Demo auf dem Königsplatz:"Nimm deine Panzer und fahr heim, Putin!"

Demo auf dem Königsplatz: 45000 Menschen kamen zusammen, um Zeichen zu setzen gegen das Morden in der Ukraine.

45000 Menschen kamen zusammen, um Zeichen zu setzen gegen das Morden in der Ukraine.

(Foto: Stephan Rumpf)

Nachdenklich, kämpferisch, zornig: Bei der überparteilichen Solidaritätskundgebung auf dem Königsplatz wird der vom russischen Präsidenten befohlene Angriffskrieg auf die Ukraine vielstimmig kritisiert.

Der Königsplatz hat eine bewegte Geschichte. Anfang des 19. Jahrhunderts angelegt, bot er schon häufig die Kulisse für Kundgebungen. An diesem Mittwoch versammelten sich dort 45 000 Menschen, um gegen den vom russischen Präsidenten Wladimir Putin befohlenen Angriffskrieg gegen die Ukraine zu demonstrieren. Die Veranstaltung hatte die Bayern-SPD initiiert, doch es traten Rednerinnen und Redner vieler Parteien und gesellschaftlich relevanter Gruppen auf. Was sie zu sagen hatten, führte die Breite des Protestes vor - und das Erschrecken über die Eskalation. Eine Dokumentation zentraler Aussagen:

Demo auf dem Königsplatz: Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter bei der Demo auf dem Königsplatz.

Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter bei der Demo auf dem Königsplatz.

(Foto: Stephan Rumpf)

Dieter Reiter (SPD), Oberbürgermeister von München: "Die schlimmsten Befürchtungen sind wahr geworden, Russland führt einen offenen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Ich bin fassungslos über diesen barbarischen Akt des russischen Machthabers. Er führt diesen Krieg ausschließlich, um seine nationalistischen Ziele durchzusetzen und weil ihm die gelebte Demokratie in der Ukraine Angst macht. Er führt diesen Krieg mit aller Brutalität und ohne Rücksicht auf Menschenleben. Das muss aufhören! Niemals hätte ich gedacht, dass ich mit meinen Kindern über einen Krieg in Europa reden muss. Niemals hätte ich gedacht dass mich meine Enkel fragen, ob die Panzer auch zu uns nach München kommen. Ein Krieg wie aus den düstersten Zeiten der Vergangenheit - mit Bombenterror und Granaten, mit Flugzeugangriffen und Panzern. Ein Krieg, in dem der russische Machthaber unverhohlen mit Atomwaffen droht - und am Schlimmsten: Man ihm sogar zutrauen muss, alles zu riskieren, sogar einen dritten Weltkrieg."

Demo auf dem Königsplatz: Bayerns Ministerpräsident Markus Söder.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder.

(Foto: Imago)

Markus Söder (CSU), Ministerpräsident von Bayern: "Es ist unerträglich. Es war unvorstellbar. Jedes Bild ist wie ein Stich. Ich bin ein Kind der Achtzigerjahre, und ich dachte, dass diese Zeiten längst überwunden sind. Und deshalb sage ich Ihnen eines aus tiefer Überzeugung: Wir werden unter keinen Umständen einen Krieg, einen nicht provozierten Angriffskrieg in Europa akzeptieren - n iemals und nie wieder und nie mehr. (..) Wir zeigen Flagge für Frieden in Europa und Solidarität mit der Ukraine, wir fühlen mit den Menschen in der Ukraine. Wir teilen ihr Leid. Wir wollen helfen. Wir sagen aber auch: Es geht hier um uns alle. Es geht um unsere liberale Demokratie. Es geht um Freiheit. Es geht um Souveränität. Niemand darf territoriale Grenzen, niemand darf den Wunsch nach Demokratie und niemand darf den Wunsch nach Freiheit unterdrücken. Wir stehen an der Seite der Ukraine."

Demo auf dem Königsplatz: Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze.

Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze.

(Foto: Lukas Schulz/aal.photo/Imago)

Katharina Schulze, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bayerischen Landtag: "Babys werden in Bunkern geboren, Familien auseinandergerissen, Menschen fliehen, Menschen werden getötet, Frauen und Männer müssen zu Waffen greifen und sich verteidigen, obwohl sie einfach in Frieden leben wollen. Niemand sollte so etwas erleben müssen. Niemand. Das passiert aber gerade, jetzt, in der Ukraine, in Europa. Die Verantwortung dafür trägt genau ein Mann: Putin. Sein Angriff auf die Ukraine war völkerrechtswidrig. Der Krieg ist bestialisch."

Demo auf dem Königsplatz: Der Generalkonsul der Ukraine, Yarmilko Yuriy.

Der Generalkonsul der Ukraine, Yarmilko Yuriy.

(Foto: Lukas Schulz/aal.photo/Imago)

Yarmilko Yuriy, Generalkonsul der Ukraine: "Seit sieben Tagen tobt in meinem Land der Krieg. Ein nicht provozierter, unmenschlicher, brutaler Krieg gegen das ukrainische Volk. Genau gegen das ukrainische Volk, nicht nur gegen die Armee, denn anders kann man die neuerlichen Beschüsse der ukrainischen Wohnbezirke mit ballistischen Raketen und schweren Flugzeugbomben kaum bezeichnen. Die Ukrainer wehren sich mutig. Heute stehen ganze Städte und Dörfer, die Ukrainisch- und Russischsprachigen, Liberale, Linke und Rechte gegen die russischen Streitkräfte auf. Diese Menschen, die kämpfen, die Menschen, die sich vom Krieg in den Kellern verstecken, die Menschen, die vom Krieg ins Ausland fliehen müssen, sie alle brauchen Ihre Unterstützung und Ihre Hilfe. (..)

Ja, wir wehren uns, und wir brauchen dafür Defensivwaffen. Eine Panzerfaust kann man nur dann verwenden, wenn ein Panzer auf sie zufährt. Luftabwehrraketen kann man nur dann einsetzen, wenn auf sie eine Rakete geschossen wurde oder ein Flugzeug fliegt, um Städte zu bombardieren. Zu fordern, dass solche Waffenlieferungen eingestellt werden, ist kein Pazifismus, sondern die Besänftigung des blutigen Aggressors: Russlands. (..)

Helfen Sie uns zu kämpfen! Glauben Sie an unsere Tapferkeit und stärken Sie uns! Heute sind die Ukrainer die überzeugtesten Europäer, denn wir sind gezwungen, für diese Wahl einen enorm hohen Preis zu zahlen. Machen Sie, dass der Preis, den Russland für diesen Krieg zahlt, so hoch ist, dass es keine andere Option hat, als die Waffen endlich niederzulegen! Das können die Ukrainer alleine nicht schaffen, nur ganz Europa gemeinsam kann das schaffen."

Timothy Liston, Generalkonsul der USA: "Kennedy hat gesagt, ich bin ein Berliner. Heute sage ich, wir sind Ukrainer."

Demo auf dem Königsplatz: Landtagspräsidentin Ilse Aigner auf dem Königsplatz.

Landtagspräsidentin Ilse Aigner auf dem Königsplatz.

(Foto: Lukas Schulz/aal.photo/Imago)

Ilse Aigner (CSU), Präsidentin des Bayerischen Landtags: "In der Ukraine werden die traumatischen Erinnerungen unserer Eltern und Großeltern schreckliche Realität. Sirenen. Bomben. Panzer. Wohnhäuser, ganze Städte in Trümmern. Verzweifelte in Kellern, U-Bahn-Höfen und Tiefgaragen. Verletzte und Tote - darunter viele Kinder. Wir trauern mit den ukrainischen Familien. (..) Lange, vielleicht zu lange, haben wir auf Vernunft, auf Einsicht, auf eine bloße Drohgebärde gehofft. (..)

Putin hat sich enttarnt - als Aggressor, als Kriegsverbrecher. Er bricht mit allem, was die friedliche und menschliche Welt eint - von der Schlussakte von Helsinki bis zu den Genfer Konventionen. Putins Regime trägt die Verantwortung für diese grausame Gewalt und das Sterben in der Ukraine. Wer diese Wahrheit noch immer leugnet - sei er ein Maestro, ein Altkanzler oder irgendein Irrlicht vom rechten oder linken Rand - macht sich zum Komplizen, stellt sich uns entgegen und wird mit Putin verlieren!"

Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern: "Vor den Augen der Welt wird Stück für Stück, Stadt um Stadt Leid und Elend über die Menschen in der Ukraine gebracht. Das ist ein menschenverachtendes Verbrechen. Und es ist Putins Verbrechen! Er hat die Nachkriegsgeschichte beendet - in einem unvorstellbaren diktatorischen Akt. Die Bilder aus der Ukraine wecken in mir furchtbare Erinnerungen an meine Jugend in einem München, das nicht viel anders aussah als Kiew, Cherson oder Charkiw dieser Tage. (..) Putins zutiefst verlogenes, zynisches Narrativ der "Entnazifizierung" ist verachtenswert! Ist es doch Putin, der offensichtlich der faschistischen Tradition nacheifert und jeden Funken von Freiheit auszulöschen versucht - in seinem eigenen Land, in jedem Winkel seiner Einflusszone und jetzt in der Ukraine! (..) Die Geschichte lehrt, dass ein einziger Mensch ein ganzes Land, die ganze Welt, an den Abgrund führen kann - und weiter. Wer diesem Krieg tatenlos zuschaut, der hat aus der Geschichte nichts gelernt."

Hubert Aiwanger, Vorsitzender der Freie Wähler Bayern: "Nicht ganz 80 Jahre nach dem Wahnsinn des Zweiten Weltkrieges kehrt wieder Krieg nach Europa zurück, schießen Menschen aufeinander, werden Städte zerstört, werden Kinder, Frauen und Männer getötet. Dieser Wahnsinn muss gestoppt werden. Und wir rufen heute aus München Putin zu: ,Nimm deine Panzer und fahr heim, Putin!' Weil du in der Ukraine die Menschenrechte mit Füßen trittst. Weil du dort Menschen tötest. Weil du dort Kultur zerstörst. Weil du dein eigenes Volk ins Unheil führst. (..) Diese Leute wollen Frieden und nicht, dass ihre Söhne und Männer als Tote nach Hause geschickt werden.

Die Weltgemeinschaft hält den Atem an, es ist unverhohlen mit dem Äußersten gedroht worden, es ist mit einem Atomkrieg gedroht worden. (..) Wir wollen diesen Wahnsinn nicht mal denken, und wer diese Dinge öffentlich ausspricht, der ist ein Kriegsverbrecher, der muss angeklagt werden."

Sie haben am Mittwoch gesprochen

Dieter Reiter, OB von München

Dr. Markus Söder, Ministerpräsident des Freistaates Bayern

Ilse Aigner, Präsidentin des Bayerischen Landtags

Yarmilko Yuriy, Generalkonsul der Ukraine

Timothy Liston, Generalkonsul der Vereinigten Staaten von Amerika

Bernhard Stiedl, Vorsitzender des DGB Bayern

Florian von Brunn, Vorsitzender der Bayern-SPD

Katharina Schulze, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bayerischen Landtag

Dr. Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern

Christian Kopp, Regionalbischof der Evang.-Luth. Kirche in Bayern

Hubert Aiwanger, Vorsitzender der Freie Wähler Bayern

Christoph Klingan, Generalvikar der Erzdiözese München und Freising

Martin Hagen, Landesvorsitzender der FDP Bayern

Nicole Schley, Landesvorsitzende der AWO Bayern

Richard Mergner, Landesvorsitzender des BUND Naturschutz in Bayern

Ates Gürpinar, Landessprecher Die Linke Bayern

Tobias Ruff, Mitglied des Landesvorstandes der ÖDP Bayern

Julia Amtmann, Volt München

Harald Stocker, Mitglied des Bundesvorstandes DJV - Deutscher Journalisten-Verband

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