Süddeutsche Zeitung

Lehel:Promenieren statt parken am Mariannenplatz

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Nach dem Vorbild des St.-Anna-Platzes will der Bezirksausschuss vor der Lukaskirche einen bis zu 1500 Quadratmeter großen Quartiersplatz schaffen - wenn die Anwohner einverstanden sind.

Von Julian Raff

Die Lukaskirche markiert, weithin sichtbar, den Mittelpunkt des südlichen Lehels. Ein lebendiges Zentrum der Gegend zwischen Maximilian- und Zweibrückenstraße hat sich zu ihren Füßen aber nie entwickelt. Wie sollte es auch, der Mariannenplatz existiert eigentlich nur auf dem Stadtplan. In Wirklichkeit besteht er aus zwei 50 bis 60 Meter kurzen, seitlich zugeparkten Stichstraßen nördlich der Kirche und südlich davon, wo es immerhin einen beliebten Kinderspielplatz gibt. Nach dem Vorbild des St.-Anna-Platzes im mittleren Lehel, des Gärtnerplatzes oder der zahlreichen Haidhauser Plätze will der Bezirksausschuss Altstadt-Lehel hier nun einen Quartiersplatz schaffen. Allerdings nicht ohne den Segen der Anwohner, die sich in den vergangenen Jahren ziemlich diskussionsfreudig gezeigt hatten, wenn es abzuwägen galt zwischen Parkplätzen und Aufenthaltsqualität.

Der neue Platz soll sowohl einen Treff- und Anziehungspunkt für die Nachbarn bieten als auch ein würdiges Umfeld für die Lukaskirche, wegen ihrer Geschichte und imposanten Architektur auch "Dom der Münchner Protestanten" genannt. Dass die verkehrsreiche Steinsdorfstraße mit ihrem Ausbau bis auf zwei Meter ans Hauptportal herangerückt ist, lässt sich nicht mehr ändern. Um- und Ausbaupotential sieht der BA dagegen in der südlichen der beiden Mariannenplatz-Achsen. Diese bildet zur Steinsdorfstraße hin eine Sackgasse und dient mit 15 Abstellflächen vor allem als Parkplatz und derzeit noch zur Erschließung einer Baustelle an der Steinsdorfstraße 10. Würde die Fahrbahn entsiegelt und auf das Niveau des Kirchenvorplatzes und des südlichen Trottoirs angehoben, entstünde eine rund 30 auf 50 Meter große Fläche, die im Bereich des Spielplatzes bereits gestaltet ist.

Fahrräder sollen nach dem Umbau mehr Raum bekommen

Der nördliche Teil des Mariannenplatzes scheidet dagegen aus lokaler Sicht für eine Verkehrsberuhigung aus, da er als Verbindung zwischen Steinsdorf- und Thierschstraße benötigt wird. Mit großzügigen Abstell- und Reparaturmöglichkeiten für Fahrräder will der BA am Mariannenplatz auch die Verkehrswende voran bringen, allerdings sollen dafür die Parkplätze nicht ersatzlos wegfallen. Vielmehr gehen die Lokalpolitiker davon aus, dass sich der Stellplatz-Saldo im Viertel ausgleichen lässt. Zum einen dürften jahrelang durch Baustellen belegte Parkplätze in der nördlichen Ländstraße und der östlichen Liebherrstraße demnächst wieder frei werden, außerdem könnten Mischparkplätze in der Umgebung zu reinen Anwohnerplätzen umgewidmet werden.

Dennoch stellte sich das Gremium nicht auf Anhieb hinter den grün-roten Antrag. Der einstimmige Beschluss kam erst zustande, nachdem die CSU-Fraktion einen Passus einbrachte, wonach der BA das Projekt "vorbehaltlich der Zustimmung der Anwohner" bei der Verwaltung anstößt. Den allerersten Schritt, nämlich die Machbarkeit festzustellen, soll trotzdem das Planungsreferat gehen. Die CSU hatte gefordert, dem gesamten Prozedere eine Bürgerrunde voranzustellen, was die BA-Mehrheit jedoch ablehnte. Schließlich, so die Begründung, könnte es ja auch passieren, dass die Bürger begeistert den Platz fordern, um sich anschließend von der Verwaltung ein "Nein" einzuhandeln.

Schon beim drohenden Verlust von sechs Stellplätzen kam Protest auf

Ein Höchstmaß an diplomatischer Vorsicht scheint den Stadtviertelvertretern rund um St. Lukas geboten, nachdem hier in der Vergangenheit bereits kleine oder auch nur zart angeregte Veränderungen starke Reaktionen hervorgerufen hatten: Vor drei Jahren, Anfang 2020, hatte ein Anwohner vorgeschlagen, den kurz hinter der Lukaskirche gelegenen Südauslauf der Adelgundenstraße für einen kleinen Platz zu verengen, was etwa sechs Stellplätze gekostet hätte. Nach deutlichem Protest und über 100 Anwohner-Unterschriften gegen das Vorhaben kam dieses nicht mehr übers Ideenstadium hinaus.

Hohe Wellen, vor allem im Bezirksausschuss selbst, schlug gut ein Jahr später die auf Grundlage eines Onlinevotums vom Verein "Green City" erprobte "Quartierswende". Nach scharfer Diskussion lehnte das Gremium den für Sommer 2021 geplanten und vielfach gewünschten "multifunktionalen Vierteltreff" nördlich der Kirche ab, auch in einer verkleinerten Variante, die für die Dauer von zwei Monaten zwei Stellplätze durch ein "Parklet" ersetzt hätte und vorsah, die Durchfahrt zur Steinsdorfstraße für einen Aktionstag zu sperren. Die Planer von Green City nahmen daraufhin einen Teil der jetzigen Initiative vorweg, indem sie ihre Aktivitäten auf den südlichen Kirchenvorplatz verlegten - wenn auch außerhalb der Straßenfläche.

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