München:Lauter Glanzstücke

Die Absolventen der Meisterklassen im Holz-, Stein- und Goldschmiedehandwerk zeigen ihre Arbeiten

Von Jerzy Sobotta

MaxvorstadtEine ruhige Hand braucht Sina Kerner für ihre Arbeit. Auf den Zehntel eines Millimeters genau muss sie sägen, hämmern, fräsen und löten. Das erfordert nicht nur äußerste Präzision, sondern auch eine gute Portion Geduld und viel Liebe zum Detail. "Manchmal wird es sogar meditativ", erzählt die 26-jährige Goldschmiedin über ihre Arbeit. Dabei zeigt sie das Kleinod, in das sie so lang versunken war. "So etwas macht man nur einmal im Leben", sagt sie stolz. Es ist ihr Meisterstück, für das sie von der Handwerkskammer den Meisterbrief erhält.

München: Sina Kerner zeigt ihr Collier. Mehr als 4000 Euro hat sie für das Material bezahlt. Verkaufen kann sie es für ein Vielfaches.

Sina Kerner zeigt ihr Collier. Mehr als 4000 Euro hat sie für das Material bezahlt. Verkaufen kann sie es für ein Vielfaches.

(Foto: Stephan Rumpf)

Am Samstag zeigen gut 30 Absolventen der städtischen Berufsschule für das Bau- und Kunsthandwerk ihre Abschlussarbeiten. Nicht nur Kerner und ihre sechs Mitschülerinnen stellen ihre Schmuckstücke aus Gold und Silber aus. Im schattigen Innenhof der Schule stehen außerdem die Skulpturen der Steinmetze und im Gang des anliegenden Hauses die Meisterstücke der Holzbildhauer.

Genau 112 Stunden hat Kerner an ihrem Collier gearbeitet. Es ist ein Reif aus Weißgold, an dem fein ausgearbeitete Elemente befestigt sind, die sich wie ein Blätterwerk nach vorne hin verdichten. Auch die Blätter sind aus echtem Gold. Ganz vorne ist ein kleiner Diamant eingelassen, der durch einen versteckten Mechanismus ein- und ausgefahren werden kann. Auch den musste sie selbst entwickeln und in Kleinstarbeit auf der Innenseite des Colliers zusammensetzen. "Wir hatten alle unsere kleinen Krisen. Meine waren die Verschraubungen der Blätter", erzählt sie von der Arbeit.

München: "Maskenfüßler" in Holz von Florian Baumann.

"Maskenfüßler" in Holz von Florian Baumann.

(Foto: Stephan Rumpf)

In das Meisterstück sind viele der praktischen Unterrichtsfächer eingeflossen. Zunächst musste Kerner einen Entwurf gestalten, technische Zeichnungen der Einzelteile anfertigen und aus Silber ein Modell herstellen. Neben dem handwerklichen Teil umfasst die Ausbildung auch einen theoretischen: Edelsteinkunde und Kunstgeschichte, aber auch technische Mathematik, Kalkulation, Betriebswirtschaft und Arbeitspädagogik.

Auch die neuen digitalen Verfahrensweisen haben sich im Handwerk längst ihren Platz gesucht. Ob Holz, Stein oder Gold, die Modellierung von Entwurfsskizzen auf dem Computer ist bei allen Meistern ein fester Teil der Ausbildung. So können Kunststoffmodelle mit dem 3D-Drucker oder der CNC-Fräse hergestellt werden. Aber in der Prüfung geht es ja um das Handwerk. "Und das wird eine Maschine nie ersetzten können", sagt Schulleiter Robert Predasch. Auch der Computer sei nur ein weiteres Werkzeug, denn auf die Kreativität und Individualität komme es an. Überhaupt gewinne das Handwerk im Bewusstsein der Menschen wieder an Bedeutung hinzu. Zwar werden noch nicht alle Plätze in den Gesellen- und Meisterklassen belegt. "Aber die Zeiten, in denen alle an die Hochschule wollten, sind vorbei." Wer trotzdem hin will, kann das übrigens auch mit einem Meisterbrief.

Sina Kerner jedenfalls wusste mit 15 Jahren, dass sie mit den Händen arbeiten will. Schon ihr Schulpraktikum machte sie in der Goldschmiede und wollte von da an nichts anderes mehr. Eine Stelle bei einer Ulmer Goldschmiede hat sie auch schon. Dort wird sie wieder sägen, hämmern, fräsen und löten

Die Meisterstücke sind am Samstag, 21. Juli, von 10 bis 16 Uhr beim Tag der offenen Werkstatt in der Berufsschule für das Bau- und Kunsthandwerk an der Luisenstraße 9-11 zu sehen.

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