Umweltaktivist:"Eines meiner nächsten Ziele werden die Wüsten sein"

Umweltaktivist: Tag und Nacht ruderten die drei Männer im Wechsel. Zu kurzen Schlafpausen konnten sie sich in eine der beiden winzigen Kajüten am Bug und am Heck zurückziehen. Für den Notfall hatten sie zwei Satellitentelefone dabei.

Tag und Nacht ruderten die drei Männer im Wechsel. Zu kurzen Schlafpausen konnten sie sich in eine der beiden winzigen Kajüten am Bug und am Heck zurückziehen. Für den Notfall hatten sie zwei Satellitentelefone dabei.

(Foto: York Hoves)

Der Münchner Fotograf York Hovest hat mit seinem Ruderboot in 50 Tagen den Atlantik überquert - Ziel des Abenteuers war es, auf die Verschmutzung der Meere aufmerksam zu machen.

Interview von Karl Forster

Am 1. Dezember vergangenen Jahres war der Münchner Fotograf York Hovest, 42, mit einem zehn Meter langen Ruderboot von Gran Canaria in Richtung Karibik gestartet. Ziel war für ihn und seine beiden Mitruderer Andreas Stollreiter und Rainer Ballwanz nicht nur die Insel Barbados, sondern auch auf die Verschmutzung der Meere aufmerksam zu machen. Doch dann kam Corona und machte zunächst alle Werbepläne zunichte. Schon in seinem Bildband "Helden der Meere" pries Hovest die Schönheit der Ozeane - und zeigte, was die Menschen verlieren, wenn sie weiterhin Plastik, Abwasser, Erdöl hineinkippen. Hovest war viele Jahre Model, bevor er selbst zur Kamera griff und große Fotoreportagen umsetzte. In Tibet traf er den Dalai Lama, im Amazonas-Regenwald lebte er drei Monate lang mit den indigenen Einwohnern. Er liebt die Herausforderungen.

SZ: Herr Hovest, jetzt ist mehr als ein halbes Jahr vergangen seit Ihrer Atlantiküberquerung. Wie waren seither die Reaktionen der Menschen, der Werbeeffekt für Ihr Projekt?

Sagen wir mal so. Ohne Corona hätte er noch größer werden können. Momentan kann ich nicht als Referent auf Bühnenveranstaltungen auftreten. Die Deutschlandtour wurde abgesagt. Zum Glück gab es trotzdem einige Veröffentlichungen.

Was wollten Sie erreichen?

Unsere Atlantiküberquerung war eine Werbeaktion für mein Projekt "Heroes of the Sea". Die Aufmerksamkeit nutze ich, um auf die Seite www.heroesofthesea.com hinzuweisen, die vor einigen Wochen online gegangen ist. Dort stelle ich Menschen vor, die sich dem Schutz der Ozeane verschrieben haben. Mit meiner Online-Plattform biete ich ihnen die Möglichkeit, sich zu präsentieren und ihre Arbeit bekannt zu machen.

Wie lange haben Sie für die knapp 5000 Kilometer über den Atlantik gebraucht?

50 Tage und 50 atemberaubende Nächte. Wir sind rund um die Uhr im Wechsel gerudert. Zwei von uns sind jeweils drei Stunden am Stück gerudert, der Dritte hatte drei Stunden Pause. In der Zeit mussten wir aber auch Klamotten trocknen, essen, Wunden pflegen, navigieren, Geräte checken - eine Routine, die für Körper und Geist sehr anstrengend ist. Am Ende waren wir aber sogar schneller, als wir anfangs vermutet hatten.

Gab es Stress unterwegs? Seekrankheit?

In den ersten Tagen nahmen wir Pflaster gegen die Seekrankheit, dann nichts mehr. Stress hatten wir so gut wie gar nicht. Ab und zu mal eine Meinungsverschiedenheit, aber die war spätestens am nächsten Tag vergessen, und wir fokussierten uns weiter auf das Ziel: Ankommen.

Sind Sie gerade rüber oder wie die Segler erst Richtung Kap Verden und dann nach Westen, um die Passatwinde zu nutzen?

Genau. Zuerst Richtung Kap Verden, dann mit Strömung und Wind Richtung Karibik. Aber gleich an Tag sechs gerieten wir in einen Sturm mit mehr als 100 Stundenkilometern Windgeschwindigkeit und acht Meter hohen Wellen. Das Boot wurde überspült, wir hingen mehrmals am Treibanker, um nicht zu kentern. Rudern, geschweige denn Navigieren war dabei unmöglich. Da wurden wir weit abgetrieben. Als dann auch noch das Ruder aus der Verankerung brach, fragten wir uns ernsthaft, wie es weitergehen soll. Zum Glück konnten wir später alles reparieren. Diese Tage werde ich sicher nicht vergessen.

Wie war die Verpflegungssituation?

Wir hatten so viel Essen dabei, da blieben keine Wünsche offen. Trotzdem haben wir extrem abgenommen. Unfassbar, wenn ich mir heute vorstelle, dass wir täglich mehr als 5000 Kalorien zu uns nahmen.

Fast gleichzeitig startete ein Hamburger Damenteam in einem ganz ähnlichen Boot. Stahlen die Ihnen die Show?

Nein. Ich kenne die vier mutigen Frauen und übermittelte ihnen noch vor der Reise eine Glücksbringer-Videobotschaft. Der Unterschied zwischen unseren Überquerungen hätte auch nicht größer sein können. Wir ruderten allein, ohne Begleitboot, und nahmen nicht an einem Rennen teil.

Würden Sie noch einmal über einen Ozean rudern?

Mit dem Rudern habe ich vorerst abgeschlossen. Ich tendiere jetzt eher in Richtung einer noch extremeren Expedition. Eines meiner nächsten Ziele werden die Wüsten sein.

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