München:Lange Leitung

MVG testet Elektrobus für München, 2017

Ein elektrischer Gelenkbus vom Typ "Sileo S18" wurde bereits 2017 im regulären Fahrgastbetrieb getestet.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Weil Elektrobusse leise sind und keine Schadstoffe ausstoßen, fordern die Bürger die Abkehr vom Dieselmotor. Das aber könnte dauern, denn München benötigt vor allem Gelenkbusse, für die es vorerst nur Prototypen gibt

Von Ellen Draxel

Dieselbusse sind nicht nur umwelttechnisch ein Auslaufmodell. Sie verursachen auch deutlich mehr Lärm als Elektrobusse. In der Neubausiedlung am Ackermannbogen hat dies in den vergangenen Jahren wiederholt zu Protesten geführt: Nachbarn beschwerten sich über den hohen Lärm, den die Busse vor allem in den Nachtstunden rund um den Stadtplatz erzeugen. Das Thema poppte in der jüngsten Bürgerversammlung im westlichen Schwabing vor zwei Wochen erneut auf, auch diesmal mit der Forderung, endlich Elektrofahrzeuge auf dieser Linie einzusetzen. Die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG), sagte damals Thomas Nowak, sei "an der Sache dran". Er bitte aber um "Verständnis", dass sich das Problem bei rund 400 Bussen "nicht auf einmal lösen" lasse. Insbesondere bei der Entwicklung elektrisch betriebener Gelenkbusse stecke die Technik "noch in den Kinderschuhen".

Die MVG will den Busverkehr langfristig zu hundert Prozent emissionsfrei mit Ökostrom betreiben, das hat das Unternehmen immer wieder betont. Zwei Elektrobusse des niederländischen Herstellers Ebusco sind bereits in der Landeshauptstadt im regulären Betrieb unterwegs, kommendes Jahr sollen weitere Elektrobusse bestellt werden - bis zu 40 Stück. Doch München braucht in erster Linie Gelenkbusse. Nur dann, betont MVG-Sprecher Matthias Korte, sei ein Linienbetrieb bei den vielen Fahrgästen gewährleistet.

Zum Vergleich: Etwa 250 Gelenkbusse und 60 Bus-Züge, also Busse mit Anhängern, setzt die MVG auf Münchens Straßen ein, Tendenz steigend. Solobusse hingegen gibt es nur 80, sie werden seltener benötigt. "E-Gelenkbusse aber befinden sich gerade erst auf Prototypenniveau", so Korte. Bis diese Modelle serienreif seien, dauere es noch. "Unser ehrgeiziges Ziel ist 2030 - aber ob das klappt, bleibt abzuwarten." Die MVG hat eine Innovationspartnerschaft mit MAN, dessen erste Busse sollen in München getestet werden.

Außerdem ist man im Gespräch mit der Garchinger Firma In-Tech. Der Elektronik- und Softwarespezialist hat gemeinsam mit dem Unternehmen ZF Aftermarket ein System entwickelt, Diesel- auf Elektrobusse umzurüsten. Damit soll es möglich sein, das Leben der Dieselfahrzeuge zu verlängern, bis die deutschen Bushersteller soweit sind, dass sie vollelektrische Busse in Serie und in großen Stückzahlen liefern können. Das Projekt, "e-troFit" genannt, wurde erst vor Kurzem mit dem Deutschen Mobilitätspreis ausgezeichnet. "Wir sind bislang der einzige Anbieter, der ein Umrüstkit in Serie entwickelt", sagt In-Tech-Sprecherin Christine Oertel. Das Pilotfahrzeug, ein 15 Jahre alter, umgerüsteter Citaro-Bus von Mercedes, wird gerade in Landshut getestet.

"Wir haben Interesse an solchen Techniken, natürlich", meint Korte. "Unsere Fachleute sind aber noch nicht überzeugt davon, dass das alles so technisch problemlos und kostengünstig funktioniert." Der Einbau von Batterien in die Dieseltechnik sei schließlich eine "massive Operation". Dazu komme der finanzielle Aspekt: In-Tech veranschlagt für die Umrüstung durchschnittlich 300 000 Euro, in etwa die Anschaffungskosten für einen neuen Dieselbus. "Dann bleibt es aber immer noch ein alter Bus", gibt der MVG-Sprecher zu bedenken.

Oertel hingegen meint, im Zuge des Umbaus könnten "ohne Probleme auch Modernisierungsmaßnahmen am Innenraum oder an der Karosserie des Altfahrzeugs durchgeführt werden", etwa bei Korrosionsschäden. Neue Elektrobusse zu erwerben sei kostspieliger: E-Busse seien etwa doppelt so teuer wie umgerüstete Dieselfahrzeuge. Bisher hat sich In-Tech lediglich um Solobusse gekümmert. Laut der Sprecherin plant das Unternehmen aber bereits die Umrüstung eines Gelenkbusses. "Die Umbauzeit ist nicht wesentlich länger als beim Solobus", sie dauere lediglich einige Wochen nach einer zwei- bis dreimonatigen Analysephase des Liniennetzes, die für die Berechnung der Batteriekapazität wichtig sei. Kommendes Jahr bereits soll dieses zweite Projekt starten. Wo, will Oertel noch nicht verraten.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: