Kunstprojekt zum Thema Migration:Das Sterben muss aufhören

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Gegen das Vergessen: die Rauminstallation "Das Floß der Mesuda". (Foto: Neue Klangkunst)

Ein multimediales Kunstprojekt im Pavillon 333 neben der Münchner Pinakothek der Moderne erinnert an die Menschen, die bei der Flucht übers Mittelmeer ums Leben kamen.

Von Jürgen Moises

In den vergangenen zehn Jahren sind laut Schätzungen der International Organization for Migration etwa 30000 Geflüchtete im Mittelmeer ertrunken. Eine unfassbar hohe Zahl, und genau das ist laut Stefan Winter auch ein zentrales Problem. „Zahlen von Tausenden von Toten verhallen und zeigen keine Wirkung, wenn es keine menschliche Komponente gibt“, sagt der Münchner Musiker und Künstler, den man hier vor allem als Leiter des feinen, multidisziplinären Musik-Labels Winter & Winter kennt. Winter gründete das Label 1995 zusammen mit Mariko Takahashi, und gemeinsam machen die beiden auch seit Jahren Kunst. Ihre aktuellste Arbeit „Das Floß der Medusa“, eine Mischung aus multimedialer Rauminstallation und Performance, ist vom 17. Oktober an im Pavillon 333 neben der Pinakothek der Moderne zu sehen.

Das Thema der Arbeit: das Sterben im Mittelmeer. Eine sich tagtäglich fortsetzende Tragödie, die aufhören muss, wie es Stefan Winter, Mariko Takahashi und die ebenfalls am Projekt beteiligte Textilkünstlerin Karen Modrei in einem Begleittext formulieren. Konkreter Bezugspunkt ist dabei ein Schiffbruch vor Lampedusa am 3. Oktober 2013 sowie ein Interview mit einer Fischerin, die an diesem Tag trotz eines Verbots Ertrinkende gerettet hat. Dieser reale Vorfall wird mit einer filmischen und klanglichen Adaption des gleichnamigen Gemäldes von Théodore Géricault verwoben. Außerdem wird Karen Modrei 90 Stunden lang an den 15 Ausstellungstagen an einem Gewebe stricken. Und wechselnde Sprecher werden die Namen und Daten von Menschen rezitieren, die auf der Flucht ums Leben kamen.

Die Filmaufnahmen sind, erzählt Winter, in Lampedusa und Afrika entstanden. Und er sagt: „Unsere Arbeit weckt bewusst Empathie, erzählt von Einzelschicksalen, erinnert, dass hinter jeder Zahl ein Mensch steht.“ Um das Ganze zu vertiefen, wird bei der Eröffnung am 17. Oktober um 19 Uhr die Direktorin des NS-Doku-Zentrums Mirjam Zadoff mit der Mitherausgeberin des Buches „Todesursache: Flucht. Eine unvollständige Liste“ Kristina Milz sprechen. Einen Tag später wird Ellen Trapp um 17.45 Uhr ihre Doku „Tod vor Lampedusa“ vorstellen und mit der Journalistin Natalie Amiri und dem Schriftsteller Gerd Heidenreich diskutieren. Bei einer weiteren Veranstaltung am 23. Oktober um 19 Uhr im Habibi Kiosk der Kammerspiele ist der Aktivist und ehemalige Bootsflüchtling Tareke Brhane zu Gast.

Das Floß der Medusa, Rauminstallation und Performance, Do., 17. Oktober, 19 Uhr (Eröffnung) bis 3. November, Di. bis So., 15–20 Uhr, Pavillon 333 neben der Pinakothek der Moderne, Türkenstr. 15, www.winterandwinter.com

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