Kultur:Kanadier Nakajima soll Akustik für Münchner Konzertsaal planen

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So könnte das geplante Konzerthaus im Werksviertel aussehen. (Foto: Cukrowicz Nachbaur Architekten/dpa)
  • Das Büro Arup aus London und Berlin unter Leitung von Tateo Nakajima soll die Akustik für den Münchner Konzertsaal planen.
  • Mariss Jansons, der Chefdirigent des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunk, hatte sich zuvor für einen anderen Kandidaten ausgesprochen.
  • Nakajima gilt als erfahrerener und hochkompetenter Fachmann. Er hat mit weltweit bekannten Orchestern und Dirigenten zusammengearbeitet.

Von Nina Bovensiepen und Egbert Tholl, München

Für den Bau des neuen Konzerthauses für München ist eine zentrale und überraschende Entscheidung gefallen. Das Büro Arup aus London und Berlin unter Leitung von Tateo Nakajima soll die Akustik für die drei Säle des neuen Hauses planen. Arup hat an weltweit bedeutenden Sälen, etwa in Breslau (Wrocław) und Montréal mitgewirkt, und genießt einen exzellenten Ruf. Die Wahl ist dennoch eine Überraschung, weil Mariss Jansons, der Chefdirigent des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunk (BRSO), sich stets für den japanischen Akustiker Yasuhisa Toyota ausgesprochen hatte.

Gleichwohl begrüßte Jansons nun die Entscheidung. "Es ist bekannt, dass ich mich im Vorfeld für einen anderen Kandidaten ausgesprochen habe", sagte der Maestro. "Ich bin mir aber sicher, dass nun eine ausgezeichnete Entscheidung getroffen wurde." Er nannte Nakajima einen erfahrenen und hochkompetenten Fachmann, er freue sich auf die Zusammenarbeit "auf unserem Weg zu einem akustisch exzellenten Konzerthaus München".

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(Foto: Alexandre Schneider/Getty Images)

Säle mit Weltruf - vier Werke des Kanadiers: Der Saal in São Paulo, eine umgebaute Bahnhofshalle in leicht beunruhigender Gegend, gilt als Lateinamerikas bester Konzertsaal.

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(Foto: KKL)

Der Konzertsaal im Kongresszentrum Luzern, dem KKL, von vielen gerühmt für seinen analytischen Klang, von manchen als eher kühl empfunden.

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(Foto: Guillaume Lavallee/AFP)

Die Konzerthalle des Orchestre Symphonique de Montréal (OSM), eröffnet am 7. September 2011 mit Beethovens neunter Symphonie.

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(Foto: Peter Meisel)

Das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks im neuen Saal "Narodowe Forum Muzyki" in Breslau (Wrocław) - schon beim Einspielen ein Erlebnis.

Um das neue Konzerthaus für die Stadt hatte es jahrelange Debatten gegeben, bis entschieden wurde, dass es im Werksviertel errichtet werden soll. Im Oktober 2017 hatte das Büro Cukrowicz Nachbaur aus Bregenz den Architektenwettbewerb gewonnen. Die Wahl der Verantwortlichen für die Akustik ist ein weiterer wichtiger Schritt. "Mit der Entscheidung für das renommierte Büro Arup kann es nun in die nächste Planungsphase gehen", sagte Bayerns Bauminister Hans Reichhart (CSU).

In die Entscheidung waren diverse Beteiligte eingebunden, Akustik-Experten, Vertreter der Hauptnutzer des BRSO sowie externe Profi-Musiker. Ihr Urteil stößt dementsprechend auf große Zustimmung. Auch die Architekten sind hoch zufrieden. Anton Nachbaur-Sturm von Cukrowicz Nachbaur sagte der SZ, er freue sich "auf eine konstruktive Zusammenarbeit" mit Arup und Tateo Nakajima. "Wir sind komplett offen und gespannt", so Nachbaur-Sturm.

Tateo Nakajima, Kanadier mit japanischen Wurzeln, war einst selbst Dirigent, später Partner und Akustik-Experte für die Beratungsfirma Artec Consultants, die 2013 Teil von Arup wurde. Er hat mit vielen weltweit bekannten Orchestern, Konzerthäusern und Dirigenten zusammengearbeitet. München ist für ihn Neuland - den Umbau der Philharmonie im Gasteig wird Toyota akustisch gestalten, so wie er sich um den Klang des Ausweichquartiers der Philharmoniker kümmert.

Toyota, Liebling von Jansons und auch Valery Gergiev, dem Chefdirigenten der Münchner Philharmoniker, hat meist die spektakulären Neubauten betreut, war an der Philharmonie in Paris beteiligt, ist verantwortlich für den kapriziösen Klang der Elbphilharmonie. Nakajima kümmerte sich um die Akustik in Montréal und Breslau, war auch bereits an der klanglichen Gestaltung des Saals in Luzern beteiligt. Toyota erregt mehr Aufsehen, viel Ahnung haben beide, in ihrer in den Spitzenbereichen überschaubaren Branche gilt der eine als Guru, der andere hat das Zeug dazu.

Bei einem Treffen in Breslau erzählte er, dass er dort die Akustik für den Saal ein Jahr vor dem Architekturentscheid designt habe. Wie so etwas funktionieren könne, erklärte er aber nicht. Erinnerlich ist jedenfalls, wie sehr sehr viele Musiker damals von dem Saal begeistert waren. Er kann zum Beispiel etwas, was die Philharmonie derzeit nicht kann: Die Musiker hören sich gegenseitig sehr gut, können ganz anders aufeinander reagieren.

Auch bei der Stiftung Neues Konzerthaus, die dieses große Bauvorhaben unterstützt, zeigt man sich angetan. "Damit ist eine sehr gute Voraussetzung geschaffen, dass das Konzerthaus mit seiner Akustik zum erstklassigen Ruf Münchens als bedeutende Musikstadt nachhaltig beitragen wird", sagte deren Vorstandsvorsitzender Georg Randlkofer. Das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks teilte mit, die Musikerinnen und Musiker des BRSO seien "überaus glücklich". Tateo Nakajima habe die jungen Konzertsäle in Montréal, São Paulo, Luzern und Breslau kreiert, "deren Akustik uns über alle Maßen beeindruckt und begeistert hat". Für das Münchner Publikum bedeutet das dann auch, dass es dem BRSO nicht mehr auf dessen Tourneen hinterherreisen muss, um es in einem der Qualität der Musiker adäquaten Ambiente zu hören.

Das BRSO wird im neuen Konzerthaus ein Erstbelegungsrecht haben. Sein Chefdirigent Mariss Jansons gehört außerdem ebenfalls zu denjenigen Menschen in München, die seit langem für eine neue Musikstätte kämpfen. Wann genau das neue Konzerthaus fertig sein wird und wie viel es genau kosten wird, ist noch unklar. Laut dem Bauministerium sind bisher aber schon an die 20 Fachplaner für verschiedenste Dinge unter Vertrag, etwa für die Bühnen-Medientechnik, die Tragwerksplanung, die technische Gebäudeausrichtung. Nun sollen die Architekten mit Arup die drei Säle planen. Der größte davon soll Platz bieten für etwa 1800 Zuhörer, der kleine ungefähr 600 Sitze umfassen. Außerdem soll die Hochschule für Musik und Theater einen eigenen Aufführungsort erhalten, die "Werkstatt" für etwa 200 Besucher. Im nächsten Jahr sollen die ersten Planungen dem Haushaltsausschuss im Landtag vorgelegt werden.

© SZ vom 12.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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