Das Münchner Kreisverwaltungsreferat (KVR) wird zum zweiten Mal innerhalb kurzer Zeit von einem Korruptionsfall erschüttert. Nach der Razzia in der Ausländerbehörde im Frühjahr und der Anklageerhebung gegen drei Personen im August hat die Staatsanwaltschaft nach monatelangen Ermittlungen am Donnerstag die Wohnungen von vier weiteren Verdächtigten – zwei weiblich, zwei männlich – durchsucht. Gegen drei von ihnen wurden Haftbefehle erlassen, von denen wiederum einer außer Vollzug gesetzt wurde.
Eine der Frauen war beim KVR angestellt. Sie wird verdächtigt, von November 2024 bis März 2025 gegen Geldzahlungen rechtswidrig Aufenthaltsgenehmigungen und sogenannte Fiktionsbescheinigungen ausgestellt zu haben. Fiktionsbescheinigungen erhalten Ausländer zum Beispiel, wenn ihre Aufenthaltsgenehmigung abgelaufen und die neue noch nicht fertig ist.
Pro ausgestelltem Dokument soll die Angestellte 900 bis 2500 Euro bekommen haben. Die weiteren Verdächtigen sollen ihr in erster Linie vietnamesische Antragsteller vermittelt haben, Geld kassiert und an die KVR-Mitarbeiterin weitergeleitet haben. Den Beschuldigten wird gewerbs- und bandenmäßiges Einschleusen von Ausländern in einer Vielzahl von Fällen zur Last gelegt, der KVR-Angestellten außerdem Bestechlichkeit und gewerbs- und bandenmäßige Urkundenfälschung.
Bei der Durchsuchungsaktion am Donnerstag wurden Unterlagen und elektronische Geräte sichergestellt, die nun ausgewertet werden. In einer der Wohnungen wurde zudem Bargeld in Höhe von 100 000 Euro gefunden. Sollte sich herausstellen, dass das Geld aus Bestechungen stammt, wäre der Fall deutlich größer als der vorangegangene – damals hatte der Vermittler von seinen Klienten 2000 Euro verlangt, davon aber nur jeweils rund 200 an zwei KVR-Beschäftigte weitergeleitet. Diese Fälle sollen sich von 2022 bis zu einer Durchsuchung in der Ausländerbehörde im März 2025 ereignet haben.
Beide Fälle kamen ans Licht, weil intern Unregelmäßigkeiten aufgefallen waren. Diese seien sofort der städtischen Antikorruptionsstelle gemeldet, gemeinsam untersucht und an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet worden, heißt es in einer Mitteilung des KVR. „Der erneute Ermittlungserfolg zeigt, dass die Kontrollmechanismen innerhalb des KVR funktionieren und die umfangreichen Maßnahmen, die wir ergriffen haben, ihren Zweck erfüllen“, sagt Referentin Hanna Sammüller.
Sie verweist darauf, seit ihrem Amtsantritt den Kampf gegen Korruption zu einem Schwerpunkt ihrer Arbeit gemacht zu haben. Die Innenrevision sei gestärkt, personell aufgestockt und mit größeren Eingriffsrechten ausgestattet worden. Dazu habe es Schulungen für die Mitarbeiter gegeben. „Das KVR verfolgt eine Zero-Tolerance-Politik in Bezug auf Korruption und bringt auch in Zukunft jeden Verdacht zur Anzeige“, so Sammüller.

