Vorfälle auf BaustellenWie sicher sind Münchens Baukräne?

Lesezeit: 2 Min.

In Bogenhausen stürzte ein Kran auf zwei Hausdächer - und verursachte einen massiven Schaden.
In Bogenhausen stürzte ein Kran auf zwei Hausdächer - und verursachte einen massiven Schaden. (Foto: THW München-Ost)

Ein Kran stürzt um, zwei andere müssen kurzfristig abgebaut werden, um ein Umfallen zu verhindern – und das innerhalb weniger Tage. Müssen sich Anwohner von Baustellen Sorgen machen?

Von Barbara Galaktionow

In München hat es innerhalb weniger Tage drei Vorfälle mit Baukränen gegeben. Am Samstag stürzte in Bogenhausen ein Kran auf zwei Häuser. Die etwa acht Tonnen schweren Gegengewichte am hinteren Ende des Kranauslegers durchbrachen das Dach, verwüsteten eine Dachgeschosswohnung und beschädigten darunterliegende Decken und Wände, wie die Feuerwehr mitteilte.

Am Mittwoch drohten zwei Kräne an unterschiedlichen Orten umzufallen. Auf einer Baustelle in der Hochbrückenstraße in der Innenstadt stellten Bauarbeiter am Morgen fest, dass das Fundament eines etwa 30 Meter hohen Baukrans unterspült war. Der Kran selbst habe sich jedoch nicht bewegt, sagt Max Berthold, Fachberater beim Technischen Hilfswerk (THW) in München-Mitte. Am Nachmittag begann ein zweiter Einsatz in der Verdistraße in Pasing-Obermenzing. Dort war ein etwa 20 Meter hoher Kran in „deutliche Schieflage“ geraten, wie ein Feuerwehrsprecher sagte. Einer der vier Betonblöcke, auf denen der Kran ruhte, sei wenige Zentimeter eingesunken, beschreibt Berthold die Situation. Beide Kräne wurden abgebaut. Menschen wurden in allen drei Fällen nicht verletzt.

Drohnenaufnahmen des Technischen Hilfswerks zeigen die Schäden, die ein umgestürzter Kran an zwei Gebäuden an der Ismaninger Straße angerichtet hat.
Drohnenaufnahmen des Technischen Hilfswerks zeigen die Schäden, die ein umgestürzter Kran an zwei Gebäuden an der Ismaninger Straße angerichtet hat. (Foto: THW München-Ost)
Auf einer Baustelle in der Innenstadt wurde ein Kran vorsorglich abgebaut, nachdem ein großes Loch unter dem Fundament entdeckt worden war.
Auf einer Baustelle in der Innenstadt wurde ein Kran vorsorglich abgebaut, nachdem ein großes Loch unter dem Fundament entdeckt worden war. (Foto: Florian Peljak)
Der Kran in der Verdistraße war bereits in Schieflage geraten, als mit dem Abbau begonnen wurde.
Der Kran in der Verdistraße war bereits in Schieflage geraten, als mit dem Abbau begonnen wurde. (Foto: Berufsfeuerwehr München)

Die Häufung der Vorfälle mag zufällig sein. Dennoch lenkt sie den Blick auf die Frage, wie sicher die Kräne in der Stadt sind. Der häufigste Fall, warum Kräne umkippten, liege in einer falschen „Gründung“ des Geräts, sagt Roberto Cudmani, Experte für Grundbau und Bodenmechanik an der TU München. Der Grund, auf dem ein Kran aufgestellt werde, müsse immer untersucht werden, am besten bis in drei, vier Meter Tiefe. Dies werde nicht immer ausreichend gemacht. Deutlich seltener seien Materialermüdung des Stahlgerüsts oder Bedienungsfehler. Kleine oder mittelgroße Kräne sind Cudmani zufolge „eher das Problem“ als große Kräne. Letztere seien meist nicht nur durch Betonplatten oder -fundament gesichert, sondern zusätzlich durch Pfähle im Boden. München habe allerdings grundsätzlich relativ gute Baugrundbedingungen hinsichtlich der Tragfähigkeit. Zudem gingen Bauherren gerade in dicht besiedelten Stadtgebieten oft vorsichtiger vor.

Sind es also Wetterphänomene wie Stürme oder Starkregen, die Baukräne zum Risiko werden lassen? Joachim Schulze, Kranexperte bei der Berufsgenossenschaft Bau, bestätigt das nicht. Die Statik von Kränen sei für Windgeschwindigkeiten von bis zu 170 Kilometern pro Stunde ausgelegt. Und wenn Starkregen ein größeres Fundament unterspüle, werde dies früh sichtbar, sodass gegengesteuert werden könne. Bei Aufstellung von kleineren Kranen auf Platten und Hölzern müsse auf geeigneten und verdichteten Untergrund geachtet und diese bei Starkregen in kürzeren Zeitabständen kontrolliert werden. Ein gewisses Restrisiko gehe jedoch von „Unwägbarkeiten im Untergrund“ aus wie zum Beispiel unbekannten Hohlräumen. Ansonsten sagt er: „Man braucht vor diesen Geräten keine Angst zu haben – wenn sie richtig aufgebaut sind.“

Doch wer kontrolliert das? Jeder Kran müsse nach der Montage und vor der Inbetriebnahme auf seine Standfestigkeit geprüft werden, sagt Schulze. Dies geschehe durch einen Sachkundigen. Zudem werde die Stahlkonstruktion in gewissen Abständen von Sachverständigen auf Ermüdungserscheinungen des Materials geprüft. Die Verantwortung für diese Prüfungen liegt beim Bauherren beziehungsweise der Baufirma selbst, sagt Pressesprecher Ingo Trömer vom Baureferat. Die Bauaufsichtsbehörde werde hier nicht tätig, sondern nur, wenn Gefährdungen vorlägen.

Was die Ursachen für die Instabilität bei den drei aktuellen Vorfällen waren, wird nun untersucht. Im Fall des tatsächlich umgestürzten Krans in Bogenhausen ermittelt die Polizei. Über den Stand der Ermittlungen darf sie einer Pressesprecherin zufolge derzeit noch keine Auskunft geben. Die anderen zwei Fälle werden wohl erst von Gutachtern untersucht. Die Polizei würde nur Ermittlungen aufnehmen, falls gegen baurechtliche Bestimmungen verstoßen wurde.

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