Impfung für Lehrkräfte:Nur der Unterrichtstermin steht noch

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Das Impfzentrum in der Messe München: Geplante Termine mit dem Astra-Zeneca-Vakzin müssen vorerst abgesagt werden. (Foto: Florian Peljak)

Ab Montag sollten 30 000 Lehrkräfte und Erzieherinnen geimpft werden. Nach dem Stopp für Astra Zeneca liegen die Termine auf Eis. Vor die Klassen sollen sie weiterhin.

Von Sabine Buchwald, Anna Hoben, Linus Freymark und Janek Kronsteiner, München

Das vorläufige Aussetzen von Impfungen mit dem Vakzin des Herstellers Astra Zeneca hat auch für die Münchner Impfkampagne erhebliche Folgen. Von kommendem Montag an hätten Lehrkräfte von Grund- und Förderschulen sowie Erzieherinnen und Erzieher im Isar-Klinikum in der Sonnenstraße mit dem Vakzin geimpft werden sollen. Rund 30 000 Menschen in dieser Gruppe hatten von der Stadt ein Impfangebot bekommen.

Die Termine dafür liegen nun laut Gesundheitsreferentin Beatrix Zurek bis zur endgültigen Entscheidung auf Eis; abgesagt sind sie noch nicht. Bis Montagnachmittag hatte die Stadt außerdem verschiedene Kliniken mit dem Impfstoff von Astra Zeneca beliefert. Als die Entscheidung des Bundesgesundheitsministeriums bekannt wurden, seien die Lieferungen gestoppt worden, teilte Zurek am Dienstag mit.

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Sie hoffe, dass das Vakzin wieder zugelassen werde, sagte Zurek, "und dass das Medikament nicht noch mehr leidet". Sie habe Verständnis für die Prüfung, es handle sich aber mengenmäßig bei den aufgetretenen Problemen um "keine signifikanten Erscheinungen". Ohne das Mittel von Astra Zeneca, so Zurek weiter, werde es schwierig: "Es ist nun mal so, dass es von den anderen Impfstoffen nicht ausreichend gibt. Nur im Gesamtpaket kommen wir in die Spur." Die Impfkampagne in München wäre dann "sehr verlangsamt". Auch der Impfstoff von Moderna sei gerade "nicht so stabil in der Lieferung". Bei den geplanten Zweitimpfungen mit Astra Zeneca führe die Aussetzung nicht zu Problemen, beteuert Zurek - wegen des mit zwölf Wochen großen zeitlichen Abstands zwischen den beiden Spritzen.

Bei den Pädagogen stößt die erneute Verzögerung auf deutliche Kritik. "Es ist fahrlässig, die Lehrer in dieser Situation in die Schule zu schicken", sagt Simone Fleischmann, Präsidentin des Bayerischen Lehrerinnen- und Lehrer-Verbands (BLLV). Für den Verband gehöre zur "vorsichtigen Öffnungsstrategie" der Staatsregierung, möglichst viel zu testen und die Lehrer zu impfen, bevor man sie alle wieder in die Schulen schickt. "Wir erwarten, dass nach den Osterferien alle Lehrer, die das wollen, geimpft in die Schulen gehen können", so Fleischmann. Dafür seien nun noch mehr als drei Wochen Zeit. Wenn der dafür notwendige Impfstoff dann nicht vorhanden sein sollte, könnten die Schulen eben nicht geöffnet werden. "Das ist die Wahrheit, die wir uns alle nicht wünschen. Aber man muss eins und eins zusammenzählen."

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Fleischmann glaubt zudem, dass mehr und mehr Lehrer und Schüler mit Vorerkrankungen in den nächsten Tagen Atteste bringen werden, um dem Präsenzunterricht fern bleiben zu können, weil sie kein gesundheitliches Risiko eingehen wollen. Auch von Seiten der Berufsschullehrer gibt es Kritik. Zwar hatten Berufsschullehrer noch keine erhöhte Priorität bei den Impfterminen, dennoch "ist die Enttäuschung groß", sagt Julian Salomon vom Verband der Lehrer an beruflichen Schulen in Bayern (VLB). "Die Aussicht auf eine Impfung hat die Stimmung im Lehrerzimmer aufgehellt. Und die Aussetzung von Astra Zeneca trägt jetzt natürlich nicht zum Wohlbefinden bei." Deshalb mehren sich die Forderungen, den am Montag erst wieder aufgenommenen Unterricht im Klassenzimmer wieder einzustellen.

"Präsenzunterricht ist aus pädagogischer Sicht zwar durch nichts zu ersetzen, aber aus Sicht des Infektionsschutzes gehen wir ein großes Risiko ein", sagt Siegfried Hummelsberger, Referent für Schul- und Bildungspolitik beim VLB und Leiter einer Berufsschule in München. Auch Gesundheitsreferentin Zurek hätte es sinnvoller gefunden, die Situation an den Schulen noch bis zu den Osterferien so zu belassen wie vor dem 15. März - "um eine stabile Situation zu bekommen".

Bei den Münchner Hausärzten begrüßt man die Entscheidung, die Impfungen mit dem Vakzin von Astra Zeneca vorerst auszusetzen. "Die Prüfung muss sein", sagt der Vorsitzende des Bayerischen Hausärzteverbands, Oliver Abbushi. "Wir wollen ja keine Risiken für unsere Patienten eingehen." Sollte sich herausstellen, dass das Präparat von Astra Zeneca nicht weiter verimpft werden kann, befürchtet Abbushi einen "herben Rückschlag" für die Impfstrategie. Sollten die weiteren Untersuchungen hingegen ergeben, dass die Nebenwirkungen nur bei sehr wenigen Menschen oder lediglich bei bestimmten Patientengruppen auftreten, werde man die weitere Verwendung des Impfstoffs befürworten.

Allerdings sei die Frage, ob der Astra Zeneca-Impfstoff für ihn geeignet ist, im Dialog mit dem Patienten zu klären. Die Sorgen und Bedenken unter den Patienten gegenüber Astra Zeneca seien zum Teil erheblich, berichtet Abbushi. Gleichzeitig gebe es jedoch auch viele, "die jeden Impfstoff nehmen würden."

Unterdessen ist in zwei Münchner Hausarztpraxen ein Pilotprojekt angelaufen, mit dem der Umgang mit den verschiedenen Vakzinen für den - Anfang April geplanten - Impfstart in Praxen erprobt werden soll. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse sollen dann an die niedergelassenen Ärzte weitergegeben werden, die angekündigt hatten, in ihrer Praxis Impfungen vorzunehmen. Rund 90 Prozent der Hausärzte haben sich dazu bereit erklärt - lediglich die Lieferung von ausreichend Impfdosen ist noch nicht gesichert. "Wenn genügend Impfstoff zur Verfügung steht, steht von unserer Seite einem Impfstart ab Anfang April nichts mehr im Wege", sagt Gesundheitsreferentin Zurek.

Doch auch beim Start des Pilotprojekts durchkreuzte die Astra Zeneca-Stopp die Pläne: Eigentlich hätte auch eine dritte Arztpraxis bereits mit dem Impfen beginnen sollen - mit Astra Zeneca. Der Start musste verschoben werden.

© SZ vom 17.03.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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