Süddeutsche Zeitung

Kritik am Wahlkampf:CSU-Kreisverband rechnet mit OB-Kandidatin Frank ab

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Von Heiner Effern

In der CSU nimmt die Kritik an der Strategie und am Ergebnis der Kommunalwahl Fahrt auf. Nach den harschen Vorwürfen der Jungen Union liegt der Parteispitze auch ein Papier aus dem Kreisverband Mitte vor, das zwar im Ton gemäßigter, in der Sache aber hart mit der Kampagne, der Oberbürgermeister-Kandidatin Kristina Frank und auch mit dem Bezirksvorsitzenden Ludwig Spaenle ins Gericht geht. Die Nominierung für die OB-Wahl solle künftig "unabhängig vom Geschlecht ausgerichtet werden und sich mehr an den realistischen Wahlchancen als an der individuellen Machtsicherung beziehungsweise dem mittelbaren Profit einzelner Akteure orientieren", heißt es in der Analyse.

In diesem Satz stecken gleich mehrere Attacken. Zum einen unterstellt er, dass die CSU nicht strategisch entschieden hat, wer für das OB-Amt kandidieren soll, sondern unbedingt das erste Mal eine Frau präsentieren wollte. Zudem werden die politischen Qualitäten von Frank offenbar nicht besonders geschätzt, wenn sie zur weiblichen Zähl-Kandidatin degradiert wird. Nicht zuletzt zielt der Satz auf den Münchner Parteichef Spaenle. Er musste in der Zeit der Kandidatensuche und Nominierung eine politische Krise durchmachen, im Herbst 2018 flog er aus dem Landtag. Eine Frau als OB-Kandidatin sei der Versuch gewesen, seine politisch schwindende Machtbasis und seinen Job als Bezirksvorsitzender zu retten, wird in dem Papier angedeutet. Spaenle wurde 2019 dann auch für zwei weitere Jahre im Amt bestätigt.

Die CSU hat bei der Wahl 7,8 Prozent und sechs Sitze im Vergleich zu 2014 verloren. Frank schaffte es knapp in die Stichwahl und kam dort auf 28,3 Prozent. Die drei offiziellen Wahlziele, Sieg bei der OB-Wahl, stärkste Fraktion und ein Ergebnis, das ein Regierungsbündnis ohne CSU nicht zulässt, wurden alle verfehlt. Die JU hatte dies am Mittwoch hart kritisiert, schonungslose Aufarbeitung statt Schönrednerei gefordert und gleich begonnen. Die Kampagne mit dem Slogan "Wieder München werden" wurde als rückwärtsgewandt angeprangert. "Altbackener Wahlkampf, unauthentische Spitzenkandidatin - das ist das Rezept für den kommunalpolitischen Abstieg der Münchner CSU", erklärte der Vorsitzende Michael Daniel.

Er wurde besonders für seinen Ton und die öffentliche Kritik von der Parteispitze herb angegangen. Zudem stellte sie ihn als Einzelgänger auch in der JU hin. Daniel nahm das gelassen. Er erlebe "großen Zuspruch aus der gesamten Partei", sagte er.

Der Kreisverband Mitte scheint die Kritik zu teilen, will aber intern abrechnen. Der Vorsitzende Hans Theiss sagt nur, dass er sich zu internen Vorgängen öffentlich nicht äußere. Doch sein Verband geht auch deutlich auf Distanz zur bisherigen Wahlanalyse der Münchner Parteispitze. Diese hält das Ergebnis angesichts der Ausgangslage für "respektabel".

Die JU hatte es als "katastrophal" bezeichnet, der Kreisverband Mitte nennt es "peinlich und nicht akzeptabel". Unterlegt wird dies mit einer historischen Einordnung. Das OB-Wahlergebnis sei das schlechteste seit 1966, bei der Stadtratswahl müsse man bis 1952 zurückgehen, um weniger Zustimmung für die CSU zu finden. Fehler der Kampagne hätten verhindert werden können, wenn man auf breiterer Basis nicht nur informiert, sondern auch diskutiert hätte.

Auch aus dem Bezirksvorstand ist diese Kritik zu hören. Ein "Küchenkabinett" um Spaenle, seine Vizes Georg Eisenreich und Josef Schmid, die Kandidatin Frank und Bürgermeister Manuel Pretzl sowie Wahlkampfleiter Hans Hammer habe im Alleingang die Entscheidungen getroffen, sagte ein Mitglied. Eisenreich wies dies zurück. Es habe gegolten, das Maß zu finden zwischen Einbindung der Basis und Effizienz, sagte er. In einer Telefonschalte am Mittwochabend vereinbarten die Parteispitze und die mächtigen Kreisvorsitzenden eine Klausur, in der die Wahl aufgearbeitet werden soll. "Wir haben dieses Verfahren beschlossen und werden danach auch im Bezirksvorstand eine ausführliche Bewertung vornehmen", sagte Spaenle.

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SZ vom 03.04.2020
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