Kritik:Lächelnder Grübler

Beim Konzert von Arcadi Volodos im Prinzregententheater fühlt sich das Publikum wie eine Gruppe von Auserwählten.

Von Reinhard Brembeck

Arcadi Volodos liebt es intim. Also lässt er das Prinzregententheater abdunkeln, nur zwei Scheinwerfer sind auf den markanten Mann mit schwarzer Hose und schwarzem Hemd gerichtet, der den handelsüblichen Klavierhocker verweigert, stattdessen auf einem Stuhl mit Rückenlehne bequem Platz nimmt. Die Besucher sollen sich wie daheim fühlen, oder wie enge Freunde dieses Pianisten, die er eingeladen hat, um ihnen zwanglos ein bisschen etwas vorzuspielen. Volodos verweigert mit Charme die Rolle des Virtuosenzampanos, die er doch so gut könnte, kaum einer weiß wie er, derart volltönend unangestrengt Schnellgängiges hinzufetzen, es macht ihm sichtlich Spaß.

Aber Volodos ist immer auch ein ganz anderer, ein Sucher, ein Grübler, ein Spiritueller. Vor zehn Jahren entdeckte er den katalanischen Geistesverwandten Federico Mompou, dessen auch für Klavierdilettanten spielbaren Stücke widmete er eine ganze CD. Mompou meditiert mit dem Klavier, gerade in seinem Hauptwerk "Música callada". "Schweigende Musik" ist eine Formulierung des San Juan de la Cruz in seinem "Cántico espiritual", sie trifft im Kern die von lustvoll gelebten Widersprüchen geprägte Haltung von Arcadi Volodos zur Musik. Volodos ist in der Entäußerung intim, er sucht im wilden Rauschen von Franz Liszts zweiter Ballade, Alexander Skrjabins Zehnter Sonate und "Vers la flamme" die Stille, er macht hinter Mompous Schlichtheit die Sphärenmusik hörbar und vermittelt die Einsamkeit, der Pianisten selbst vor Tausenden von Zuschauern nicht entkommen, als eine tröstliche Gemeinschaftserfahrung all jener, die mit ihm zum Musik hören zusammen gekommen sind. So wird das Publikum bei diesem Pianisten zu einer heiteren Gemeinde von Auserwählten: Welch großes Glück!

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