Leerstand von Wohnraum:Stadt wirft Freistaat Zweckentfremdung vor

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Der Freistaat hatte vor Jahrzehnten Grundstücke für den Bau von Ein- oder Zweifamilienhäusern vergeben, nach Auslaufen der Erbpacht sind sie nun wieder in öffentlicher Hand, hier die Lechelstraße 30. (Foto: Robert Haas)

Mit Anordnungen will Sozialreferentin Schiwy erzwingen, dass knapp 30 leerstehende Häuser in Hartmannshofen schnell wieder bezogen werden. Bisher sei die Staatsregierung ihrer "Vorbildfunktion" nicht nachgekommen.

Von Sebastian Krass

Die Stadt München hat wegen 29 leerstehender Wohnhäuser in Hartmannshofen Zweckentfremdungs-Verfahren gegen den Freistaat Bayern eingeleitet. Das geht aus einer am Montag veröffentlichten Antwort von Sozialreferentin Dorothee Schiwy auf einen Antrag der Rathauskoalition hervor.

Die Fraktionen von SPD/Volt und Grüne/Rosa Liste hatten im Juni 2021 die Stadtverwaltung aufgefordert, Kontakt zum Freistaat aufzunehmen, um die Gebäude in der Siedlung rund um die Lechelstraße und die Haldenbergerstraße im Stadtbezirk Moosach "wieder einer Wohnnutzung zuzuführen". Der Leerstand in Hartmannshofen ist seit Jahren immer wieder Thema auf kommunal- wie auf landespolitischer Ebene.

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Schiwy wirft der Staatsregierung nun in dieser Sache Verschleppung vor: Man habe "den Freistaat wiederholt daran erinnert, dass dieser eine Vorbildwirkung einnimmt und die Verfahren und Planungen zügig durchzuführen sind". Allerdings sei "leider bisher keine priorisierte Bearbeitung dieser Thematik zu erkennen", schreibt Schiwy und fährt mit einer Drohung fort: "Das Sozialreferat wird deshalb nicht nachlassen, den Freistaat Bayern mit den rechtlich möglichen Instrumentarien zu motivieren, den Wohnraumbestand so schnell wie möglich wieder einer Wohnnutzung zuzuführen."

Im Mai dieses Jahres war durch eine Antwort des Bauministeriums auf eine Anfrage des SPD-Landtagsabgeordneten Florian von Brunn bekannt geworden, dass in München 32 Objekte des Freistaats leerstehen, viele davon seit drei und mehr Jahren, 29 davon allein in Hartmannshofen. Dort hatte der Freistaat vor Jahrzehnten Grundstücke für den Bau von Ein- oder Zweifamilienhäusern vergeben, nach Auslaufen der Erbpacht sind sie nun wieder in öffentlicher Hand. Die Stadtratsfraktion von FDP/Bayernpartei forderte in der vergangenen Woche per Stadtratsanfrage Aufklärung darüber, wie die Stadt gegen staatlichen Leerstand vorgeht. Einige Antworten stecken schon in Schiwys Schreiben.

Anordnungen mit Zwangsgeld richten sich sonst eher an Spekulanten

Das Sozialreferat hat demzufolge Anordnungen an den Freistaat vorbereitet, den Wohnraum wieder dem Wohnungsmarkt zuzuführen. Diese seien kostenpflichtig und könnten mit Zwangsgeldern durchgesetzt werden - solche Anordnungen richten sich sonst eher gegen Investoren und Spekulanten, die Wohnungen leer stehen lassen. Vor dem Erlass der Anordnungen könne der Freistaat sich zu der Sache äußern.

Aus dem Schreiben der Stadtverwaltung geht auch hervor, dass das Bauministerium bereits Pläne für eine Nachverdichtung des Areals vorgestellt hat. Diese seien aber vom Planungsreferat für nicht zulässig erklärt worden, da sie dem geltenden Bebauungsplan für das Areal zuwiderliefen. Aus diesem ergebe sich, heißt es aus dem Planungsreferat, dass man den erheblichen Baumbestand und die Funktion des Gebiets für das Stadtklima schützen müsse. Das wäre mit den Plänen des Freistaats nicht vereinbar gewesen, der angedachte Geschosswohnungsbau mit großen Tiefgarage wäre an dieser Stelle "brachial" gewesen und hätte "eine völlig neue Siedlung geschaffen".

Eine Sprecherin von Bauminister Christian Bernreiter (CSU) erklärt auf Anfrage, dass man sich zu den laufenden Zweckentfremdungsverfahren nicht äußern könne. Die Stellungnahmen an die Stadt würden vorbereitet. Auf die Frage, wie viele Wohnungen man in Hartmannshofen geplant habe, geht die Sprecherin nicht ein. Sie erklärt aber: Der Freistaat akzeptiere "selbstverständlich den Wunsch der Stadt München nach Erhalt des Gartenstadtcharakters, was allerdings weiteren Wohnungsbau erschwert". Man prüfe nun, welches Maß an Nachverdichtung möglich sei.

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