Altstadt:Sensen, Gullys, Kochgeschirr

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Blick zurück und nach vorne: Kustermann wird 222 Jahre alt. Statt auf Online-Handel setzt das Unternehmen auf Events

Von Ingrid Fuchs

Nach einem halben Jahr Corona-Ausnahmezustand ist den meisten Geschäftsleuten jegliche Feierlaune vergangen. Den Kustermanns nicht. Das Traditionshaus am Viktualienmarkt freut sich in diesen Tagen über sein 222-jähriges Bestehen . Tatsächlich klingen Caspar-Friedrich Brauckmann und Susanne Linn-Kustermann trotz der durch die Pandemie bedingten Umsatzeinbußen der vergangenen Monate nicht verzagt, sie führen das Unternehmen in der siebten Generation und empfangen in ihrem Stammhaus am Viktualienmarkt. Die einfachste Beruhigung liefert wohl ein Blick auf die eigene Familiengeschichte. Wer zwei Weltkriege überstanden hat, lässt sich nicht so leicht unterkriegen.

Angefangen hat Kustermann 1798 als Fachgeschäft für Eisenwaren: Sensen, Schaufeln und Nägel zählten zu den ersten Waren. 60Jahre später kam eine eigene Eisengießerei und eine Stahlbauabteilung dazu. Ein großer Teil der Münchner Gullydeckel stamme aus diesen Produktionsstätten, heißt es, nach 1945 sei die Familie auch am Bau einiger Brücken und dem Hauptbahnhof beteiligt gewesen. Erst in den Siebzigerjahren sei die Angebotspallette erweitert worden, etwa um hochwertiges Porzellan. Anfangs hätten einige noch von der Nachttopfabteilung gesprochen, doch schnell bewiesen die Kustermanns, dass sich feines Geschirr sehr gut mit scharfen Messern oder Elektronik verträgt.

Weil sich in der Corona-Zeit viele Menschen aufs eigene Heim und dessen Ausstattung fokussieren, dürfte es Kustermann nicht so hart getroffen haben wie andere. Geklagt wird auch nicht. Aber man sei weit von der früheren Auslastung entfernt. Auf Online-Handel setzen Brauckmann und Linn-Kustermann dennoch nicht. Zwar gibt es inzwischen einen Webshop, doch sei es unmöglich, die etwa 80 000 Artikel, die es auf den mehr als 25 000 Quadratmetern Fläche am Viktualienmarkt gibt, für den Online-Versand bereitzuhalten. Ihre Strategie richtet sich deshalb auf den direkten Kontakt mit Kundinnen und Kunden - bei der Beratung im Laden, aber auch bei verschiedenen Events, die in den historischen Räumen in den oberen Stockwerken des Hauses abgehalten werden. Dafür soll es eine Kooperation mit Dallmayr Catering geben, wie der Feinkosthändler bereits vergangene Woche mitteilte. Die Idee: Menschen sollen sich bei Veranstaltungen zu einem bestimmten Thema in ungezwungenem Rahmen bei gutem Essen treffen, sich austauschen, inspirieren lassen - und am Ende bei Kustermann gleich für die neuen Vorhaben einkaufen können.

© SZ vom 26.08.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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