Kurzkritik:Leidenschaftlich

Das Trio Hemsing, Müller-Schott & Stadtfeld im Herkulessaal.

Von Harald Eggebrecht

Peter Tschaikowsky mochte die Gattung Trio, also Klavier - Violine - Violoncello, nicht sehr: "Wohl infolge der Beschaffenheit meiner Hörorgane vertrage ich die Verbindung von Klavier, Geige und Cello nicht. Mir scheint, dass diese Klangfarben nicht miteinander harmonieren...", heißt es in einem Brief an seine Gönnerin Nadeshda von Meck. Und doch hat er für den verstorbenen Freund, den Pianisten, Komponisten und Pädagogen Nikolai Rubinstein 1881/82 zu dessen Gedenken ausgerechnet ein ausladendes Trio geschrieben, eine Art Symphonie als Kammermusik. Diesen symphonischen Charakter setzten Eldbjørg Hemsing, Violine, Daniel Müller-Schott, Violoncello, und Martin Stadtfeld, Klavier, im Herkulessaal mit furioser Energie, virtuoser Hingabe und packender Leidenschaft geradezu erschöpfend um. Die drei befeuerten sich gegenseitig und warfen sich lustvoll in die elegischen Ausdruckskurven des 1. Satzes genauso wie sie die Variationen des 2. Satzes in ihrer Vielgestaltigkeit raffiniert auskosteten: ein mitreißender Prozess instrumentaler Meisterschaft und weit gespannter Ausdruckskraft.

Das zeigte sich schon bei Ludwig van Beethovens op.70, 1, dem "Geistertrio". Hier herrschte der Geist des Plötzlichen, Unvorhergesehenen, die Freude am überraschend durchbrochenen Trialog, die Beschwörung des Bedrohlichen und der Witz an rhythmischen Finessen. Das muss daher trockner, knapper, gefasster klingen als die emotionalen Riesenbögen Tschaikowskys, ohne an reaktionsschneller Intensität einzubüßen. Auch hier waren die drei solistisch wie kammermusikalisch auf der Höhe des Geschehens. Edvard Griegs Andante con moto, der einzige Satz eines unvollendeten Trios, erwies sich als hingebungsvoll ausgesungene Elegie. Hemsing ließ ihre Stradivari ob in der Tiefe oder bei den Spitzentönen unverstellt klar leuchten, Müller-Schott antwortete mit dem Wärmestrom seines Goffriller-Cellos, während Stadtfeld souverän der dritte in diesem grandiosen Bunde war. Großer Dankesbeifall.

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