Die Luft in München ist sauberer geworden. Das ist die gute Nachricht. Schon seit 2012 werden die Grenzwerte für Feinstaub stadtweit eingehalten. Die schlechte lautet: Das reicht noch nicht. Denn an vier besonders verkehrsreichen Stellen in der Stadt ist im vergangenen Jahr die Belastung durch Stickstoffdioxid (NO₂) über dem maximalen Jahresdurchschnittswert geblieben. Der wurde von der Europäischen Union bestimmt und liegt bei 40 Mikrogramm NO₂ pro Kubikmeter Luft. Und wieder war die Landshuter Allee - sogar deutschlandweit - der traurige Spitzenreiter mit einem Wert von 54 Mikrogramm im Jahresmittel.
Hier könnten künftig Luftfilter am Straßenrand den Anwohnern Erleichterung verschaffen. Ein Versuch mit zunächst sieben, dann neun Filtern startet bereits im November und soll zwei Jahre dauern. Es ist ein Projekt des bayerischen Umweltministeriums und des Münchner Umweltreferats, die wissenschaftliche Begleitung übernehmen vier bayerische Universitäten unter der Federführung der Uni Bayreuth. Ziel ist es, wissenschaftlich abgesicherte Informationen zum genauen Wirkungsgrad von Filtersystemen zu erlangen, um diese künftig in Luftreinhaltepläne integrieren zu können.

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Aufgestellt werden die Luftfiltersäulen samt Messstationen an der Westseite der Landshuter Allee zwischen der Blutenburg- und der Wilderich-Lang-Straße. Die Verwaltung betont dabei ausdrücklich, dass die Maßnahme keine langfristige Lösung sein soll. Denn das Ziel sei es nach wie vor, die Abgasbelastung zu verringern, indem der motorisierte Individualverkehr reduziert wird, beispielsweise mit einem Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs.
Trotzdem erhofft sich die Stadt einen ähnlichen Effekt wie in Stuttgart. Dort sind am Verkehrs-Hotspot "Am Neckartor" seit 2018 Filter im Einsatz. Eine Auswertung zeigte nach zwei Jahren, dass die Anlagen die Feinstaubwerte im Mittel um knapp sieben Prozent reduzieren und die Belastung mit NO₂ um neun Prozent senken konnten.
Für CSU-Stadtrat Sebastian Schall sind die Filtersäulen nur die "zweitbeste Lösung", wie er am Mittwoch im Stadtrat erklärte. Die CSU hat sich bekanntlich lange für die Verlängerung des Landshuter-Allee-Tunnels eingesetzt, was an der grün-roten Stadtregierung scheiterte. Die hatte sämtliche Tunnelpläne in ihrem Koalitionspapier begraben. Stattdessen sollen nun unter anderem Lärmschutzwände an der Borstei die Anwohner des Mittleren Rings entlasten. Zudem könnte eine Einhausung mit einem begehbaren, grünen Dach die Wohnviertel auf beiden Seiten des Mittleren Rings städtebaulich miteinander verbinden.
Dank Corona sind die Emissionen im vergangenen Jahr gesunken - nur reicht das nicht
Doch auch für Grün-Rot sind die Abgasfilter nur eine vorübergehende Lösung, wie Julia Schmitt-Thiel (SPD) und Florian Roth (Grüne) erklärten. Die beste Lösung, so Roth, sei eine schnelle Verkehrswende mit emissionsfreien Fahrzeugen und mehr ÖPNV. Zu den Tunnel-Träumen der CSU sagte Roth, der Tunnel würde die Emissionen nur verlagern.
Diese sind in den vergangenen Jahren in ganz München gesunken, auch an der Landshuter Allee. Dort lag der Jahresmittelwert 2015 noch bei 84 Mikrogramm NO₂. Dass im Jahr 2020 mit 54 Mikrogramm ein immerhin vergleichsweise niedriger Wert erreicht wurde, liegt auch an der Corona-Pandemie. Während der Lockdowns im Frühjahr und im Herbst ging der motorisierte Verkehr zeitweise um 50 Prozent zurück, weshalb das Messergebnis nur bedingt Anlass zur Freude gab.
Außer in München gab es nach Angaben des Umweltbundesamtes im Jahr 2020 nur noch in fünf weiteren deutschen Städten Überschreitungen des NO₂-Grenzwerts: In Ludwigsburg, Limburg an der Lahn, Stuttgart, Darmstadt und Hamburg. Ob sich München mit den neuen Filtersäulen von Platz eins wegsaugen kann, soll sich bis zum Oktober 2023 zeigen.