Ministerpräsident Markus Söder und Kunstminister Markus Blume (beide CSU) haben das Ergebnis der Denkpause in der Causa Konzerthaus bekanntgegeben. Es wird gebaut. Im Werksviertel, wie geplant, aber im Übrigen wird alles anders sein als bisher geplant. Um das Projekt auf die Hälfte der Kosten zu reduzieren, werden Abstriche gemacht, die Architektur soll völlig anders aussehen – und die Fertigstellung rutscht damit tief ins nächste Jahrzehnt. Reaktionen auf die Entscheidung:
Sir Simon Rattle, Chefdirigent von Chor und Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks: „Wie wunderbar, dass das seit Langem geplante Konzerthaus jetzt endlich realisiert wird. Wir alle sehen die vielfältigen Herausforderungen unserer Zeit. Die Aussicht auf ein Haus für Musik im 21. Jahrhundert – mit exzellenter Akustik ebenso wie mit einer technologischen Ausstattung, die der Welt von heute und morgen gerecht wird – macht mich aber optimistisch. Wir werden helfen, wo wir können: damit das Projekt Presto – und nicht Andante – vorangeht.“
Katja Wildermuth, BR-Intendantin: „Es ist eine wirklich gute Nachricht, dass das Konzerthaus-Projekt nun mit großen Schritten vorangeht. (..) Der aktuelle, pragmatische und nachhaltige Ansatz bietet die Chance, die dringend benötigte Spielstätte zielstrebig Realität werden zu lassen. Umso mehr freuen wir uns, dass die Grundidee erhalten bleibt: höchste akustische Qualität, zeitgemäße Digitalität, ein symphonischer Saal der erforderlichen Größe sowie Raum für Education Projekte. All das zusammen wird Strahlkraft über ganz Bayern hinaus entfalten.“
Sanne Kurz, Die Grünen, Sprecherin für Kultur und Medien im Landtag: „Wenn wir einen exzellenten Saal mit herausragender Akustik für unsere bayerischen Spitzenorchester, tolle Räume für Musikvermittlung und den musikalischen Nachwuchs, Klimaschutzstandards beim Bau und eine Öffnung in den Stadtraum für unter einer Milliarde Euro haben können, dann frage ich mich: Warum steht dieser Konzertsaal noch nicht? Wenn die einzige Änderung eine kleinere Tiefgarage ist, fragt man sich schon, was da schiefgelaufen ist die vergangenen Jahre. Das Hauptproblem aber sehe ich bei der künstlerischen Nutzung: durch den Wegfall des kleinen Konzertsaals bekommen wir eine Art ’Gasteig 2.0’ – die gleiche Problematik, bei der mehrere Spitzenorchester sich einen Raum teilen.“
Andreas Schessl, Chef des Konzertveranstalters München Musik: „Es freut mich, dass die Planung nun doch voranschreitet und die Bayerische Staatsregierung ihr Versprechen einzulösen scheint. Finanzieller Realismus muss nicht unbedingt zu einem weniger guten Haus führen. Kreativität und Ideenreichtum werden München hoffentlich zu einem Projekt von großer Strahlkraft verhelfen. Sehr problematisch ist aus meiner Sicht allerdings die weitere zeitliche Verschiebung der Fertigstellung bis ins Jahr 2036. Das wird die Sparbemühungen mit hoher Wahrscheinlichkeit zunichtemachen und stellt bisher erlebte Bauverzögerungen, wie zum Beispiel bei der Hamburger Elbphilharmonie, in den Schatten.“
Anna Kleeblatt, Vorsitzende des Vorstands der Stiftung Neues Konzerthaus München: „Wir freuen uns über die Zusage der Bayerischen Staatsregierung und sind erleichtert darüber, dass die Denkpause beendet ist. Dass Minister Blume den heutigen Tag als Beginn der neuen Planungsphase ausgerufen hat, ist ein positives Signal. Als Stiftung unterstützen wir selbstverständlich auch eine neue Planung. Wir wünschen uns einen für alle offenen, zukunftsweisenden Bau, der den Ansprüchen einer sich verändernden vielfältigen Gesellschaft gerecht wird und als Ort der Begegnung erstklassige Konzerterlebnisse bietet.“

Absage an bisherige Pläne:Münchner Konzerthaus wird neu geplant
Ministerpräsident Markus Söder und Kunstminister Markus Blume präsentieren das Ergebnis der „Denkpause“: Das Konzerthaus im Werksviertel kommt zwar. Doch die Planungen für das „Leuchtturm“-Projekt beginnen von vorn.
Anne-Sophie Mutter, Geigerin: „Ich freue mich sehr darüber, dass das Konzerthaus-Projekt eine neue Chance erhält – und mit den angepassten Rahmenbedingungen realisierbar wird. Die Kernbedürfnisse wie hervorragende Akustik, rund 1900 Sitzplätze und state-of-the-art Digital-Ausstattung scheinen unangetastet. Jetzt hoffe ich inständig, dass München diese schon so lange ersehnte und dringend notwendige Begegnungsstätte bekommt.“
Anton Biebl, Kulturreferent der Stadt München: „Gut, dass der Freistaat in seine Landeshauptstadt und Kulturmetropole München investiert. Es stehen ja einige dringende Sanierungen der staatlichen Kultureinrichtungen an. Dass darüber hinaus noch ein weiterer Konzertsaal gebaut werden soll, ist eine erfreuliche Nachricht für die Münchner Musiklandschaft. Schade, dass aus einer Kooperation mit der Stadt beim Gasteig nichts geworden ist.“
Christian Gerhaher, Bariton: „Ich finde es wirklich großartig, dass München endlich den versprochenen und beschlossenen Konzertsaal bekommen wird. Ich finde es auch ganz richtig, dass eventuell nur ein Saal, nämlich der für Orchesterkonzerte mit 1.900 Sitzplätzen gebaut werden wird, welcher auch dringend benötigt wird, zumal da der Gasteig nun außer Betrieb ist und dies auf bisher schier unabsehbare Zeit auch bleiben wird. Deswegen jedoch finde ich es gar nicht gut, dass der Saal erst 2036 eröffnet werden soll – in etwa so spät wie die unfassbare katastrophal verplante zweite Stammtrecke in München – was für ein Irrsinn! Wir benötigen diesen Saal seit viel zu langer Zeit, und die »Denkpause« hat vor allem auch noch dazu beigetragen – und damit dazu, dass er nochmals teurer werden wird. Dieses Teurerwerden nun wird durch die Verschlankung aufgefangen. Wie aber wäre es gewesen, diesen verschlankten Saal schon längst gebaut zu haben, für beispielsweise nur ein Viertel der angeblichen Milliarden-Kosten? Nach meinem Dafürhalten wurden enorme Fehler gemacht, einer davon ist, diesen Bau immer weiter zu verzögern, wenn auch unter je anderen Prämissen.
Immerhin kann und muss nun auch unbedingt die Zukunft des Herkulessaals mitbedacht werden, denn München benötigt nach dem völlig unverständlichen Verlust des »Odeon«, des wohl besten Saals der Welt, der heute nur Innenhof des Bayerischen Innenministeriums ist, endlich einen Kammermusiksaal. Ohne den Herkulessaal jedenfalls wäre die Münchner Residenz, deren Dachfläche im Zweiten Weltkrieg zu weit über 90 % zerstört war, ziemlich wahrscheinlich einem Abriss zugunsten des sozialen Wohnungsbaus zum Opfer gefallen. Wir schulden diesem Ort also sehr viel. Er muss dem Münchner Publikum in zeitgemäßer Weise zur Verfügung gestellt werden und eigentlich ist die Bayerische Schlösser- und Seenverwaltung auch nicht der richtige Betreiber für einen so wichtigen Saal, weil sie ihn nur vermieten kann. Wir benötigen hier – wie für den Konzertsaal-Neubau auch – also vor allem eine fähige künstlerische und visionäre Leitung, eine echte Intendanz. Kein namhaftes Konzerthaus in Deutschland und seinen angrenzenden Nachbarländern (nur ausgenommen die Bremer »Glocke«) leistet sich das Defizit, dass es keine solche Intendanz gibt. München tut das seit 1945, und das Fehlen einer künstlerisch planenden Hand hat hier schon viel zu viel Schaden hinterlassen! Wenn nun der Staat einem Bauträger o.ä. die Verantwortung für ein derartiges Projekt übertragen sollte, darf das jedenfalls mitnichten bedeuten, dass es damit auch die Verantwortung für den Betrieb des Neuen Saals ebenso aus der Hand gibt, wie es im Gasteig und beim Herkulessaal der Fall ist und gehandhabt wird.
Der überdies angekündigte »Kulturbus« ist meines Erachtens eine ärgerliche Augenwischerei. Wirkliche Begeisterung für die Künste und die dazugehörige Urteilskraft sind ausschließlich in den Schulen zu wecken. Nur diese können leisten, dass durch die regelmäßige Konfrontation mit den Inhalten der abendländischen Kultur über eine gesamte Schulzeit hinweg Vertrautheit mit diesem Erbe entsteht, welche es allein zu retten imstande ist – Edutainment hingegen führt geradewegs zum Gegenteil. Wir können aber doch den drohenden Verlust der Künste mit ihrer jahrtausendealter Geschichte und Tradition nicht auf die leichte Schulter nehmen. Das müsste auch und gerade den »konservativen« Parteien zu vermitteln sein.“
Stephanie Jenke, Chefin der Gasteig GmbH: „Je mehr Kultur, desto besser. München wächst kontinuierlich. Und in Zeiten der Krisen und Vereinsamung braucht es Orte zum Zusammenkommen, zum gemeinsamen Erleben. Kulturbauten sind dafür von großer und elementarer Bedeutung. Von daher ist es wichtig, dass es mit dem Projekt im Werksviertel weitergeht, genauso wie mit der Sanierung des Gasteig.“
Michael Piazolo, Vorsitzender des Landtagsausschusses für Wissenschaft und Kunst und Stadtvorsitzender der Freien Wähler München: „Es freut mich, dass die Denkpause der CSU, die viel zu lange gedauert hat, nun beendet ist. Immerhin steht nun aber ein klares Bekenntnis zum Konzertsaal im Werksviertel, das schnell in einen unumkehrbaren Prozess zur Realisierung münden muss. Der Konzertsaal wird eine besondere Architektur mit einer Öffnung Richtung Stadt benötigen, damit er auch angenommen wird, dazu gehört eine öffentliche Dachterrasse. Ein generationenübergreifender Konzertsaal ist das Ziel. Deshalb muss auch die Jugend eingebunden werden und über das Projekt an die Musik herangeführt werden. Wir wollen keinen sterilen Ort, sondern ein lebendiges Haus für alle schaffen.“