Kommunalwahl in München:Die CSU hofft auf den "Boost"

Verleihung Karl-Valentin-Orden

Kristina Frank und Markus Söder bei der Verleihung des Karl-Valentin-Ordens im Februar.

(Foto: dpa)

Markus Söder legt sich als Chef der CSU demonstrativ für OB-Kandidatin Kristina Frank ins Zeug. Er bescheinigt ihr, eine große Zukunft vor sich zu haben - ob als Oberbürgermeisterin oder "wer weiß, wo sonst noch".

Von Heiner Effern

München ist cool, soll aber noch cooler werden. Genauer: die coolste Stadt Deutschlands. So sieht es CSU-Chef Markus Söder. Sorgen dafür soll seine eigene Partei, mit nichts weniger als einem "Boost". So drückt es Söders Generalsekretär Markus Blume aus. Dabei blieb offen, ob der Turbo-Schub die OB-Kandidatin Kristina Frank ins Rathaus schießen soll oder ob sie selbst dieser Boost ist, der dann München abheben lässt. Wichtig war nur eine Botschaft: Die CSU möchte und soll bei der Kommunalwahl gewinnen, und dafür will auch die Landespartei ihren Teil beitragen. Mit warmen Worten, einer München-Offensive, zusätzlichen Plakaten und beklebten Litfasssäulen.

Um dies zu verkünden, hatte Söder in die Landeszentrale geladen. Mit ihm am Tisch saßen drei aus der Münchner CSU, die im Freistaat und in der Stadt etwas zu sagen haben: Justizminister Georg Eisenreich, Generalsekretär Blume und Bezirkschef Ludwig Spaenle. Sie alle waren gekommen, um den Wahlkampf noch mal richtig zu zünden und sich für ihre Kandidatin ins Zeug zu legen. Ein Zeichen nach außen, aber auch nach innen. Die CSU-Kampagne mit dem Slogan "Wieder München werden" finden auch manche in der eigenen Partei rückwärtsgewandt. Söder soll den Spruch intern auch nicht gerade als Mega-Boost empfunden haben. Also zeigten im ersten Stock der Landeszentrale nun alle demonstrativ Zufriedenheit, auch der Parteichef. Was ihm an der Kampagne gefalle? Alles. Die Plakate. Die Kandidatin.

Die dankte dem "lieben Markus" nicht nur mit Worten, sondern auch mit einem recht coolen Auftritt. Geschliffen erklärte sie auf Nachfrage, wie sie das Wohnungsproblem in den Griff bekommen will. Etwa 100 000 Menschen mehr könnten innerhalb des Mittleren Rings wohnen, wenn man die Gebäude dort um zwei Stockwerke wachsen lasse, rechnet sie vor. Draußen in den Gartenstädten soll es grün bleiben, dafür sollen etwa Parkplätze, Ausfallstraßen oder die S-Bahn-Stammstrecke überbaut werden, wo es möglich sei.

Auf Wunsch liefert Frank auch einen Angriff auf Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD). Diesem fehlten ein Gesamtplan für München, jegliche Vision und auch die Tatkraft. Er nehme "die Ängste und Sorgen der Bürger nicht mehr Ernst genug", sagte Frank und lieferte eine Erklärung aus ihrer Sicht mit: "Reiter ist länger in der Stadtverwaltung, als ich alt bin." Die wöchentliche Besprechung der Stadt-Minister dauere oft weniger lang, als sie für ihren Weg vom Roßmarkt hinüber ins Rathaus brauche. Was auch daran liegen könnte, dass der OB öfter mal nicht dabei sei.

Als Söder einen Hänger hat, springt ihm Frank bei. Wo München schon richtig cool sei, wurde er gefragt. Als die angemessene Nachdenkzeit abgelaufen und ein Scherz zur Überbrückung verbraucht war, nannte Frank das Surfen im Eisbach und bekam sogar eine Verbindung mit dem Ur-CSU-Thema Sicherheit hin. Sie finde es cool, sagte sie, dass man als junge Frau in München nach dem Feiern auch mitten in der Nacht alleine und ohne Angst heimgehen könne.

Söder gestikuliert immer wieder, wenn Frank Stellung nimmt, zufrieden in Richtung CSU-Truppe. Im Gegensatz zu Generalsekretär Blume ("Wir spielen nicht auf Platz, sondern auf Sieg.") lässt der Parteichef durchblicken, wie er die Lage in München tatsächlich einschätzt. Der "extreme Zuzug" mache Wahlen gerade in Großstädten unberechenbar, sagte Söder. An Frank gerichtet: "Ich bin übrigens der festen Überzeugung, dass du noch eine große Zukunft vor dir hast. Vielleicht jetzt als Oberbürgermeisterin, das entscheiden die Wählerinnen und Wähler, aber wer weiß, wo sonst noch."

Wer will, kann herauslesen, dass Söder den Kampf ums Rathaus als zumindest schwierig sieht - nicht wegen, sondern trotz Frank. Sie sei "eine der begabtesten Nachwuchshoffnungen" der CSU, sagte er. Das klang wie eine Lebensversicherung für eine Kandidatin, die angesichts des engen Rennens mit SPD und Grünen schon vor der Stichwahl rausfliegen könnte - und dann in der eigenen Partei mit einem Scherbengericht rechnen müsste.

Andererseits, viel mitgebracht hat Söder nicht bei seiner zweiten München-Offensive. Die erste startete er kurz vor der Landtagswahl 2018 - seine Partei konnte das in München aber nicht retten. Sie verlor fünf Direktmandate und die Stadthoheit an die Grünen. Nun verspricht Söder: der Freistaat werde bei der S-Bahn das marode Stellwerk am Ostbahnhof schneller ersetzen als geplant und den Takt erhöhen; auch Studenten sollen bald das 365-Euro-Ticket für den Nahverkehr bekommen. Dazu müssten mehr Kitas und mit ihnen auch Erzieher nach München kommen.

Fürs Wohnen müsse man ästhetisch und ökologisch bauen, das Land werde Pilotprojekte fördern. Mit in die Offensive packte er die angekündigte Verwaltungsreform, München zu einem eigenen Regierungsbezirk zu machen. Die Stadt solle "Premium-Partner" des Freistaats werden. Am besten mit der CSU an der Regierung. Sonst falle München "zurück in alte Muster". Möglicherweise sogar rot-grüne.

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