Münchner Sozialunternehmen:Kuchentratsch ist insolvent

Lesezeit: 2 Min.

Ein kühner Plan, an den sie immer noch glaubt, ist erst mal zerplatzt: Katharina Mayer in den neuen Räumlichkeiten von Kuchentratsch. (Foto: Kuchentratsch/oh)

Omas backen ihre liebsten und besten Kuchen, die dann verkauft werden. Das war die Idee des Start-ups. Doch nun ist der Gründerin das Geld für den Umbau ausgegangen.

Von Sabine Buchwald, München

Eigentlich hätte die neue Backstube von Kuchentratsch auf der Theresienhöhe in diesen Tagen mit einem großen Fest eröffnet werden sollen. Die Einladungen dazu waren schon verschickt. Jetzt musste Katharina Mayer Insolvenz anmelden. Für die Geschäftsführerin und Initiatorin des jungen Sozialunternehmens "eine Katastrophe", wie sie sagt. Vor knapp acht Jahren hatte die Münchnerin zusammen mit Katrin Blaschke Kuchentratsch gegründet. Die Idee: Seniorinnen backen ihre liebsten und besten Kuchen, die dann verkauft werden.

Die Omas bekommen eine Aufgabe, vernetzen sich und verdienen etwas Geld, um ihre Rente aufzubessern. Drei Backbücher sind mit diesen erprobten Rezepten entstanden. 2015 konnte Kuchentratsch in eine eigene Backstube an der Landsberger Straße ziehen. Seit Anfang des Jahres hat die Firma ihren Sitz an der Theresienhöhe 30. Dort sollte auf 650 Quadratmetern eine Erlebnisbackstube entstehen. Daraus wird nun nichts. Katharina Mayer, inzwischen alleinige Geschäftsführerin, steht unter Schock, als man sie anruft.

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SZ: Frau Mayer, was ist passiert?

Katharina Mayer: Wir hatten dieses Jahr eine Crowdinvestkampagne gestartet, um die Finanzierungslücke für geplante Investitionen, vor allem für den Ausbau einer Erlebnisbackstube zu schließen. Die insgesamt angespannte Lage in der Wirtschaft hat auch uns geschadet. Die Kampagne war nicht so erfolgreich wie nötig. Dazu kommt: Die Pandemie hat uns getroffen. Wenn besonderer Schutz, besondere Vorsicht geboten ist, hat das Konsequenzen. Ein Schließen der Lücke durch Altgesellschafter kam in der aktuellen Situation nicht infrage, dennoch möchte ich ihnen für die vergangenen Jahre danken. Eine Einigung mit einem neuen potenziellen Investor scheiterte nun. So blieb nur die Insolvenz.

Und jetzt?

Es bleibt jetzt ein kurzes Zeitfenster, um potentielle Investoren und eine Lösung im Gesellschafterkreis zu finden. Es haben sich schon ein paar Leute gemeldet, mit denen wir jetzt sprechen. Alternativ würden uns zwei Monate bleiben, alles abzuwickeln. Dabei sind die neue Backstube und die Räume fast fertig. Es fehlt noch die Theke und die Lampen müssen noch installiert werden. Wir haben mit so tollen Handwerkern gearbeitet. Die Vorstellung, dass sie jetzt vielleicht ihre Rechnungen nicht bezahlt bekommen könnten, finde ich ganz entsetzlich.

Brigitte Lernhard, eine der eifrigen Back-Omas, beim Bestreichen eines veganen Rotebeete-Schokokuchens. (Foto: Florian Peljak)

Und was ist mit den Senioren?

Wir hatten 53 Senioren auf Mini-Job-Basis bei uns angestellt. Gerade in dieser Zeit der explodierenden Preise müssen viele mit jedem Euro rechnen. Es bricht mir das Herz.

Haben Sie sich übernommen?

Wer den Mut hat zu gründen, muss auch mit einer solchen Situation rechnen. Wenn ich von Anfang an nicht an meine Idee geglaubt hätte, dann wäre Kuchentratsch überhaupt nie entstanden. Der Plan, eine Erlebnisbackstube aufzuziehen, wo man den Omas beim Backen zuschauen, man Backkurse abhalten kann und das alles mit Gastronomie verbindet - ich glaube immer noch daran. Das kann gut funktionieren. Ich war so glücklich, dass wir die Räume auf der Theresienhöhe gefunden hatten. Sie sind perfekt.

Aber mit diesem Plan konnten Sie potentielle Geldgeber nicht überzeugen. Haben die privaten Investoren der Kampagne jetzt ihr Geld verloren?

Nein, die privaten Investoren:innen habe ihr Geld nicht verloren. Als wir die benötigte Summe, unser Fundingziel, nicht einsammeln konnten, habe ich mit der Funding-Plattform gesprochen und wir haben die Beträge zurück zahlen lassen. Das Geld ist nie auf unserem Konto gelandet.

Aber was ist letztendlich schiefgelaufen?

Es ist wirklich eine herausfordernde Zeit. Investoren sind vorsichtiger geworden. Es wird auch weniger gefeiert. Firmenevents oder Hochzeiten finden, wenn überhaupt, oft immer noch in kleinerem Rahmen statt. Und: Die Leute geben insgesamt weniger Geld für Geschenke aus. Das hat uns hart getroffen. Viele kleinere Start-ups kämpfen gerade ums Überleben.

Gibt es noch eine Rettung?

Das kann ich aktuell nicht sagen. Gerade ist der vorläufige Insolvenzverwalter bestellt. Ich hoffe sehr, dass wir gemeinsam eine Lösung finden, die zumindest die Idee rettet.

Aber Sie selbst haben Kuchentratsch verloren?

Ja.

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