Es ist Krieg in der Ukraine. Und so kommt es, dass in München zwei Kinder auf dem Denkmal-Sockel von König Max I. Joseph stehen, mit Plakate in den Händen, auf denen Panzer und Raketenabwehrsysteme für die Ukraine gefordert werden. Vor ihnen findet eine Kundgebung statt, Ukrainerinnen und Ukrainer demonstrieren gegen Putins Angriffskrieg und für die Unterstützung ihres Heimatlandes. Ein paar Hundert Menschen sind gekommen, sie rufen "Danke Deutschland für die Hilfe!" und "Schwere Waffen für die Ukraine!". Valentyna De Maar hat die Demo organisiert, sie lebt seit gut 20 Jahren in Deutschland.
Nach einer Stunde betritt Christian Springer die improvisierte Bühne. Der Kabarettist setzt sich schon lange für die Menschenrechte ein, organisiert Hilfstransporte nach Syrien, plädiert nun für Waffenlieferungen an die Ukraine. Und jetzt verlost er eine ukrainische Flagge, eine mit Widmung: "Unseren Brüdern nach Deutschland. Ukraine und Deutschland sind zusammen!" Die Worte hat Walerij Saluschnyj geschrieben. Der ukrainische Oberbefehlshaber ist wegen der militärischen Erfolge so etwas wie ein Nationalheld. Der von ihm signierte blau-gelbe Stoff ist der Star am Samstagnachmittag. Ein Los kostet 100 Euro, 60 Lose sind verkauft. Der Erlös soll in Aufklärungsdrohnen investiert werden.
Was soll diese Aktion? Erinnert das nicht an Heldenverehrung? Noch ehe er das Siegerlos zieht, erklärt der Kabarettist im Gespräch mit der SZ, warum er mitmacht. Er werde von der ukrainischen Community angefragt, weil er vor Kurzem ein Buch geschrieben hat, "Ich und der Russe", ein Appell pro Ukraine. Dass die Flagge offenbar fast wie eine "Reliquie" betrachtet werde, widerspreche seinem eigenen Denken. Aber das Handeln vieler Ukrainer sei Ausdruck ihrer Verzweiflung.
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"Ja, so beschissen ist unsere Welt gerade."
Und was ist mit den Drohnen, die aus dem Erlös der Aktion für die ukrainische Armee angeschafft werden sollen? Er, der Wehrdienstverweigerer, sei jetzt nun mal für Waffenlieferungen, sagt Springer, und dann könne er sich nicht vor einer solchen Losaktion drücken. Die Drohnen aus München würden zwar nicht selbst schießen, aber Informationen für gezielte Schläge liefern und damit das Töten befördern, das sei ihm bewusst, sagt Springer. "Ja, so beschissen ist unsere Welt gerade. Wir müssen Dinge unterstützen, die sind nicht schön."
Unterm Denkmal vor der Oper steht Egor Jaroschynsky, der seit 16 Jahren in Deutschland lebt. Er hat die Flagge mitgebracht, ein Paketbote habe sie ihm geliefert, das sei eine große Überraschung gewesen. Als vor einiger Zeit der Oberbefehlshaber jene Einheit besucht habe, die von den Ukrainern in München seit längerem unterstützt werde, seien die Soldaten dort auf die Idee mit der Flagge gekommen. Als Dank nach Deutschland. 6000 Euro habe die Losaktion eingebracht. Davon, sagt Jaroschynsky, hätten sie bereits zwei Fluggeräte gekauft, 2500 Euro das Stück. Es seien herkömmliche Kameradrohnen, wie sie jeder im Internet bestellen könne, nur eben gute Qualität. Sie schicken die Geräte direkt an die Einheiten. Christian Springer langt in den Hut mit den Losen, zieht ein Zettelchen, darauf ein Name. Egor Jaroschynsky. Welch Zufall. "Die Flagge wollte zu dir", sagt Valentyna De Maar zu ihrem Mitstreiter.