Klaviatur herauszieht, und im schön illuminierten Brunnenhof erzählt, was sein Vater ihm auf dem Sterbebett auf den Weg gegeben habe: „Träume nicht vom Leben, sondern lebe Deine Träume“.