Konzertkalender:Passionsmusik aus fünf Jahrhunderten

Konzertkalender: 2010 hatte ein Unbekannter diese Pietà, die wohl um 1370 geschaffen wurde, vor die Türe des Altomünsterer Museums gelegt - mit der Bitte um Restaurierung.

2010 hatte ein Unbekannter diese Pietà, die wohl um 1370 geschaffen wurde, vor die Türe des Altomünsterer Museums gelegt - mit der Bitte um Restaurierung.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Die Passionszeit hat nicht nur Johann Sebastian Bach zu musikalischen Meisterwerken angeregt. Ein Überblick über die wichtigsten Konzerte in München und Umgebung.

Von Harald Eggebrecht und Paul Schäufele

Chor und Orchester Bach Collegium München

Von den wohl fünf Passionsmusiken, die Johann Sebastian Bach geschrieben hat, haben nur zwei die Zeiten überlebt, die Johannes- und die Matthäus-Passion. Chor und Orchester des Bach Collegiums München, seit Jahrzehnten wohlerprobt in Passions-Aufführungen, bieten Karfreitag-Vormittag im Herkulessaal die früheste der Musiken Bachs zur Leidensgeschichte Jesu nach den vier Evangelien. Die Johannes-Passion wurde 1724 erstmals in der Leipziger Nikolaikirche aufgeführt. Neben dem Chor gibt es die Solisten, zuerst natürlich der erzählende Evangelist. Der Tenor Paul Schweinester singt nicht nur diese immer anspruchsvolle Partie, sondern auch noch die Tenorarien. Die Sopranarien bietet Katharina Ruckgaber, Terry Wey die Altpartien. Bach hatte für die Bassarien und die Jesusrolle nur eine Stimme angesetzt. Bei heutigen Präsentationen treten so gut wie immer zwei Sänger auf: Jochen Kupfer steht für die Bassarien, Johann Kristinsson gibt den Christus. Die Leitung des Ganzen hat Rubén Dubrovsky, der von der Saison 2023/24 an Chefdirigent des Gärtnerplatztheaters sein wird.

Chor & Orchester Bach Collegium München, Freitag, 15. April, 11 Uhr, Herkulessaal

Konzertkalender: Hansjörg Albrecht (vorne) leitet seit 2005 Bach-Chor und -Orchester.

Hansjörg Albrecht (vorne) leitet seit 2005 Bach-Chor und -Orchester.

(Foto: Johannes Rodach)

Münchener Bach-Chor und -Orchester

Die Matthäus-Passion ist Bachs umfangreichstes Werk: zwei Chöre, zwei Orchester, dazu neben den Solisten für Rezitative und Arien auch noch Rollen-Partien, etwa die Frau des Pilatus, zwei Mägde und tiefe Stimmen für Petrus, Judas, Pilatus und den Hohepriester. Schon daran erkennt man, dass Bach hier ein hochdramatisches Konzept verfolgt hat. Dementsprechend gibt es immer mal wieder plausible Projekte, die die Matthäus-Passion auf die Bühne bringen als opernhaftes Drama. Uraufgeführt wurde das Stück 1727 in der Thomaskirche. Auf die damalige Empore passten rund vierzig Musiker. Mit ihrer Wiederentdeckung und -aufführung durch Felix Mendelssohn Bartholdy in einer allerdings gekürzten Version wurde die Matthäus-Passion zum Portalwerk der darauf einsetzenden Bachrezeption, die bis heute anhält. Der Münchener Bach-Chor, einst von Karl Richter gegründet und seitdem weltweit gefeiert, und das Bach-Orchester werden seit 2005 von Hansjörg Albrecht geleitet. Die Orientierung an der historisch informierten Aufführungspraxis hat inzwischen nahezu alle Chöre und Ensembles erreicht. Die Zeiten, da die Matthäus-Passion mit riesigen Chören und Orchestermassen zu einer schwerfüßigen Haupt- und Staatsaktion geriet, sind glücklicherweise vorbei. In der Isarphilharmonie singen dazu am frühen Nachmittag des Karfreitag die Solisten Carolina Ulrich, Sopran, Gerhild Romberger, Alt, Steve Davislim, Tenor, Klaus Häger und Johannes Stammler, Bass. Die zentrale Partie des Evangelisten übernimmt Daniel Behle.

Münchener Bach-Chor und Münchener Bach-Orchester, Freitag, 15. April, 14 Uhr, Isarphilharmonie

Konzertkalender: 1970 hat Philippe Herreweghe das Collegium Vocale Gent gegründet.

1970 hat Philippe Herreweghe das Collegium Vocale Gent gegründet.

(Foto: Michiel Hendryckx)

Collegium Vocale Gent

Philippe Herreweghe gründete 1970 sein Collegium Vocale in Gent und hat es zu einem der weltweit führenden Chöre nicht nur für Barockmusik im Sinne der historischen Aufführungspraxis entwickelt. Unter anderem hat er mit seinem Chor alle Kantaten Bachs eingespielt. Auch andere Größen der Alten Musik wie Gustav Leonhardt, Ton Koopman oder Nikolaus Harnoncourt haben mit diesem Ensemble gearbeitet. Herreweghe dirigiert in der Isarphilharmonie am Karfreitagsabend die Matthäus-Passion. Herreweghe verfolgt zweifellos ein musikdramatisches Projekt, denn für alle Solopartien hat er zweifache Besetzungen vorgesehen: Die Sopranarien singen Dorothy Mields und Grace Davidson. Für die Altarien treten zwei Countertenöre auf, Tim Mead und James Hall. Auch für die Tenor- und Bassrollen gibt es hier je zwei Sänger: Samuel Boden und Guy Cutting sowie Peter Kooij und Tobias Berndt. Den Evangelisten, die wichtigste Partie des ganzen Werkes, weil er nach Chorälen und Arien immer wieder den Erzählfaden der Geschichte aufnehmen weiterspinnen muss, bis wieder eine Arie oder ein Choral das unerhörte Geschehen unterbricht und gleichsam über das Geschehen nachsinnt oder sich zu beruhigen versucht, bietet hier Reinoud van Mechelen, für die Christuspartie ist Konstantin Krimmel zuständig.

Collegium Vocale Gent, Freitag, 15. April, 19 Uhr, Isarphilharmonie

Konzertkalender: Sänger Thomas Gropper formte die Arcis-Vocalisten zu einem herausragenden Ensemble.

Sänger Thomas Gropper formte die Arcis-Vocalisten zu einem herausragenden Ensemble.

(Foto: Daniel Delang)

Arcis-Vocalisten München & Barockorchester L'Arpa festante

Die Arcis-Vocalisten hat der Sänger Thomas Gropper 2005 gegründet und ein hochklassiges Ensemble aus ihnen geformt, dessen Repertoire vom Frühbarock bis in Moderne reicht. Das Kammerorchester L'Arpa festante , 1983 gegründet, spielt auf historischen Instrumenten, also wird die Aufführung der Johannes-Passion am Karfreitagsabend im Prinzregententheater unter Thomas Gropper historisch informiert klingen. Weil die Quellenlage bei der Johannes-Passion nicht eindeutig ist - es gibt mehrere Versionen, von denen keine eine Endgültigkeit beanspruchen kann -, wird meist eine Mischung aus den Fassungen von 1730 und 1749 dargeboten. Das zeigt, dass zu Bachs Zeiten durchaus pragmatisch je nach Bedarf und jeweiligen Aufführungsbedingungen verfahren wurde. Also können die Ausführenden gewissermaßen auch ihre eigene Johannes-Passions-Fassung schaffen. Als Solisten treten Judith Spiesser, Sopran; Regine Jurda, Alt; Mattias Horn, Bass, auf. Martin Petzold singt nicht nur den Evangelisten, sondern auch die übrigen Tenorarien, ganz so, wie es Bach einst vorsah.

Arcis-Vocalisten & L'Arpa festante, Freitag, 15. April, 19 Uhr, Prinzregententheater

Bachchor Fürstenfeldbruck

Nach zwei Jahren fast völligen Stillschweigens meldet sich der Bach-Chor Fürstenfeldbruck musikalisch zurück. Das traditionsreiche Vokalensemble führt in einem Karfreitagskonzert die Johannes-Passion Johann Sebastian Bachs auf. Begleitet wird der in den Fünfzigerjahren gegründete Chor vom Bach-Orchester der Stadt. Das kundige Dirigat der Chorleitungs-Größe Gerd Guglhör, der Chor und Orchester seit fast dreißig Jahren seinen klanglichen Schliff gibt, und eine ausgewählte Solisten-Riege (unter anderem Christian Zenker als Evangelist) versprechen eine packende Interpretation der barocken Passionskomposition. Für das Konzert im Stadtsaal des Veranstaltungsforums Fürstenfeldbruck sind Karten zu 27 und 34 Euro (Ermäßigung zu 50 Prozent für Schüler und Studierende) erhältlich beim Kartenservice Fürstenfeld oder unter www.fuerstenfeld.reservix.de.

Bach-Chor und Bach-Orchester Fürstenfeldbruck, Freitag, 15. April, 19 Uhr, Veranstaltungsforum Fürstenfeldbruck, Infos unter https://bco-ffb.de/konzerte

Madrigalchor der Münchner Musikhochschule

Die Passionszeit hat nicht nur Johann Sebastian Bach zu musikalischen Meisterwerken angeregt. Ein eindrucksvolles Programm mit großem historischem Rahmen stellt deshalb der Madrigalchor der Münchner Musikhochschule vor. Im Freisinger Mariendom wird der Chor gemeinsam mit "Chiave" - einem mehrfach preisgekrönten Vokalensemble, bestehend aus sechs jungen Sängerinnen - vokale Passionsmusik aus fünf Jahrhunderten präsentieren. Unter Leitung von Martin Steidler erklingen Werke wie die Motette "O vos omnes" des italienischen Renaissance-Meisters Carlo Gesualdo oder die harmonisch nicht weniger farbenreichen "Quatre motets pour un temps de pénitence", vier Motetten für die Bußzeit, mit denen der französische Komponist Francis Poulenc auf ingeniöse Weise 1938 seinen eigenen Stil des sakralen Komponierens verfeinerte. Tickets zu 10 und 15 Euro im Vorverkauf der Touristinformation Freising und im Freisinger Marstall.

Madrigalchor der Münchner Musikhochschule, So., 3. April, 17 Uhr, Freisinger Mariendom, Infos unter https://veranstaltungen-tourismus.freising.de/freising

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