Kultur-Festival:Vielfalt im Viertel

Kultur-Festival: Das "Trio Gemma" spielt in der Mohr-Villa mit Geige, Violoncello und Klavier Klassisches mit Einflüssen aus der Volksmusik.

Das "Trio Gemma" spielt in der Mohr-Villa mit Geige, Violoncello und Klavier Klassisches mit Einflüssen aus der Volksmusik.

(Foto: Restart-Festival)

Konzerte, Ausstellungen, Theater und Führungen: Das Restart-Festival bildet mit 111 kostenlosen Veranstaltungen einen Tag lang die Bandbreite und das vielfältige Angebot der Münchner Stadtteilkultur ab.

Von Ariane Witzig und Magdalena Zumbusch

"Corona ist nicht unser Leben" sollte das Festival ursprünglich mal heißen. Nach zwei Jahren Pandemie und einer gebeutelten Kulturszene sieht es nun aber danach aus, als ob in diesem Winter alles besser wird. "Gerade wenn die Zeiten hart sind, müssen wir zusammenrücken", sagt Kulturreferent Anton Biebl. "Denn gemeinsame Aktivitäten in den Kulturzentren vor Ort können Energie geben und Zuversicht erzeugen".

Um den Kulturzentren nach der Krise der letzten Jahre zu helfen, hat das Kulturreferat gemeinsam mit ihnen das kostenlose Restart-Festival organisiert. Am 12. November wird nun also zwischen 17 und 22 Uhr Münchens Stadtteilkultur gefeiert. An diesem Tag wird eine Tour durch das gesamte Stadtteilgebiet angeboten. Mit Shuttlebussen, die alle 20 bis 30 Minuten starten, werden die Besucher zu den Spielorten gebracht. So kann man auch Stadtteil-Kulturzentren kennen lernen, die man sonst nicht besucht. Neben dem üppigen Veranstaltungsprogramm gibt es übrigens auch in den Bussen selbst Programm. Das Tragen einer medizinischen Maske wird empfohlen.

Buslinie A: Norden

Die Buslinie Nord verbindet das Kulturhaus Milbertshofen mit dem forum2, dem malerischen, im 17. Jahrhundert erbauten Pelkovenschlössl, dem Kulturzentrum 2411 und der Mohr-Villa in Freimann. Im Kulturhaus Milbertshofen spielt das Jewish Chamber Orchestra Klassik und Pop. Das forum 2 setzt Mitmachlaune voraus: Basteln, Yoga und Kostümzeichnen stehen auf dem Programm. Wer nicht selbst aktiv werden will, lauscht vielleicht dem italienischen Flötenorchester I Flauti di Toskanini oder schaut sich die Theatergruppe Olympiadorf an, die Pannen aus ihrem Probenleben vor und hinter der Kulisse zu einem Stück verarbeitet hat. Im Pelkovenschlössel setzt ein Tanztheater Otfried Preußlers "Die dumme Augustine" für Kinder um, die Gruppe "Impro à la turka" bearbeitet das deutsch-türkische Zusammenleben, wie auch Jens Schanzes Dokumentarfilm "Stolz auf dich".

Die Band um den Liedermacher Georg Unterholzner kann man im Kulturzentrum 2411 erleben. Die Mohr-Villa wiederum konzentriert sich vor allem auf Ausstellungen: Der Freimanner Künstler Franta Novotny zeigt eine Auswahl seiner Gemälde und Skulpturen. Eine Ausstellung beschäftigt sich mit spannenden Projekten des nahe der Mohr-Villa gelegenen Forschungsstandorts Garching und die Ausstellung "Feminismus für Männer" zeigt die Gedanken von fünf Künstlern zum Thema Männlichkeit in unserer Zeit. Außerdem ist das Trio Gemma zu hören mit Klassik, die volksmusikalische Elemente integriert: Ein Stück des spanischen Komponisten Joaquin Turina lässt die Rhythmen spanischer Volksmusik anklingen.

Buslinie B: Westen

Kultur-Festival: Indische Götterplakate sind in einer Ausstellung im Guardini 90 zu sehen, im Rahmen des indisch-bayerischen Fusion-Projekts "Bavarianatya".

Indische Götterplakate sind in einer Ausstellung im Guardini 90 zu sehen, im Rahmen des indisch-bayerischen Fusion-Projekts "Bavarianatya".

(Foto: Eva-Maria Glasbrenner)

Die Buslinie West verbindet das Interim mit dem Guardini 90, dem Ubo 9 und der Pasinger Fabrik. Im Interim spielen Christa Jovanovic und Martin Muhr als Zwoaklang an zwei Zithern alpenländische Volksmusik. Im Guardini 90 startet das Programm mit "Tanz für alle", ein Kurs, der hier übrigens wöchentlich stattfindet: Körperliche Beeinträchtigungen und Tanzerfahrung spielen keine Rolle, dabei sein und sich versuchen ist alles. Es folgt das bayerisch-indische Fusionprojekt "Bavarianatya" zur Feier von 75 Jahren indischer Unabhängigkeit und der Partnerschaft Bayerns mit der südindischen Region Karnataka: Es gibt indischen Tempeltanz, zeitgenössische indische Götterplakate sind zu sehen und die Argeter Alphornbläser spielen die indische Nationalhymne.

Jazz-Standards und Eigenkompositionen bietet die Free-Wave-Jazzband im Aubinger Ubo 9, Funk und Pop gibt's von den Living Tones. In der Pasinger Fabrik versammelt die Ausstellung "Il Sud" Künstler, die sich von der süditalienischen Region Kampanien inspirieren ließen. Speziell von zwei Orten, die der Dichter Vergil als Höllenpforten bezeichnet hatte: die Phlegräischen Felder, bei denen der vulkanische Averner See liegt, und die Hochebene Irpinia mit einem heißen Schwefelsee.

Buslinie C: Süden und Mitte

Kultur-Festival: Der Blues-Gitarrist Rusty Stone begleitet in der Sendlinger Kulturschmiede die Vorstellung eines Fotoprojekts zu den USA musikalisch.

Der Blues-Gitarrist Rusty Stone begleitet in der Sendlinger Kulturschmiede die Vorstellung eines Fotoprojekts zu den USA musikalisch.

(Foto: Restart-Festival)

Das Luise, der Giesinger Bahnhof, die Sendlinger Kulturschmiede, das Trafo und der Kulturkeller Westend sind durch die Linie Süd/ Mitte verbunden. Im Giesinger Bahnhof gibt es neben Kinderprogramm ein Konzert, das Corona zu verdanken ist: Während der Pandemie hat "Die Kühnemann" - Michaila Kühnemann - ihre zwischenzeitlich beiseitegeschobenen Ambitionen für die Musik wiederentdeckt und sich von Alltagsthemen und bekannten Chansoniers inspirieren lassen zu ihrem neuen Programm. Im Trafo singt der Rock-Poet Nilo Crow aus seinem Debütalbum "Lonesome in Denial". Zu hören ist außerdem eine Performance des kolumbianischen Trios Minga 3. Im Kulturkeller Westend spielt das kanadische Duo Birkett-Hall: Ted Hall und Ea Birkett gehen in die Vollen, wenn sie performen - Rock, Blues, Folk und Jazz, zwei kräftige Stimmen, E-Gitarre, Mundharmonika und Percussion verschmelzen zu einem energiegeladenen Sound.

Es folgen Gerti Rayms warme Blues-Melodien und das Jazz-Trio um Wolfgang Schmid, Peter Wölpl und Guido May; auch der als "Saiten-Zauberer" gepriesene Christian Schwarzbach ist dabei. In der Sendlinger Kulturschmiede wird ein historisches Fotoprojekt vorgestellt: Im Amerika der Dreißigerjahre, noch geplagt von der Weltwirtschaftskrise, dokumentierten Fotografen die sozialen Verlierer der Krise. Den passenden Blues dazu liefert der Gitarrist Rusty Stone mit seiner namensgebend rauchigen Stimme.

Buslinie D: Osten

Kultur-Festival: Das Kino "Museum Lichtspiele" (hier mit dem Betriebsleiter Matthias Stolz) und seine Geschichte steht im Zentrum einer Ausstellung im Haidhausen Museum.

Das Kino "Museum Lichtspiele" (hier mit dem Betriebsleiter Matthias Stolz) und seine Geschichte steht im Zentrum einer Ausstellung im Haidhausen Museum.

(Foto: Stephan Rumpf)

Hier werden schließlich das Kulturzentrum Trudering, das Kulturbunt mit dazugehörigem Theater, das Üblacker-Häusl, das Einstein Kultur, das Kim Kino, das Museum Haidhausen und die Kultur-Etage Messestadt angefahren. Im Kulturzentrum Trudering gibt es Jazz von der Gitarristin Inés Basambrío. Einen Tanzabend bietet das East-West-Swing-Sextett im Kulturhaus Kulturbunt. Im Efeu-umrankten Üblacker Häusl ist das Inventar der ehemaligen Herberge zu sehen, als die das Häuschen Ende des 18. Jahrhunderts errichtet wurde. Die umliegenden Straßenzüge wuchsen im folgenden Jahrhundert zu einem lebendigen Herbergsviertel heran.

Ein besonderes Experiment zeigt das Einstein Kultur: "Relationshifts" von Ceren Oran & Moving Borders zeigt zwei Performer, die den Lauf einer romantischen Beziehung durchtanzen. Im Kim Kino nehmen die Filme "Haidhausen - Glanz und Elend eines Stadtteils" von Angelika Colditz und Rose Aicheles "Winter in Haidhausen" die Besucher mit in die Geschichte des Viertels. Einer geliebten Einrichtung des Viertels, dem ältesten Kino der Stadt, widmet sich das Haidhausen Museum mit einer Ausstellung: Das Kino "Lichtspiele" zeigt seit mehr als 100 Jahren Filme, heute meist Originalfassungen.

Programm in den Shuttlebussen

Kultur-Festival: Jaromir Konencny, Schriftsteller, Bühnenliterat und Science-Kabarettist, tritt in der Buslinie B auf, die den Münchner Westen abfährt.

Jaromir Konencny, Schriftsteller, Bühnenliterat und Science-Kabarettist, tritt in der Buslinie B auf, die den Münchner Westen abfährt.

(Foto: Kubinska & Hofmann)

Auch für Münchner Verhältnisse nimmt das Festival um 22 Uhr ein frühes Ende. Dafür wird in den fünf Stunden das Maximale herausgeholt: Das Bus-Programm für sich wäre schon fast abendfüllend. Die Münchner Impro-Theater-Truppe "Bühnenpolka" bespielt die Buslinien Nord, West und Ost. Gedichte, Prosa und Kabarett bieten die "Lesebühnen" dieser drei Buslinien (A, B und D). In der Linie B (West) tritt außerdem der Autor und Komiker Jaromir Konecny auf, in der Linie D (Osten) die Kabarettisten Michael Sailer und Ana Lucia. Die Linie C (Mitte/ Süden) bespielt Andrea Pancur mit Gesang und Gitarre und vermittelt während der Fahrt als Stadtführerin Wissenswertes zu Gebäuden und Orten.

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