Die Auktionatorin Lydia Fenet ist eigens aus New York eingeflogen, um den Münchnern das Geld aus der Tasche zu ziehen, und zwar auf eine überaus charmante Art. Denn die Summe, die bei der großen Auktion in der Pinakothek der Moderne am Samstagabend gesammelt wird, dient ja einem höheren Zweck, sie fließt in den Ankauf- und Ausstellungsetat der unter einem Dach vereinigten Sammlungen.
Fenet, eine sehr elegante und mit reichlich sozialer Intelligenz ausgestattete Christie's-Direktorin, verwandelt also auf wundersame Weise Privatvermögen in öffentliche Mittel. Und das Ganze soll auch noch Spaß machen, weshalb sie einem Mitbietenden den aufmunternden Satz zuruft: "Sie haben so ein schönes Lächeln, ein 30 000-Euro-Lächeln", um das Gebot noch weiter in die Höhe zu treiben; einem anderen kunstinteressierten Anzugträger ruft sie etwas ironisch zu: "Sie kleiden sich wie James Bond - da könnten Sie schon noch etwas drauflegen!"
Willkommen bei der 17. PIN-Party, die von vielen als "Münchner Gesellschaftsereignis des Jahres" betrachtet wird, wie der Generaldirektor der Staatlichen Gemäldesammlungen Bernhard Maaz gerne betont. Und der wie immer festlich mit Fliege und Künstlerschal dekorierte Maaz hat tatsächlich gut reden, denn die von ihm verwalteten Sammlungen profitieren erheblich von den Aktivitäten des PIN-Vereins, der unter der Vorstandsvorsitzenden Dorothée Wahl noch einmal etwas professioneller geworden ist. An der bewährten Champagner-Doktrin hält man ohnehin fest. Erst mal brauchen die Gäste etwas Perlendes im Glas, dann läuft das mit dem Geld schon viel flüssiger.
Man darf davon ausgehen, dass sich viele der 800 Pinakotheken-Freunde, darunter Adlige wie Manuel Prinz von Bayern, Unternehmer wie Nikolaus von Bomhard (Munich Re) oder Sammler wie Udo Brandhorst oder Ingvild Goetz schon vorab recht genau überlegt haben, auf welches Kunstwerk sie es bei der Versteigerung abgesehen haben. Einige Paare wie Nina Ruge und Wolfgang Reitzle haben es in dieser ereignisreichen Woche zwischen Staatsopernpremiere und PIN-Fest dagegen noch nicht geschafft, in den Auktionskatalog zu schauen - sie lassen sich überraschen.
Ausreißer nach oben bleiben bei der Auktion dieses Jahr aus
Bei den Müller-Wohlfahrts herrscht sogar fröhliche Anarchie. Während die Künstlerin Karin Müller-Wohlfahrt am liebsten hier und da die Hand heben würde, um das eine oder andere Objekt der Begierde zu ersteigern, hält sich ihr Gatte lieber vornehm zurück: "Ich begleite nur meine Frau", sagt der Sportmediziner Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt mit einem milden Lächeln, in dem so ziemlich alles stecken könnte. Antwort Karin: "Mein Mann ist leider nicht so spontan, wie ich ihn gerne hätte."
Spontanität ist dann bei der Live-Auktion gefragt, bei der 28 Werke unter den Hammer kommen. Im Gegensatz zu den Vorjahren bleiben spektakuläre Ausreißer nach oben aus. Mit 56 000 Euro für das Werk "Three Trees" erzielt der New Yorker Maler Alex Katz den höchsten Zuschlag, gefolgt vom 2014 verstorbenen Künstler Otto Piene, der mit dem leuchtkräftigen Werk "Iris" auf 55 000 Euro kommt, nicht zuletzt dank der Motivationskünste der Auktionatorin.
Und natürlich wird an einem solchen Abend aufmerksam registriert, welche der eingereichten Kunstwerke deutlich mehr einspielen als den offiziellen Galeriepreis - in diesem Jahr zum Beispiel eines der Künstlerin Ulrike Rosenbach. "Art is a Criminal Action" heißt ihre Fotografie auf Leinwand, im Entstehungsjahr 1972 war dieses Werk ein feministisches Statement. Anders als in Andy Warhols berühmtem Siebdruck "Double Elvis" zückt nicht mehr Elvis Presley allein die Pistole, sondern auch die Künstlerin, die die Pose imitiert. Die Botschaft an diesem Abend: Starke Frauen sind jetzt eine Macht, und sie schießen scharf, auch im einst männlich dominierten Kunstbetrieb.
Selbst wenn es in diesem Jahr nicht ganz zur runden Summe gereicht hat: Eine knappe Million Euro kommen bei der Versteigerung und der bis Mitternacht dauernden "Silent Auction" zusammen. Das ist auch ohne neuen Rekord ein Grund zum Feiern. Noch bevor das Gesamtergebnis verkündet wird, ist das Parkett in der großen Rotunde des Museums voller eleganter Menschen, die bis weit nach Mitternacht durchtanzen. Das PIN-Fest rockt - und die Frauen geben den Ton an.