Lange Nacht der Museen in MünchenKunst und Kultur für Nachteulen

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Das Rollende Museum ist jedes Jahr ein Publikumsliebling. 41 Modelle aus den Baujahren 1928 bis 1995 rollen dieses Mal durch die Stadt, während die Fahrerinnen und Fahrer Auskunft über ihre Fahrzeuge geben.
Das Rollende Museum ist jedes Jahr ein Publikumsliebling. 41 Modelle aus den Baujahren 1928 bis 1995 rollen dieses Mal durch die Stadt, während die Fahrerinnen und Fahrer Auskunft über ihre Fahrzeuge geben. (Foto: Rollendes Museum München)

Die Lange Nacht der Museen dreht sich längst nicht nur um Museen. Auch Kirchen, Synagogen, Bibliotheken, Kunsträume und sogar der Untergrund laden zum nächtlichen Streifzug ein. Ein paar Tipps, wo es was zu entdecken gibt.

Von Constanze Baumann

Mehr als 100 Museen, Kunsträume, Bibliotheken, Gotteshäuser und andere Kulturorte in München öffnen an diesem Samstag, 18. Oktober, für die Lange Nacht der Museen. Ob für Kunstinteressierte, Technikfreaks oder Musikliebhaber, ob für Jugendliche oder Erwachsene – für jeden ist bei der Langen Nacht der Museen etwas dabei. Los geht es um 18 Uhr und bis 1 Uhr kann man sich nach Lust und Laune treiben – oder mit einem Tourbus herumkutschieren lassen. Alles zu sehen ist unmöglich, aber darum geht es auch nicht. Es geht darum, Orte in einer Form zu erleben, wie man sie sonst nicht erleben kann: mit Musik und Tanz, mit Mitmachformaten, Führungen und Vorträgen.

Die Lange Nacht der Museen soll vorrangig Lust auf mehr machen. „Wir wollen die Begeisterung für das wecken, was es in unserer Landeshauptstadt gibt“, sagt der Bayerische Staatsminister für Wissenschaft und Kunst Markus Blume. Fünf Shuttle-Linien verbinden die teilnehmenden Häuser im Zehn-Minuten-Takt. Start- und Endpunkt ist jeweils der Odeonsplatz. Ein Ticket kostet 20 Euro und ist im Vorverkauf in allen beteiligten Museen sowie am Veranstaltungsabend an den Kassen und im Kassenzelt am Odeonsplatz erhältlich.

Zeitreisen unternehmen

Der „Barberinische Faun“ in der Glyptothek ist immer wieder ein Hingucker, auch wenn der schöne schlafende Satyr schon fast 2500  Jahre alt ist.
Der „Barberinische Faun“ in der Glyptothek ist immer wieder ein Hingucker, auch wenn der schöne schlafende Satyr schon fast 2500  Jahre alt ist. (Foto: Staatliche Antikensammlungen und Glyptothek München/Wolfram Kastl)

Ein Klassiker bei der Langen Nacht ist die Glyptothek mit ihrem unwiderstehlich dahin gestreckten Faun. Hier werden wie an anderen Orten antike Skulpturen mit Führungen, Tanzperformances und Livemusik belebt.

Im Bayerischen Nationalmuseum, das in diesem Jahr sein 170-jähriges Bestehen feiert, steht in der Museumsnacht eine stille Hauptdarstellerin im Mittelpunkt: Isabella, eine Porzellanfigur aus der Manufaktur Nymphenburg. Ein wenig zurückhaltend, fast scheu, blickt sie vom Plakat der Langen Nacht. Als eine der bekanntesten Figuren der Commedia dell’arte entstammt sie jener italienischen Theatertradition, die vorwiegend im 17. und 18. Jahrhundert großen Anklang fand. Mit 15 weiteren Figuren zierte sie einst die kurfürstliche Desserttafel und bot dem höfischen Publikum Anlass für Gespräch und Deutung. Heute ist sie im Nationalmuseum hinter Glas zu bewundern. Keramikexpertin Katharina Hantschmann erläutert um 22 Uhr die Hintergründe. Auch wer sich nicht für Isabella interessiert, kommt im BNM auf seine Kosten. Die ganze Nacht über finden Führungen statt: zur ausgestorbenen Ballsportart Gioco del Pallone (19 Uhr), durch die aktuelle Ausstellung „Wissenschaft und Aufklärung“ (20 Uhr), zu Luxusmöbeln am Münchner Hof (21 Uhr) sowie zu Theater und Tanz am Münchner Hof (23 Uhr). Die musikalische Begleitung liefert das Jazztrio Gitane Akkrobat, das schon im vergangenen Jahr für gute Stimmung gesorgt hat.

In der Archäologischen Staatssammlung verbindet sich ebenfalls Musik mit Geschichte: Sebastian Fröschl, der erste Schlagzeuger der Münchner Philharmoniker, tritt mit einem zeitgenössischen Programm auf. Außerdem werden von 19.30 Uhr an im Ein-Stunden-Takt Führungen angeboten.

An der LMU gibt es in dieser Nacht gleich mehrere Höhepunkte: Die Universitätsbibliothek eröffnet in der Langen Nacht die Ausstellung „Namen, Nummern, Narrative – 550 Jahre Studierende und ihre Verwalter an der LMU“, die Einblicke in die Schicksale von Studierenden aus über fünf Jahrhunderten gewährt. Die DenkStätte Weiße Rose lädt zu Führungen durch ihre Dauerausstellung und den Lichthof ein, dem Ort, an dem die Widerstandsgruppe im Februar 1943 beim Verteilen ihrer Flugblätter entdeckt wurde (19.15, 20.45 und 21.30 Uhr). Für alle, die tiefer einsteigen möchten, bietet Historiker Erich Kasberger um 18.30 und 20 Uhr einen Vortrag im Hörsaal A014 über die Verfolgung der Weißen Rose und die Verhörmethoden der Gestapo.

Kunst erleben

„Utopia“ von „Chicks on Speed“ lockt unter anderem in die wiedereröffnete Villa Stuck.
„Utopia“ von „Chicks on Speed“ lockt unter anderem in die wiedereröffnete Villa Stuck. (Foto: Carme Ripolles Martinez)

Die Villa Stuck wurde eineinhalb Jahre lang auf den neuesten technischen Stand gebracht und mit einem barrierefreien Zugang versehen und öffnet nun wieder seine Türen. In den historischen Räumen lockt eine neue Präsentation, außerdem sind zwei neue Ausstellungen zu entdecken: „A Song of Ascents“ der britischen Künstlerin Louise Giovanelli (Führungen um 18 und 21 Uhr) und „Utopia“ mit Werken des Kunstkollektivs „Chicks on Speed“ (um 19.30 und 22.30 Uhr sind hier Führungen).

Die Pinakothek der Moderne, das Flux und das Museum Brandhorst erstrahlen in dieser Nacht alle in knalligem Pink. Sie wollen damit auf die Erkrankung an Brustkrebs aufmerksam machen. Ihr Angebot während der Langen Museen ist breit gefächert: Das Museum Brandhorst bietet die Gelegenheit, die kommende Ausstellung „Confrontations. Gegenüberstellungen aus der Sammlung“ bereits vor der offiziellen Eröffnung am 23. Oktober zu besichtigen. Im Auditorium der Pinakothek der Moderne feiert ein Film von Felix Hörhager seine Premiere, der von 19 bis 24 Uhr im Dauerloop läuft. Im Flux tritt Dressed in Sound auf (17 bis 18 Uhr und 22 bis 0 Uhr), ein Musikensemble, das Geräusche von Nähmaschinen, Spinnrädern und Strickmaschinen kunstvoll miteinander verwebt. Ebenfalls vor Ort: das Künstlerkollektiv God’s Entertainment, das sich in einer theatralen Inszenierung dem Thema gesellschaftliche Spaltung widmet (19 bis 22 Uhr). Beim Workshop „Open4Making“ können Besucherinnen und Besucher von 18 bis 22 Uhr außerdem an einer eigenen Fotografieausstellung arbeiten.

Gotteshäuser neu sehen

In der Synagoge Ohel Jakob kann man sich über jüdisches Leben informieren, aber auch ein Konzert genießen.
In der Synagoge Ohel Jakob kann man sich über jüdisches Leben informieren, aber auch ein Konzert genießen. (Foto: H. R. Schulz/Imago)

Wer dem Museumstrubel für eine Weile entkommen möchte, findet in der Frauenkirche einen ruhigen Ort. Um 21.30 Uhr erklingt hier ein Orgelkonzert, und beim nächtlichen Aufstieg auf den Südturm lässt sich das bunte Treiben aus der Ferne betrachten. Auch andere Kirchen laden zur Museumsnacht ein: In der Erlöserkirche stehen um 20 und 22 Uhr Bachkonzerte auf dem Programm, in der St.-Markus-Kirche erklingen zeitgenössische Violinkonzerte (18.30 und 19.30 Uhr) sowie Weltmusik des Duos MoonRa (20.30, 21.30 und 22.30 Uhr).

Die Synagoge Ohel Jakob wartet währenddessen mit Konzerten des Chors Schma Kaulenu auf (21 und 22.15 Uhr). Über die Architektur der Synagoge und das Gemeindeleben informieren die Historikerin Elisabeth Rees-Dessauer (20.30 Uhr) und die Leiterin des Kulturzentrums der Israelitischen Kultusgemeinde, Ellen Presser (21.45 Uhr).

Natur und Technik entdecken

Im Deutschen Jagd- und Fischereimuseum sorgen Beleuchtung und Jagdhörner für eine eindrucksvolle Stimmung.
Im Deutschen Jagd- und Fischereimuseum sorgen Beleuchtung und Jagdhörner für eine eindrucksvolle Stimmung. (Foto: Deutsches Jagd- und Fischereimuseum)

Im Deutschen Museum, das in diesem Jahr 100 Jahre alt wurde, erwartet Besucherinnen und Besucher ein regelrechtes Veranstaltungsfeuerwerk. Im Halbstundentakt stehen Führungen und Science-Shows auf dem Programm. Dazu gibt ein Ensemble des Münchner Rundfunkorchesters Konzerte in der Luftfahrt (19 und 21.15 Uhr), bei den Musikinstrumenten (19.45 und 21.45 Uhr) sowie in der Ausstellung „Brücken und Wasserbau“ (20.30 und 22.30 Uhr).

Die präparierten Tiere, Geweihe, Waffen und großformatigen Jagdtableaus des Deutschen Jagd- und Fischereimuseums entfalten in der Dunkelheit eine fast schaurige Atmosphäre. Um 22 Uhr erklingen Jagdhörner, und den ganzen Abend informieren Beamtinnen und Beamte über verbotene Waffen.

Wer zwischendurch auf Zeitreise gehen und eine Alternative zum modernen Museumsshuttle suchen möchte, kann zwischen zwei historischen Angeboten wählen: die Oldtimerbusse des Omnibus Clubs München, die im 20-Minuten-Takt zwischen MVG-Museum und Odeonsplatz verkehren, und die Oldtimer des Rollenden Museums, die das Deutsche Museum Verkehrszentrum mit dem Deutschen Museum verbinden. Das Rollende Museum ist das besucherstärkste Angebot dieser Nacht, schließlich kann man es nur einmal im Jahr während der Langen Nacht der Museen „besuchen“. Wartezeiten von 30 bis 45 Minuten sollten deshalb unbedingt eingeplant werden.

Im Max-Planck-Institut für Verhaltensbiologie ist zwar keine Zeitreise möglich, dafür aber eine Reise. Eine Reise in den kongolesischen Regenwald. Besucherinnen und Besucher können eine originale Feldstation aus dem Kongo betreten und mehr über den vom Aussterben bedrohten Bonobo erfahren. Bonobo-Expertin Barbara Fruth spricht um 20 Uhr über die Primaten, um 22 Uhr folgt Martin Wikelski, Institutsdirektor und Leiter des Icarus-Projekts zur satellitengestützten Tierbeobachtung. Für alle, die die Tiere lieber auf der Leinwand entdecken möchten, läuft um 19, 21 und 23 Uhr der Film „Das geheime Wissen der Tiere“.

Sich durch die Stadt führen lassen

Nicht nur in den Museen selbst wird Programm geboten – auch auf Münchens Straßen ist während der Langen Nacht einiges los. Zahlreiche Stadtführungen laden dazu ein, die Stadt aus ungewohnten Blickwinkeln zu entdecken, von historischen Spaziergängen bis zu ungewöhnlichen Spezialtouren. Wichtig: Für alle Rundgänge ist eine vorherige Anmeldung erforderlich.

Bei der Stadtführung „Ohne Frauen geht nix“ können Besucherinnen und Besucher auf den Spuren von Münchner Frauen wandeln, die die Geschichte der Stadt geprägt haben. Dabei wird sichtbar, welchen Einfluss Frauen auf Münchens Geschichte hatten und bis heute haben. Los geht es um 18 Uhr an der Julia-Statue am Alten Rathaus.

Auch hinab geht es in der Museumsnacht: Die Münchner Stadtentwässerung öffnet an diesem Abend ihre Kanäle für die Öffentlichkeit. Von 18 bis 21 Uhr starten alle 30 Minuten Führungen, bei denen die historischen Abwasser- und Wasserleitungen gezeigt und die technischen Besonderheiten des Systems erklärt werden. Festes Schuhwerk ist erforderlich; bei starkem Regen kann der Kanalbesuch nicht stattfinden.

Für alle, die glauben, sich ober- und unterhalb der Stadt schon bestens auszukennen, gibt es die Gscheidhaferltour, eine Führung, die selbst eingefleischte Stadtkenner überrascht. Wer geheime Ecken, kuriose Geschichten und versteckte Details der Stadt liebt, wird hier noch Neues entdecken und dabei garantiert Schmunzeln. Treffpunkt ist um 18.30 Uhr am Fischbrunnen am Marienplatz.

Die Lange Nacht der Münchner Museen, Samstag, 18. Oktober, 18 bis 1 Uhr, Infos unter www.muenchner.de/museumsnacht

Aufgrund einer fehlerhaften Angabe des Veranstalters hieß es in einem früheren Text, im Deutschen Museum trete das Bayerische Rundfunkorchester auf. Es handelt sich jedoch um ein Ensemble des Münchner Rundfunkorchesters.

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Von Bjarne Schmidt

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