Prozess um Drogenskandal:"Stockbesoffen und zugekokst" zum Polizeidienst

Drogenskandal im Münchner Polizeipräsidium - Prozessauftakt

Die Aussagen, die Fritz F. am ersten Verhandlungstag gemacht hat, decken sich so gar nicht mit den Angaben des Kronzeugen. Der erzählt am zweiten Verhandlungstag, dass F. binnen eines Jahres "mindestens 100 Gramm Kokain" bei ihm gekauft habe.

(Foto: dpa)

Im Prozess um den Drogenskandal bei der Münchner Polizei weichen die Aussagen des Kronzeugen zum Teil deutlich von den Äußerungen des Angeklagten ab. Der Kokainhändler will von internen Informationen profitiert haben.

Von Susi Wimmer

"Ha, ha", lacht der Kronzeuge demonstrativ laut. Und dann nochmal: "Ha, ha. Muss ich noch was dazu sagen?" Gerade hat Staatsanwalt Jakob Schmidkonz den ehemaligen Drogendealer nach den Koks-Gewohnheiten des angeklagten Polizisten Fritz F. gefragt. Die Aussagen, die F. am ersten Verhandlungstag gemacht hat, decken sich so gar nicht mit den Angaben des Zeugen. Der erzählt am zweiten Verhandlungstag vor dem Amtsgericht, dass F. binnen eines Jahres "mindestens 100 Gramm Kokain" bei ihm gekauft habe. Er schildert, wie F. "stockbesoffen und zugekokst" aus der Milchbar zum Dienst gefahren sei, wie F. in Uniform während einer Streifenfahrt in seiner Tiefgarage vom Dienstausweis der Polizei "eine Nase zog", während der Kollege oben im Streifenwagen gewartet habe, und wie er F. in seinem Ferrari zur Schicht auf das Revier in Neuhausen chauffiert habe.

Den ganzen Vormittag über hatte der 28-jährige Polizist am ersten Prozesstag geschluchzt und versichert, dass er Dienst und Koks immer streng getrennt habe, dass die Situation in der Tiefgarage mit dem Dienstausweis "nie so passiert" sei, dass er jede freie Minute in seiner Heimat bei Freundin und Kind verbracht habe. Stefan H. (Name geändert), ehemaliger Koksgroßdealer, macht da eine ganz andere Rechnung auf. Etwa Ende 2016 sei ihm F. von einem anderen Polizisten in der Milchbar vorgestellt worden. "Ich gehe schwer davon aus, dass wir schon am ersten Abend gekokst haben", sagt der Zeuge . "Ab diesem Zeitpunkt war er mein Stammkunde und hat bei jeder Gelegenheit gekauft."

Die Verteidigung hält die Ermittlungsakte für unvollständig

Mindestens zwei Gramm bei jedem Deal habe der Polizist genommen, sagt H. Und es sei darüber geredet worden, dass er das Koks für mehr Geld an seine Polizeikollegen weiterverkauft habe, "damit er auf seine Kosten kommt". Als "Zuckerl" habe es für den Dealer schon mal telefonische Infos gegeben, wenn der mit Drogen im Auto in der Stadt unterwegs gewesen sei: "Ja, die Dachauer Straße kannst du fahren, da ist keine Polizeikontrolle", soll F. ihm verraten haben.

Zu Beginn des zweiten Prozesstages stellte Verteidigerin Stefanie Lajtkep den Antrag, dass alle Akten aus den Prozessen rund um den Koksskandal bei der Münchner Polizei beigezogen werden müssten, da ihre Ermittlungsakte unvollständig sei. Aufgrund der Fülle des Materials beantragte sie die Aussetzung des Verfahrens. Das Gericht wollte über den Antrag erst am Ende des Verhandlungstages befinden.

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