Kommentar:Das Konzerthaus ist wichtig, gerade jetzt

Der neue Konzertsaal war immer als Leuchtturmprojekt konzipiert. Angesichts der Corona-Pandemie sind derlei besonders wichtig

Von Susanne Hermanski

Es ist gut, dass im Landtag gerade jetzt über eines der exponiertesten Bauprojekte Bayerns diskutiert wird: über das Münchner Konzerthaus. Auch wenn dabei viele neuralgische Punkte angesprochen werden - die beengte Lage des ausgeguckten Grundstücks etwa oder der Erbpachtvertrag, den der Freistaat mit dessen Besitzer abgeschlossen hat - es bleibt ein wichtiges Projekt. Nicht, weil es Kosten verursacht und derzeit alles Angst hat vor der ganz großen Pleite, die auf Corona folgen mag. Fehlt Geld nicht immer irgendwie? Sondern weil das Projekt bieten kann, was es in der Zeit nach der tiefen Erschütterung durch das Virus brauchen wird: den Glauben daran, dass es weiter geht mit echten Begegnungen, mit der Liebe zur Musik und ihrer heilenden Wirkung, mit der Hoffnung auf eine Zukunft, in der noch etwas anderes zählt, als Sportartikel-Hersteller und Fluglinien zu "retten".

Das Münchner Konzerthaus war immer als Leuchtturm gedacht. Weithin soll dieser künden vom Anspruch des Kulturstaats Bayern und der Bedeutung von dessen Landeshauptstadt für die Klassikwelt, die mit ihren vielen Spitzenorchestern einzigartig ist. Jetzt könnte dieses Konzerthaus noch eine ganz andere Funktion erfüllen: Es könnte als Zeichen dafür erstrahlen, wie schön es ist, etwas Miteinander aufzubauen, entgegen aller Widrigkeiten. Wer das zu pathetisch findet, hat nie gehört, wie Karl Richter seine Musiker im zertrümmerten Nachkriegs-München dirigierte. Und nie die Dokumentation gesehen, die - in schwarz-weiß - zeigt, wie die Münchner zur selben Zeit unter den Paukenschlägen von Liesl Karlstadt Groschen sammelten für den Wiederaufbau ihrer Oper.

Das Münchner Konzerthaus könnte ein moderner Leuchtturm der Gemeinsamkeit werden. Weithin sichtbar trotz seiner Lage. Nicht, weil man von ihm Abstand nehmen kann, wie etwa vom Festspielhaus in Bayreuth, das entrückt auf grünem Hügel thront. Sondern, weil es in einem jungen Viertel entstehen soll, das mitten ins quirlige Leben einer modernen, alle einbeziehenden Stadt eingebettet ist. Und weil man es am Ende auch noch - dank einer vernünftigen, nicht weggesparten Ausstattung - mit digitaler Technik bis in den letzten Winkel der Erde miterlebbar machen könnte.

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