Urteil im Revisions-Prozess:"Porsche-Mord": Drei Schüsse in den Kopf waren Totschlag, kein Mord

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Im sogenannten "Porsche-Mord" wird der Angeklagte nach erfolgreicher Revision der Verteidigung zu achteinhalb Jahren Haft verurteilt. Die Richterin macht deutlich, dass sie mit der verhängten Strafe nicht zufrieden ist.

Von Andreas Salch und Susi Wimmer

Es war eine schockierende Tat: In den frühen Abendstunden des 17. März 2020 wird ein Drogendealer in Milbertshofen-Am Hart in seinem Porsche von einem seiner Kunden mit drei Pistolenschüssen in den Kopf aus kürzester Entfernung getötet. Bei dem Täter handelte es sich um David H. Ein Schwurgericht am Landgericht München I verurteilte den inzwischen 25-Jährigen im vergangenen Juni wegen Mordes aus Heimtücke zu lebenslanger Haft. Das Opfer sei arg- und wehrlos gewesen, so das Gericht. Und weiter: Die Schüsse seien "einer Hinrichtung gleichgekommen".

Doch der Schuldspruch im sogenannten Porsche-Mord hatte keinen Bestand. H.s Verteidigung legte Revision ein - und hatte Erfolg. Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied im November 2021, dass H. sich mit der Tat nicht eines Mordes, sondern vielmehr eines " Totschlags schuldig" gemacht habe. Der Dealer habe mit einem "Gegenangriff" von H. rechnen müssen, so die Karlsruher Richter. Denn vor der Tat hatte das Opfer dem 25-Jährigen gedroht und ihn auch geschlagen.

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Aufgrund der BGH-Entscheidung wurde der Fall an ein anderes Schwurgericht am Landgericht München I zurückverwiesen und jetzt in Teilen neu verhandelt. Am Freitag verurteilten die Richterinnen der 1. Strafkammer David H. nunmehr wegen Totschlags zu achteinhalb Jahren Haft. Außerdem ordneten sie die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt an. Vor Antritt der Maßregel muss H. zwei Jahre und drei Monate seiner Haftstrafe verbüßen.

David H. und das spätere Opfer hatten sich im Jahr 2019 kennengelernt. Der Dealer verkaufte Kokain, H. wurde sein Stammkunde. Doch David H. soll aufgrund seiner Drogensucht in finanzielle Schieflage geraten sein und Schulden bei seinem Dealer gehabt haben. Die hatten sich kurz vor der Tat summiert. Der Dealer soll von H. utopische Strafzinsen gefordert haben.

H. hatte hohe Schulden bei seinem Dealer

Im März 2020 soll H. aufgrund der massiven Forderungen in Panik verfallen sein. Er lotste den Dealer zur Wohnung seiner Mutter unter dem Vorwand, diese habe einen Kredit aufgenommen und er könne nun seine Schulden bezahlen. David H. bewaffnete sich mit einer Pistole eines Verwandten und ging zum Porsche des Dealers, der vor der Versöhnungskirche in der Hugo-Wolf-Straße in seinem Wagen wartete. H. stieg rechts hinten ein.

Er habe dem anderen nur Angst einjagen wollen, hatte der 25-Jährige im ersten Prozess im Juni vergangenen Jahres beteuert. Sein Dealer habe ihn ausgelacht und gefragt, was er mit dem Spielzeug wolle. Als der Dealer die Hand in seine Richtung hob, habe er die Augen geschlossen und dreimal abgedrückt. Danach stieg H. aus und ging.

Richterin Elisabeth Ehrl fand bei der Urteilsbegründung am Freitag deutliche Worte für den Beschluss des BGH. Ihre Kammer habe nurmehr eine schuldangemessene Strafe finden sollen "in einem engen vorgegebenen Rahmen". Für eigene Feststellungen sei kein Platz gewesen. Ihre Kammer sei in nahezu allen Punkten an die Feststellungen gebunden gewesen, die die Richter im ersten Verfahren getroffen haben. Die jetzt verhängte Strafe, so die Vorsitzende, sei dem "Korsett geschuldet, in das der BGH uns gezwängt hat". Wenn die Tat komplett neu verhandelt worden wäre, sagte Richterin Ehrl an H. gewandt, "vermag ich nicht zu sagen, wie es ausgegangen wäre".

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