Bauprojekt in München:Simon Rattle drängt auf Fortsetzung der Konzerthaus-Planungen

Bauprojekt in München: Der britische Dirigent Sir Simon Rattle hofft weiter auf eine Realisierung des Konzerthauses in München.

Der britische Dirigent Sir Simon Rattle hofft weiter auf eine Realisierung des Konzerthauses in München.

(Foto: Astrid Ackermann/Bildextern)

Der künftige Chefdirigent des BR-Symphonieorchesters sieht im Konzerthaus im Werksviertel einen "zentralen Baustein" für das Musikleben in der Stadt - und verweist auf ein Gespräch mit Ministerpräsident Söder.

Von Heiner Effern, Susanne Hermanski und Sebastian Krass

Kommt das Konzerthaus im Münchner Werksviertel oder kommt es nicht? Sir Simon Rattle, künftiger Chefdirigent von Chor und Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks (BRSO), hofft darauf, dass die Planungen für den Neubau fortgesetzt werden. Nachdem Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung aus Kostengründen von dem Plan abgerückt war, veröffentlichte Rattle über den Bayerischen Rundfunk ein entsprechendes Statement. Auffallend daran: Es dauerte vier Tage, bis er es formuliert hatte. Als entsprechend politisch abgewogen muss man es wohl ansehen. Die offizielle Begründung für die Verzögerung: Der Brite befinde sich gerade in einer Klausur in Kalifornien und sei daher schwer zu erreichen gewesen.

Im Wortlaut erklärt Simon Rattle nun: "Ich möchte die Gedanken von Ministerpräsident Söder nicht gerne aus der Ferne interpretieren. Aus einem persönlichen Austausch mit ihm letztes Jahr weiß ich aber, dass wir viele ähnliche Vorstellungen darüber haben, wie das Musikleben in München und in Bayern in den nächsten Jahren aussehen könnte und sollte. Das Konzerthaus im Werksviertel schien uns dafür ein zentraler Baustein zu sein. Deshalb hoffe ich sehr, dass die Planungen für diese Investition in die Zukunft weitergehen."

So zurückhaltend diese Worte formuliert sind, so sehr nimmt Simon Rattle den Ministerpräsidenten damit doch persönlich beim Wort und spricht ihm einen gewissen Gestaltungswillen zu, was die Zukunft des Freistaats anbelangt. Immerhin.

Jährlich wird eine Erbpacht in Höhe von 592 000 Euro für das Grundstück fällig

Noch weniger offizielle Reaktion ist vom Grundbesitzer des Werksviertels Werner Eckart zu vernehmen. Josef Glasl, der sein persönlicher Sprecher und zudem Sprecher des gesamten "Werksviertels Mitte" ist, erklärt lediglich: "Ich darf Ihnen mitteilen, dass wir zu Baufortschritt und Baustatus kein Statement abgeben, da die Verantwortlichkeit hierfür in der Hand des Freistaats Bayern liegt."

Der Freistaat hat sich mit Eckart für die Pacht des Konzertsaal-Areals bereits 2016 auf ein "unbefristetes Erbbaurecht" verständigt. Der Vertrag läuft theoretisch unendlich weiter, jedoch enthält er eine Klausel, die alle 44 Jahre die Möglichkeit eröffnet, von Seiten des Freistaates ohne Angabe von Gründen zu kündigen. Aber eben wohl auch nur dann. Jährlich wird dafür eine Erbpacht in Höhe von 592 000 Euro fällig.

Dieses Geld fließt also unabhängig davon, was mit dem Areal passiert, an Eckart weiter. Gleichgültig dürfte er dessen Entwicklung dennoch nicht gegenüberstehen. Er hat das Konzerthaus stets als Herzstück des gesamten Viertels betrachtet. Der Unternehmer und Sohn des Pfanni-Gründers finanziert seit Anbeginn der Entwicklung dort ein eigenes Kulturprogramm. Ob der Freistaat andere Pläne auf dem Grundstück verwirklichen könnte oder Eckart seinerseits zurücktreten würde vom Vertrag, um eigene Projekte an dieser Stelle zu verwirklichen, falls das Konzerthaus wirklich scheitert, ist unklar.

Möglich wäre eine andere Bebauung. Das fragliche Grundstück hat planungsrechtlich die Kategorie "Kerngebiet" und ist somit für "zentrale Einrichtungen von Wirtschaft, Verwaltung oder Kultur" vorgesehen, wie ein Sprecher des städtischen Planungsreferats mitteilt. Auch eine "untergeordnete" Wohnnutzung sei möglich, und zwar vom ersten Obergeschoss an und bis zu einem Anteil von 30 Prozent der 17 500 Quadratmeter Geschossfläche, die gebaut werden dürfen. Das entspräche grob gerechnet etwa 50 Wohnungen.

Bauprojekt in München: Ein Leuchtturmprojekt: So war das neue Konzerthaus im Werksviertel am Münchner Ostbahnhof bisher geplant.

Ein Leuchtturmprojekt: So war das neue Konzerthaus im Werksviertel am Münchner Ostbahnhof bisher geplant.

(Foto: Visualisierung: bloomimages für cukrowicz nachbaur architekten zt gmbh)

Eigentlich gilt für den Baukörper eine Maximalhöhe von 26 Metern, was sechs bis sieben Geschossen entspricht, "für ein Konzerthaus gäbe es eine Ausnahme", so der Sprecher. Der Entwurf dafür sieht eine Höhe von mehr als 40 Metern oder zehn Geschossen vor. Offiziell ist das auch weiter die Arbeitsgrundlage: "Bei uns laufen die Planungen wie gewohnt weiter", sagt der Sprecher des Planungsreferats. Andere Überlegungen kenne man bisher nur aus den Medien.

Zu Wort gemeldet hat sich mittlerweile auch Bernd Redmann, der Präsident der Hochschule für Musik und Theater, die ebenfalls seit Jahren fest mit dem Entstehen des Konzerthauses plant. Es sei "ein Langzeitprojekt für kommende Generationen mit einer klaren inhaltlichen Vision: Hier kommt die künstlerische Exzellenz des BRSO mit der jungen Musikszene, mit innovativen Kunstformen und mit der Breitenkultur zusammen." Damit sei es kultureller Impulsgeber für ganz Bayern. Und Redmann macht indirekt ebenfalls klar, was mit einer Absage seiner Ansicht nach auf dem Spiel steht. Das Konzerthaus sei auch "Symbol einer selbstbewussten Gesellschaft, die in der Krise an ihre Zukunft glaubt".

Die Stadt will ihren Teil dazu beitragen, dass die Denkpause, die Söder den Konzerthausplänen verordnet hat, konstruktiv genutzt werden kann. Kulturbürgermeistern Katrin Habenschaden (Grüne), die auch Chefin des Aufsichtsrats des Kulturzentrums Gasteig ist, hat beim bayerischen Kulturminister Markus Blume (CSU) schon Ende vergangener Woche Bereitschaft für ein baldiges persönliches Gespräch signalisiert. Eine Reaktion gebe es bisher noch nicht, sagte Habenschaden.

Oberste Priorität habe für sie zu erörtern, ob und wie der Bedarf an Sälen auch ohne das Konzerthaus des Freistaats gedeckt werden könnte. "Wir haben hier zwei Orchester von Weltruf, und daneben gibt es auch noch private Veranstalter." Kultur solle nach der Corona-Krise keineswegs abgewürgt, sondern wieder zum Leben erweckt werden.

Die Kulturbürgermeisterin hat aber auch schon einige Optionen im Kopf, wie es weitergehen könnte, wenn der Freistaat und die Stadt künftig tatsächlich im Saalmanagement zusammenarbeiten wollten. Kooperation bedeute für sie dann "auch Kooperation in jede Richtung".

Die Stadt werde vorerst die Sanierung des Gasteig insbesondere die Rundumerneuerung des Konzertsaals wie geplant weiterverfolgen. Dass die veranschlagten 450 Millionen Euro dafür kaum reichen werden, zeichnet sich bereits ab. Sollte das Land bei den städtischen Sälen einsteigen und sich auch finanziell engagieren wollen, dürften sich im Gasteig genügend Ansatzpunkte finden. Doch nach dem ersten Gesprächsangebot will Habenschaden nun erstmal abwarten. "Der Freistaat hat den Ball angestupst, nun liegt er in seinem Feld."

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