Zwei große Medizinzentren mit der höchsten Versorgungsstufe und zwei kleinere Standorte – das ist die Zukunft der München Klinik (Mük). Eins der größten kommunalen Krankenhausunternehmen Deutschlands steht vor weitreichenden Veränderungen. Nicht zuletzt geht es auch darum, das nahezu 100-Millionen-Euro-Defizit in der Klinikkasse langfristig auszugleichen. Am Donnerstag hat der Stadtrat das neue Medizinkonzept für die München Klinik nach einer kontroversen Debatte beschlossen, gegen die Stimmen von CSU/Freie Wähler, FDP/Bayernpartei und ÖDP/München-Liste.
„Wir machen hier als Stadt München einen großen Aufschlag“, kündigte die Dritte Bürgermeisterin Verena Dietl (SPD) an. Man sei überzeugt davon, auf dem richtigen Weg zu sein.
Das Medizinkonzept sieht vor, dass die Klinik Bogenhausen und die Klinik Harlaching Maximalversorger bleiben, mit jeweils eigenem Profil, etwa durch Zentren für Hämato-Onkologie oder Unfallchirurgie. Diese Profilbildung geschieht auch im Hinblick auf die geplante bundesweite Krankenhausreform.
An den Standorten Schwabing und Neuperlach ist eine Reduzierung des Notfallangebots von Stufe zwei auf Stufe eins vorgesehen. Das bedeutet künftig eine stationäre Basisnotfallversorgung mit je einer Abteilung für Innere Medizin, Chirurgie und Intensivmedizin. Darüber, ob sich dadurch die Versorgung verschlechtert, wurde viel diskutiert. Der Leiter des Instituts für Notfallmedizin und Medizinmanagement am LMU-Klinikum Stephan Prückner stellte beispielsweise für Herzinfarkte klar: „Wir sind super aufgestellt und haben auch in Zukunft kein Problem.“
Allerdings äußerte Hans Theiss Bedenken für die CSU/Freie-Wähler-Fraktion, ob auch langfristig die Versorgung bei Herzinfarkten gesichert sei, falls im Zuge der bundesweiten Krankenhausreform noch andere Kliniken in der Stadt schließen müssten. „Ich habe erhebliche Zweifel, ob Schwabing zu reduzieren richtig ist“, so Theiss. Er kritisierte zudem, ebenso wie Gabriele Neff für die FDP/Bayernpartei, dass bei der Darstellung des Medizinkonzepts die wirtschaftliche Bedeutung ausgelassen wurde. Die Gesundheitsreferentin Beatrix Zurek (SPD) erklärte, dass diese erst jetzt, im Nachgang der Abstimmung, überhaupt passieren könne.
Darüber hinaus existieren noch langfristigere Pläne, die Notfallversorgung in Neuperlach auf bloß noch ambulante Strukturen weiter zu reduzieren. Auch daran gab es zuletzt Kritik von der CSU. Hier hat man sich tatsächlich auch im Beschluss zurückgehalten: Erst wenn ausreichend ambulante Strukturen etabliert würden, könne dies geschehen. Dann will sich der Stadtrat erneut damit befassen.
Ein weiterer Aspekt hat für viele Emotionen im Stadtrat gesorgt: die geplante Verlegung der Geburtshilfe von Neuperlach nach Harlaching. Die Neuperlacher Hebammen protestieren seit eineinhalb Jahren dagegen – zuletzt am Montag am Marienplatz. Das Gesundheitsreferat argumentiert: Die geburtshilfliche Versorgung in München funktioniere auch ohne den Standort in Neuperlach. Eine neue Studie des GSR besagt: Bis 2038 ist der Bedarf – auch ohne Neuperlach - gedeckt. Doch auch das überzeugte die Kritiker nicht: Alexandra Gaßmann von der CSU hält die Verlegung „für fatal, wenn nicht fahrlässig“. Frauen im Münchner Osten werde dadurch die Wahlfreiheit genommen, wo und wie sie ihr Kind zur Welt bringen wollen. Ihre Fraktion, ebenso wie die Fraktionen FDP/Bayernpartei und ÖDP/München-Liste, kritisierten außerdem, dass ein rechtssicheres Konzept, wie die zwei Hebammen-Teams aus Harlaching und Neuperlach künftig zusammenarbeiten sollen, nicht vor der Abstimmung vorgelegt wurde.
Hintergrund sind die verschiedenen Arbeitsformen der Teams: die 24 Hebammen in Neuperlach sind in Festanstellung, die 26 Hebammen in Harlaching arbeiten freiberuflich. „Angestellte und freiberufliche Hebammen können nicht zusammen in einem Kreißsaal arbeiten“, sagte Leonie Lieb, Sprecherin der Neuperlacher Hebammen am Montag bei der Protestaktion. Wenn etwa eine werdende Mutter einen Vertrag mit einer freiberuflichen Hebamme gemacht habe, könne eine fest angestellte Hebamme da nicht eingreifen. Man werde so lange gegen die Zusammenlegung protestieren, bis gesichert sei, dass keine Hebamme aus dem „Angestelltenverhältnis verdrängt“ werde, sagt Lieb. Bei der Ausschusssitzung waren sie auf der Zuschauertribüne vertreten.
Auch die Fraktionen SPD/Volt, Grüne/Rosa Liste sowie die Linke bestanden auf einem System, in dem beide Arbeitsmodelle dauerhaft zusammen im Kreißsaal existieren können. Die München Klinik und die beiden Hebammenteams wurden nun vom Stadtrat beauftragt, eine Lösung dafür zu entwickeln. Der Verlegung der Geburtshilfe nach Harlaching wurde unter dieser Bedingung mehrheitlich zugestimmt.