Kultur:Bewegendes im Stillstand

Spontanes Festhalten: Das Foto zeigt die Band Sakura bei einem Hofkonzert im Wiener Museumsquartier.

Spontanes Festhalten: Das Foto zeigt die Band Sakura bei einem Hofkonzert im Wiener Museumsquartier.

(Foto: Cornelia Greil)

Die Münchnerin Cornelia Greil fotografiert spontane Konzerte und ihr Publikum. Ihr Projekt "Bühne draußen" ist eine Dokumentation des kulturellen Lockdowns.

Von Sarah Maderer

Spätestens in der Silvesternacht, als sich Nachbarn über Straßen und Innenhöfe hinweg zuprosteten, hat sich gezeigt, wie viel gemeinschaftliches Potenzial im unmittelbaren Lockdown-Umfeld steckt. So auch in der Nachbarschaft der Münchner Fotografin Cornelia Greil.

Schon im April beobachtet sie vom Balkon aus, wie ihre Nachbarin Elena Rud eine Anlage auf der Straße aufbaut und mit ihrer Musik schnell ein kleines Publikum anlockt. Greil ist inspiriert von dieser Spontaneität und macht sich von da an gezielt auf die Suche nach alternativen Bühnenkonzepten im öffentlichen Raum - die Serie "Bühnen draußen!" ist geboren, die Greil im Rahmen ihres Fortbildungsstudiums an der Ostkreuzschule für Fotografie Berlin als freies Projekt weiterentwickeln wird.

Elena Rud bei einem Straßenkonzert in München.

Elena Rud bei einem Straßenkonzert in München.

(Foto: Cornelia Greil)

Die Kooperationsbereitschaft der Künstler ist groß, es entstehen Aufnahmen bei Freiluftkonzerten in München, Wien und Greils Heimatstadt Passau. Ihre Motive wählt sie mit dem Anspruch aus, die euphorische Stimmung der temporär erstarrten Kulturszene einfangen zu wollen. Die Künstler selbst seien dafür zwar wichtig, doch es sollten keine klassischen Porträt- oder Konzertfotografien entstehen.

Viel entscheidender für Greil: Welche Atmosphäre soll jedes Bild transportieren? "Ein gutes Bild muss treffen. Es trifft, wenn es den Betrachter berührt, wenn etwas hängen bleibt oder sich vielleicht nicht auf den ersten Blick erschließt", sagt die 37 Jahre alte Bildredakteurin.

Für solche Aufnahmen war Greil oft auch einfach zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Als sie beispielsweise bei einem Spaziergang durch das Wiener Museumsviertel am Absperrzaun mit der Band Sakura ins Gespräch kam und wenig später deren Konzert fotografierte. An diesem Abend habe sie das romantische Spätsommer-Licht festhalten können. Oder als Profi-Picknicker ihr bei einem Autokonzert Spritz und Käsehäppchen anboten.

Eines ihrer Lieblingsbilder aus der Reihe sind die auf Asphalt tanzenden Füße vor einem Absperrband. "Dieses Bild vereint viele Aspekte der aktuellen Situation: Gute Stimmung auf einer temporären, abgegrenzten Tanzfläche."

Kultur: Das Lieblingsbild der Fotografin: „Dieses Bild vereint viele Aspekte der aktuellen Situation: Gute Stimmung auf einer temporären, abgegrenzten Tanzfläche."

Das Lieblingsbild der Fotografin: „Dieses Bild vereint viele Aspekte der aktuellen Situation: Gute Stimmung auf einer temporären, abgegrenzten Tanzfläche."

(Foto: Cornelia Greil)

Cornelia Greil wird dieses Foto deshalb wohl auch innerhalb der Ausstellung "I'm Ready To Go Anywhere" (Songzitat von Bob Dylan) in der Ostkreuzschule Anfang Mai zeigen. Derartige Projekte in Richtung Konzertfotografie könne sie sich auch in Zukunft vorstellen, denn im Charme dieser alternativen Bühnenorte läge die "Chance der Stunde, öffentlichen Raum für Kultur nutzbar zu machen."

Cornelia Greil: Bühnen draußen!, zu sehen unter www.photointernational.com und vom 6. bis zum 9. Mai im Kunstquartier Bethanien Berlin

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