Bauprojekt im Kreativquartier:"Man kann sich bei solchen Projekten nicht an alle DIN-Normen der Welt halten"

Lesezeit: 3 Min.

Ein künftiger Präsentationsort für den zeitgenössischen Tanz: die Tonnenhalle im Kreativquartier. (Foto: Visualisierung Bez + Kock Architekten)

Zwei historische Industriehallen an der Dachauer Straße sollen zu Kulturstätten umgebaut werden. Die Pläne dafür stoßen in der Stadtgestaltungskommission auf große Zustimmung. Das Gremium mahnt aber kreative Lösungen beim Brandschutz an.

Von Sebastian Krass

Es könne ein Vorbild dafür werden, wie man alte Gebäude mit Respekt vor der Historie für eine neue Nutzung herrichtet: Mit diesem äußerst wertschätzenden Fazit hat die Stadtgestaltungskommission am späten Dienstagnachmittag die Umbaupläne für die Tonnenhalle und die Jutierhalle im Kreativquartier an der Dachauer Straße/Ecke Schwere-Reiter-Straße gewürdigt. In Vertretung des aus gesundheitlichen Gründen verhinderten Architekten vom Büro Bez und Kock aus Stuttgart hatten zuvor zwei Vertreter des städtischen Baureferats der Kommission vorgestellt, wie die zwei 1926 fertiggestellten und denkmalgeschützten Industriehallen künftig mit neuem Leben erfüllt werden sollen.

Die 100 Meter lange und 20 Meter breite Tonnenhalle, früher von den Stadtwerken als Rohrlager genutzt, soll zwei Veranstaltungssäle für Aufführungen der freien Theaterszene und für Popkonzerte beherbergen, der größere davon für bis zu 1000 Besucherinnen und Besucher. Außerdem sind Präsentations- und Produktionsflächen sowie Gastronomie vorgesehen. Die direkt gegenüber gelegene Jutierhalle, die eine ähnlich große Grundfläche hat, soll zu einem Zentrum für Ateliers und kreative Arbeitsräume werden. Dafür sollen innen auf zwei Etagen etwa 60 aus Holz gebaute Raummodule von jeweils 20 Quadratmetern eingebaut werden, die flexibel nutzbar sind. Das wichtigste Ziel der Planung, sagte Detlev Langer vom Baureferat, sei, "die industrielle Wirkung der Hallen in ihrer ganzen Kraft weiter wirken zu lassen". Der Baubeginn hat sich um ein Jahr nach hinten auf 2023 verschoben, die geplante Fertigstellung auf 2026.

Die Jutierhalle, die eine ähnlich große Grundfläche wie die Tonnenhalle hat, soll zu einem Zentrum für Ateliers und kreative Arbeitsräume werden. (Foto: Bez + Kock Architekten)

Die beiden Hallen sind wegen ihrer Lage in der Mitte des Kreativquartiers, aber auch wegen ihrer Größe und Wirkung das Herzstück des gesamten Bauprojekts, das für die Stadt von historischer Bedeutung ist. Denn weil die Grundstücke im Eigentum der öffentlichen Hand sind, kann in dieser ziemlich zentralen Lage - an der Grenze zwischen Maxvorstadt und Neuhausen - auch neuer, durchweg bezahlbarer Wohnraum für mehr als 2000 Menschen entstehen, zudem sollen große neue Flächen für Gewerbe und Wissenschaft entwickelt werden und das dort schon ansässige Milieu von Kreativschaffenden erhalten bleiben.

Die Pläne für die beiden Hallen seien "ein ganz hervorragendes Beispiel für das Fügen von Alt und Neu", sagte der stellvertretende Stadtheimatpfleger Hanns Michael Küpper in der Sitzung der Stadtgestaltungskommission, die die Stadt zu Bauprojekten von besonderer Bedeutung berät, und sich somit in diesem Fall an die Bauherrin direkt wendete. Sonst geht es meist um Projekte privater Investoren. "Das wird ein Ort mit sehr hohem Identifikationswert", fuhr Küpper fort, er könne vorbildhaft sein "nicht nur als Beitrag zum Denkmalschutz, sondern auch für ressourcenschonendes Bauen". Peter Brückner, Architekt aus Tirschenreuth, warb für Flexibilität bei den noch anstehenden behördlichen Prüfungen: "Das Schlimmste ist, wenn die Hallen mit Brandschutz überzogen werden und am Ende keine Würde der historischen Gebäude übrig bleibt." Man solle Sicherheitsfragen "natürlich nicht ignorieren, aber neu denken", so Brückner. "Man kann sich bei solchen Projekten nicht an alle DIN-Normen der Welt halten, es gibt keine DIN-Norm für die Jutierhalle". Wenn es hier "neue Wege" gebe, könne das ebenfalls zum Vorbild für künftige Umnutzungen von Gebäuden werden.

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Es gab aber auch kritische Nachfragen aus der Kommission. Piero Bruno, Architekt aus Berlin, wollte wissen, wie der Erhalt der historischen Substanz zusammengehen könne mit dem nötigen Schallschutz. Denn Vorgabe ist, dass die benachbarten künftigen Wohngebiete auch von 100 Dezibel lauten Konzerten in der Tonnenhalle nicht gestört werden dürfen. Das, so Bruno, sei nicht machbar mit dem teilweise verglasten Dach. Robert Wimmer vom Baureferat erwiderte, dass über dem großen Veranstaltungssaal eine Decke mit einem ausgeklügelten Schallschutzkonzept eingezogen werde - mit der Folge, dass dort von unten die Glaselemente im Dach nicht zu sehen sein werden, bei den übrigen Teilen der Tonnenhalle hingegen schon.

Die Freisinger Landschaftsarchitektin Doris Grabner kritisierte, dass zwischen den Hallen vor allem eine Anfahrtszone vorgesehen sei. "Was zwingt einen, da so viel zu versiegeln und die Fläche nicht mehr zu öffnen?" Wenn dort Wasser versickern könne, habe das auch positive Auswirkungen auf das Mikroklima. Detlev Langer vom Baureferat wies darauf hin, "dass da nicht nur Kleinlaster oder Zehntonner von Edeka hinfahren, hier geht es auch um 40-Tonner, wir müssen mit den größten Lastern rechnen". Ein Einwand, der Grabner nicht überzeugte: "Auch eine Schwerlastfläche muss nicht automatisch vollversiegelt sein." Wenn man das anders plane, würde auch dieses Areal "vielleicht noch spannender".

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