Süddeutsche Zeitung

Kreisverwaltungsreferat:Fortschritte auf dem Weg zur digitalen Behörde

Das KVR will 15 neue Online-Angebote einführen. Dazu kommen mit dem Einsatz von künstlicher Intelligenz und der Wohnsitzanmeldung von zu Hause aus zwei Pilotprojekte.

Von Heiner Effern

Frau Pepper, zu der man wahrscheinlich "die Roboter" sagen müsste, schaut, nickt und breitet im obersten Stock des Kreisverwaltungsreferats (KVR) ihre Arme aus. So begrüßt die gut einen Meter große weiße Kunstfigur die Hausherrin Hanna Sammüller-Gradl, die IT-Referentin Laura Dornheim (beide Grüne) und Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD). Möglicherweise fallen ihre schwunghaften Gesten mit den Armen auch deshalb so freundlich aus, weil die drei ankündigen, Peppers digitale Welt in der Stadt deutlich schneller voranbringen zu wollen. Mehr als 15 neue Online-Angebote des KVR soll es 2023 geben, vor allem bei Anliegen rund um die Aufenthaltserlaubnis, den Führerschein und das Waffenwesen.

Dazu kommen zwei Pilotprojekte: Zum einen soll dieses Jahr die Wohnsitzanmeldung vom Computer zu Hause aus möglich werden, zum anderen will die Stadt erstmals einen Chatbot einsetzen. Hierbei wird künstliche Intelligenz genutzt, um Fragen der Münchnerinnen und Münchner rein digital beantworten zu können.

Versuchen will die Stadt diese neue Form der Kommunikation bei Basisfragen zur Landtagswahl, etwa nach dem konkreten Abstimmungstermin. Hunderte Anrufe, wenn nicht noch mehr, kämen dazu vor jeder Wahl, sagte Oberbürgermeister Reiter. Von diesen Fragen sollten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter künftig entlastet werden.

Auch wenn nach dem ersten Versuch mit einem Chatbot diese Form der Interaktion ausgebaut werden soll, war den beiden Referentinnen eine andere Botschaft wichtiger: Hier haben sich zwei gefunden, die München digital viel schneller voranbringen wollen, als es bisher der Fall war. "Wir schalten den Turbo an", versprach die städtische IT-Chefin Dornheim. In ihrem Haus arbeitet ein Team mit 70 Leuten ausschließlich daran, den Bürgerservice im Kreisverwaltungsreferat zu verbessern. Über 102 Online-Angebote verfüge ihre Behörde schon, sagte Sammüller-Gradl. Wie groß das Interesse an weiteren sei, zeigt der neue Service für das Gewerbe. Mehr als 1000 An-, Ab- und Ummeldungen habe es bereits gegeben, seit diese Online-Möglichkeit im Dezember 2022 gestartet sei. "Das sind ganz erstaunliche Zahlen."

Viele kennen die Online-Angebote gar nicht

Doch nicht jedes digitale Angebot des KVR kommt so gut an, auch deshalb fiel der Auftritt im Kreisverwaltungsreferat so groß aus. Sammüller-Gradl ließ Besucher in ihrem Haus fragen, warum sie ihr Anliegen nicht am Computer erledigten. "Die meisten haben gar nicht gewusst, dass es diesen Service online gibt." Es gelte nun, die Services bekannt zu machen. Dazu kam der Wunsch, dass das digitale Angebot verständlicher aufbereitet werden müsse. Oberbürgermeister Reiter stellte den beiden Referentinnen einen Freibrief aus, auf dem Weg zu einer besseren Digitalisierung auch mal einen Fehler machen zu dürfen. "Versuche starten auch digital, nicht nur bei Pop-Up-Radwegen. Innovative Ideen", das wünschte er sich.

Reiter stellte klar, dass der Bürgerservice auch in Zukunft digital wie persönlich in der Behörde funktionieren werde und müsse. Doch die Vorteile des digitalen Angebots könnten künftig noch besser genutzt werden. Dafür müsse auch die Qualität im Online-Bereich noch steigen. Oft werde in der Stadt noch "digital 1.0" gearbeitet, sagte er. Das heißt zum Beispiel: Bürger können zu Hause ein Formular herunterladen, müssen es dann aber doch persönlich in die Behörde bringen. Oder die Bürger schickten ihr Dokument zwar online, doch die Mitarbeitenden im Amt müssten es dann ausdrucken, um es weiter bearbeiten zu können, sagte IT-Referentin Dornheim. "Das ist nicht das, was wir uns unter digital arbeiten vorstellen." Die gemeinsame Vision sei die durchgehende Digitalisierung von einem zum anderen Ende.

Vorgaben von Bund und Land bremsen den weiteren Ausbau

Ein paar weitere Visionen hätten Sammüller-Gradl und Dornheim auch noch, zum Beispiel viel mehr digitalen Service im Passwesen. Oder einen Kirchenaustritt im Online-Verfahren. Doch in vielen Bereichen verhinderten die rechtlichen Vorgaben von Bund und Land den Ausbau eines besseren Services. "Einigermaßen ärgerlich" nannte das auch OB Reiter. Bund und Land wollten zwar mehr ermöglichen und ihre Digitalstrategien harmonisieren, "aber bis das durchtröpfelt, das zieht sich". Mancher Gang zum Kreisverwaltungsreferat wird also noch länger nötig sein, dort wird man aber auch weiterhin nicht auf viele kleine Roboter-Peppers stoßen, sondern auf richtige Mitarbeiter. Pepper gibt es bis jetzt nur einmal, sie war nur zu Model-Zwecken in der Behörde. Im Alltag erklärt sie derzeit lieber Kindern im Bildungsreferat, wie eine Medienbox funktioniert.

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