Sturmgewehre, Pumpguns, eine Kalaschnikow, zwei Dutzend Pistolen, eine Handgranate - mit dieser stattlichen Liste in der Anklage hatte im Februar am Landgericht München ein Waffenhändler-Prozess begonnen. Waffen, die an Kundinnen und Kunden offenbar vornehmlich in der rechtsextremen Szene verkauft wurden oder es zumindest werden sollten. Die drei Angeklagten hatten dazu unter anderem Kriegswaffen aus Kroatien ins Land geschmuggelt, über Wohnungen und eine Autowerkstatt im Raum München wurden sie weiterverkauft, teils erfolgte die Übergabe auch an Treffpunkten im Umland oder in Oberbayern. Nun hat das Gericht gegen Alexander R. und Martin M., beide 49 Jahre alt, wegen illegalen Waffenhandels und Verstößen gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz Freiheitsstrafen verhängt: vier Jahre und drei Monate für R., zwei Jahre, neun Monate für M; der dritte Angeklagte galt dem Gericht nur als Nebenfigur, er erhielt eine Bewährungsstrafe.
Das Urteil war eigentlich an diesem Freitag angesetzt, doch es wurde überraschend und unbemerkt von der breiten Öffentlichkeit bereits am Mittwochabend gesprochen. Es ist noch nicht rechtskräftig. Der Prozess ist Teil von umfangreichen Ermittlungen der für die Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus zuständigen Zentralstelle (ZET) bei der Generalstaatsanwaltschaft München. In dem Komplex laufen noch Prozesse gegen mutmaßliche Rechtsextremisten, die dem Umfeld von Pegida, "Reichsbürgern" oder Neonazi-Gruppen angehört haben sollen. Spuren führen auch zur AfD.

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Die Kammer sah es als erwiesen an, dass der Angeklagte Martin M. im Auftrag von Alexander R. in den Jahren 2015 bis 2018 in Kroatien Schusswaffen besorgte, darunter etwa auch eine Uzi-Maschinenpistole, und diese nach Deutschland schmuggelte. Dort wurden die Waffen zum Teil veräußert. Bei der Strafzumessung berücksichtigte die Kammer, dass die beiden die Einfuhr von Waffen "in zentraler Funktion organisierten".
Der Verurteilte war Mitglied im AfD-Kreisverband München-Land
Zu Lasten des ehemaligen Zollbeamten Alexander R. wertete das Gericht, dass er bei der Tatbegehung unter offener Bewährung stand. Strafschärfend wirkte sich bei Martin M. der Umstand aus, dass er in Serbien und Kroatien einschlägig vorbestraft ist. Strafmildernd kam ihm aber ein Geständnis zugute. Viele der gehandelten Waffen sind heute nicht mehr auffindbar. Das Urteil blieb knapp unter dem Plädoyer der Staatsanwaltschaft, die Verteidiger hatten für Alexander R. Freispruch gefordert, für den geständigen M. eine Bewährungsstrafe.
Die beiden Männer waren laut Strafkammer zumindest im fraglichen Zeitraum Anhänger der rechtsextremen Szene. Jedoch habe es keinen Anhaltspunkt dafür gegeben, dass mit den Waffen tatsächlich rechtsextremistische Taten verübt werden sollten. Es sei alles "glimpflich ausgegangen", zitierten Prozessbeobachter aus der Urteilsverkündung. Indizien, wonach eine der Pistolen bei einem Mord in Norddeutschland zum Einsatz gekommen sein könnte, wurden demnach letztlich nicht aufgegriffen.
Schon während der Ermittlungen zum Waffendeal hatte es Medienberichte über Bezüge zum mutmaßlichen Aufbau einer deutschlandweiten "Patriotischen Alternative" gegeben. Öffentliches Interesse erregten die Verknüpfungen zur AfD. Alexander R. war bis 2020 Mitglied im AfD-Kreisverband München-Land. Vergangenes Jahr hatte der damalige Landesvorstand argumentiert, R. sei "nie rechtmäßig" Mitglied gewesen - da er bei der Aufnahme seine NPD-Vergangenheit satzungswidrig verschwiegen habe.
Die Abnehmerin einer Pistole war langjährige Mitarbeiterin eines Münchner AfD-Bundestagsabgeordneten. Im Zuge weiterer Prozesse in dem Komplex soll sie sich noch vor Gericht verantworten müssen. Ebenfalls ein 2021 gewähltes Vorstandsmitglied der Jugendorganisation Junge Alternative (JA) Bayern; er taucht in der JA-Führungsriege im Netz inzwischen nicht mehr auf.