Süddeutsche Zeitung

Lukaskirche im Lehel:"Dom der Münchner Protestanten" muss saniert werden

Die Pracht im Inneren ist in die Jahre gekommen, die geplante Sanierung wird teurer als gedacht. Nun hofft die Gemeinde auch auf Spenden der Münchner.

Von Julian Raff

Von der Isar aus gesehen prägt St. Lukas seit dem Jahr 1896 die Silhouette des Lehels. Von außen zeigt sich der "Dom der Münchner Protestanten" seit der Sanierung der Fassaden vor zehn Jahren in frischem Glanz. Im Inneren dagegen ist die Pracht in die Jahre gekommen, eine umfangreiche Renovierung sollte eigentlich schon 2021 starten und 15 Millionen Euro kosten, von denen der Bund 7,5 Millionen übernimmt, schließlich gilt der Sakralbau im Stil des Späthistorismus seit 2019 als "Baudenkmal von nationaler Bedeutung".

Doch sowohl das Projekt selbst als auch die Finanzierung aus diversen Quellen gestaltet sich zunehmend schwierig, der Zeitplan lässt sich nicht mehr einhalten und damit auch der finanzielle Rahmen nicht. Dennoch hoffen Pfarrer Helmut Gottschling und die Kirchengemeinde auf einen Baubeginn 2023 - und auf die finanzielle Unterstützung der Münchner sowie der Deutschen Stiftung Denkmalschutz (DSD).

Die Arbeiten spielen sich teils hinter den Kulissen ab, sie zielen aber auch auf die Erhaltung eines Raumeindrucks, der weniger nüchtern, man möchte fast sagen "katholischer" wirkt als in anderen protestantischen Gotteshäusern. Die evangelische Gemeinde Münchens war gegen Ende des 19. Jahrhunderts auf knapp ein Siebtel der Stadtbevölkerung angewachsen und setzte selbstbewusst eine architektonische Marke, die das katholische Establishment durchaus beeindrucken, aber nicht befremden oder provozieren sollte. Ein Programm, das sich im vorreformatorischen, außen romanischen, innen gotischen Stil niederschlägt aber auch in Details wie einer Petrusfigur zur Linken des Hauptportals und des Altars.

Der Ur-Papst als Mit-Kirchenpatron gehöre nicht zur Standardausstattung evangelischer Kirchen und sei als bewusste ökumenische Geste zu verstehen, erklärt Pfarrer Gottschling. Kein Zufall auch, dass die Gemeinde 1893 als Kirchenbaumeister Albert Schmidt verpflichtete, der kurz zuvor mit der 1938 von den Nazis zerstörten Hauptsynagoge sein Gespür für nicht-katholische Sakralarchitektur bewiesen hatte. Abgesehen von den großen Rosetten und Fenstern überstand der Bau den Krieg und wurde in den Sechzigerjahren um einen Vorraum ergänzt, der heute einen Puffer zum tosenden Verkehr auf der Steinsdorfstraße bildet.

In den letzten Jahren zeichneten sich allerdings Probleme ab, am deutlichsten sichtbar in Form von Spannungsrissen und Schmutzanhaftungen, letztere verursacht durch die Zirkulation der Warmluftheizung. Ein ernsteres Problem zeigte sich schließlich ausgerechnet zu Weihnachten 2019, als die Empore wegen zunächst ungeklärter Statikprobleme gesperrt werden musste. Bald stellte sich heraus, dass zwar keine akute Einsturz- und Steinschlaggefahr besteht, aber dringender Handlungsbedarf, um die Kuppelgewölbe zu sichern.

Die tragenden Rippen und Bögen sollen nach der Sanierung wieder deutlicher hervortreten, ganz im Sinne im Sinne Albert Schmidts, hinter dessen ursprüngliche Absichten der Sanierungs-Planer Arno Lederer so weit wie möglich zurücktreten will - seine eigene Signatur hat er kürzlich mit dem neuen Volkstheater in der Tumblingerstraße gesetzt. Die Farbgestaltung wird derzeit auf Testfeldern erprobt, ebenso wie ein Reinigungsverfahren, bei dem eine Kunststoffschicht auf die Steinoberflächen aufgespritzt und später mitsamt den Schmutzpartikeln wieder abgezogen wird.

Neuer Verschmutzung vorbeugen und den Raum effizienter wärmen soll ein neues, warmwassergestütztes Heizsystem unter den Kirchenbänken auf Fernwärmebasis. Die reich verzierten Bänke aus dunkel lasiertem Eichenholz mit ihren 1500 Sitzplätzen werden ebenfalls saniert. Sie sind ein prägendes Element der Innenausstattung und zugleich eine Hypothek, wenn es darum geht, den Kirchenraum nicht nur sakral zu bespielen, sondern auch im Rahmen eines umfangreichen Kulturprogramms. Um den Raum flexibler nutzen zu können, werden je vier Bankreihen unter den Seitenemporen entfernt und eingelagert.

So weit wie möglich soll die Kirche auch während der voraussichtlich zweijährigen Bauphase zugänglich bleiben, wenigstens zeitweise. Pfarrer Gottschling hofft auf gelegentliche "Baustellengottesdienste". Mit geschickter Zeitregie offen halten lässt sich hoffentlich auch der Kellerraum unterm Altar, wo von Oktober bis März obdachlose Frauen Zuflucht finden. Hier soll möglichst im Sommer saniert werden. Eine dezente Veränderung an der Außengestaltung bringt das Projekt dann doch mit sich. Die veralteten, nicht barrierefreien Toiletten neben dem Hauptportal werden durch neue, größere Anlagen in zwei seitlichen Satellitenbauten ersetzt, zugänglich durch die bisherigen Toiletteneingänge.

Nach bisheriger Rechnung wird die Innenraumsanierung 14 Millionen Euro kosten, wovon allein eine Million aufs Gerüst entfällt. Eine weitere Million dürfte die Sanierung der 90 Jahre alten Orgel beanspruchen. Vor allem hierfür hat die Deutsche Stiftung Denkmalschutz, die größte private Denkmalpflege-Initiative Deutschlands, Unterstützung zugesagt. Inflation und Kostenexplosion im Baugewerbe setzen freilich hinter die 15-Millionen-Prognose ein dickes Fragezeichen. Die Gemeinde wendet sich daher mit einem Spendenaufruf nicht nur an ihre Mitglieder, sondern an die gesamte Stadtgesellschaft. Informationen dazu gibt es unter www.sanktlukas.de oder www.denkmalschutz.de.

Ob sich der jetzt anvisierte Baubeginn Anfang 2023 halten lässt, bleibt in der Krise ebenfalls offen. Man sei eine aktive Gemeinde, notfalls aber auch "gut im Warten", so Pfarrer Gottschling. Nachdem schon der Baustart zum 125-jährigen Jubiläum 2021 nicht geklappt hat, bleibt immerhin noch die Hoffnung auf eine Wiedereröffnung zur Feier des 130-jährigen Bestehens im Jahr 2026.

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