Politik in MünchenVolt eröffnet den Kommunalwahlkampf 2026

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Felix Sproll tritt für Volt bei der kommenden Kommunalwahl als OB-Kandidat an.
Felix Sproll tritt für Volt bei der kommenden Kommunalwahl als OB-Kandidat an. (Foto: Robert Haas)

Die junge Paneuropa-Partei hat als erste ihre Kandidatenliste zusammengestellt und geht mit eigenem OB-Kandidaten ins Rennen.

Von Joachim Mölter

Nach der Wahl ist vor der Wahl: Dem kurzen Winterwahlkampf um die Besetzung des Bundestags folgt nun in München ein langer Ganzjahreswahlkampf um die Zusammensetzung des nächsten Stadtrats. Darüber wird zwar erst am 8. März 2026 abgestimmt, in etwas mehr als einem Jahr also. Trotzdem: „Wir fangen quasi morgen mit dem Wahlkampf an“, verkündete am Samstag Tim Scharf, der Co-Vorsitzende des Münchner Kreisverbands von Volt. Die Partei stellte an diesem Tag im Neuhauser Kulturzentrum Trafo bereits ihre Kandidatenliste für den Stadtrat auf, mitsamt einem Bewerber um das Amt des Oberbürgermeisters: Felix Sproll, 32, selbständiger Finanzberater und aktuell einziger Volt-Vertreter im Stadtrat.

Bei der Wahl des OB-Kandidaten seiner Partei bekam Sproll 57 der 61 abgegebenen Stimmen. „Auch wenn es nicht garantiert ist, dass ich Oberbürgermeister werde, bin ich überzeugt, dass wir eine eigene Fraktion bilden können“, sagte er nach seiner Kür. Damit formulierte er auch schon ein Wahlziel seiner Partei: Für eine eigene Fraktion im 80-köpfigen Münchner Stadtrat sind vier Mitglieder notwendig. 2020 reichte es für Volt mit 1,8 Prozent der Stimmen zu einem Sitz – für die erst im März 2017 gegründete Partei immerhin ein Achtungserfolg.

Nun will Volt mehr. Ziel sei auch, so erklärte Sproll weiter, Regierungsverantwortung zu übernehmen und die Stadt mitzugestalten. Abgesehen von den Parteien an den Rändern des politischen Spektrums habe Volt jedenfalls Anknüpfungspunkte zu allen anderen: bei der Stärkung der Wirtschaft zur CSU, in Sachen Verkehrswende zu den Grünen, beim Thema Wohnen zur SPD, bei der Digitalisierung zur FDP. „Wir können mit allen reden. Von vornherein eine Koalition auszuschließen, wie es gerade auf Bundesebene geschehen ist, finde ich falsch“, sagte Alexandra Lang, Spitzenkandidatin von Volt Bayern bei der Bundestagswahl und am Samstag auf Platz vier der Stadtratsliste gewählt.

Schon wieder an der Wahlurne, nur geht es dieses Mal um ein kommunales statt um ein bundesweites Amt: Alexandra Lang
Schon wieder an der Wahlurne, nur geht es dieses Mal um ein kommunales statt um ein bundesweites Amt: Alexandra Lang (Foto: Robert Haas)

Dort wurde der OB-Kandidat Felix Sproll auch auf den ersten Platz gesetzt. Unter einem Dutzend Bewerbungen setzte er sich gleich im ersten Wahlgang durch: 44 von 59 Stimmen entfielen auf ihn, rund 75 Prozent. Aus paritätischen Gründen wurde Platz zwei der Volt-Liste dann mit einer Frau besetzt. Dabei gewann die Co-Vorsitzende des Kreisverbands Carina Bachner die Stichwahl gegen Alexandra Lang knapp mit 31 von 57 gültigen Stimmen. Dahinter rangieren Michael von Stosch, Alexandra Lang, Tim Scharf und Katharina Brinck auf den weiteren Plätzen, die Volt-intern als aussichtsreich eingestuft werden.

Den Optimismus, in einem Jahr auf vier oder sogar mehr Sitze zu kommen, schöpfen sie bei Volt aus verschiedenen Parametern, unter anderem dem Ergebnis der Europawahl 2024: Da bekam die paneuropäisch ausgerichtete Partei in München beachtliche 5,8 Prozent der Stimmen. „Bei Wahlen ohne Fünf-Prozent-Hürde tun wir uns leichter“, da werde nicht so taktisch abgestimmt, erklärte Sproll. Zudem habe sich im Vergleich zur Aufstellungsversammlung vor der letzten Kommunalwahl die Mitgliederzahl in München vervierfacht, von 110 auf aktuell 463. „Das prozentuale Wachstum stimmt“, sagte Sproll launig.

Volt ist zwar die erste Partei, die eine komplette Kandidatenliste für die Stadtratswahl 2026 zusammengestellt hat, aber Felix Sproll ist nicht der erste OB-Kandidat, der von hiesigen Partei-Verbänden präsentiert worden ist. Die Nummer eins war Clemens Baumgärtner, der bereits im Juli 2024 von der CSU ins Rennen geschickt wurde. Der 48-Jährige ist am Wochenende aus dem Amt des städtischen Wirtschaftsreferenten ausgeschieden; er muss also ohne Amt und Würden um die Gunst der Wähler kämpfen und sich als eine Art freier Radikaler immer wieder in Erinnerung bringen.

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SZ PlusVon Heiner Effern

Kurz vor Weihnachten folgten dann die Grünen, die den Zweiten Bürgermeister Dominik Krause als Herausforderer des Amtsinhabers Dieter Reiter (SPD) nominierten. Der 34 Jahre alte Krause kann sich den Wählerinnen und Wählern also aus dem Amt heraus empfehlen. Das könnte auch Reiter. Der 66-Jährige hat seinen Willen zum Weitermachen bereits mehrmals kundgetan, ist von der SPD formal aber noch nicht bestätigt worden. Mit der Aufstellung ihrer Kandidaten für die Kommunalwahl will sich die Partei Zeit lassen bis zum Herbst.

Man darf gespannt sein, wie es bis dahin mit der Fraktionsgemeinschaft von SPD und Volt im Stadtrat weitergeht. Felix Sproll hatte sich nach seinem Einzug ins Rathaus den Reihen der Sozialdemokraten angeschlossen. Die Kolleginnen und Kollegen hat er bereits im November über seine Absichten und Ambitionen informiert. Es sei alles abgesprochen, gebe derzeit keine Probleme, versicherte Sproll am Samstag. Er vermutet aber auch: „Spätestens ab Sommer wird alles sehr wahlkampflastig werden im Stadtrat, dann wird man weitersehen.“

Aus den Reihen der SPD ist zu hören, es sei noch offen, ob die Fraktionsgemeinschaft nach Sprolls Nominierung zum OB-Kandidaten bestehen bleibe. Einige Genossen hätten wenig Lust, künftig jede interne Diskussion unter Beisein einer konkurrierenden Partei und ihres Spitzenkandidaten zu führen, hieß es.

Seine Bewerbungsrede um die OB-Kandidatur nutzte Sproll angesichts des Washingtoner Eklats vom Vortag, um zu erinnern, dass Volt einst nicht nur als Reaktion auf den EU-Austritt Großbritanniens gegründet wurde, sondern auch auf die erste Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten. Sproll plädierte für ein stärkeres Engagement Europas zugunsten der Ukraine, einen stärkeren Zusammenhalt des Kontinents. Am Freitag habe man gesehen: „Wenn wir uns auf die jetzige US-Regierung verlassen, sind wir verlassen.“

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