Der bislang kühle Frühling täuscht. München steckt mitten im Klimawandel. In den vergangenen Jahren stieg die Jahresdurchschnittstemperatur in der Stadt um zwei Grad Celsius im Vergleich zum langjährigen Mittel an. In einer Großstadt wie München macht sich der Klimawandel besonders stark bemerkbar: So steigen hier im Vergleich zum direkten Umland die Temperaturen schon um mehr als zehn Grad an. In der stark versiegelten Stadt herrscht an heißen Sommertagen längst Steppenklima.
Kommunalreferentin Kristina Frank will nun fünf Jahre lang durchschnittlich 100 000 Bäume jährlich in der Stadt pflanzen lassen, damit ein besseres Stadtklima entsteht und nebenbei das klimaschädliche Kohlendioxid zum Teil aus der Luft gefiltert wird. Doch so einfach ist das nicht. Denn im öffentlichen Raum gibt es viel zu wenig Platz für so viele Bäume. Und viele heimische Arten ertragen das bereits heute herrschende Klima nicht mehr und werden wohl bald aus dem Stadtbild verschwinden.
Das bekannteste Beispiel ist die Esche (Fraxinus excelsior). Der in Europa heimische und weit verbreitete Laubbaum wäre eigentlich ideal für einen trockenen, warmen, aber im Winter auch kalten Extremstandort wie München. Doch das Eschentriebsterben, das vor allem durch einen Schlauchpilz verursacht wird, macht der Esche zunehmend den Garaus. Münchner Biologen und Forstwirte befürchten, dass die Eschen in nur wenigen Jahren fast völlig aus dem Stadtbild verschwunden sein werden.
Immer wieder müssen Stadtgärtner ausrücken, um insbesondere an der Isar schwer geschädigte Eschen zu fällen, weil sie wegen herunterfallender Äste zur Gefahr werden. Platanen sind mittlerweile in weiten Teilen Bayerns von der Massaria-Krankheit betroffen, einem Pilz, der seit 2004 in Süddeutschland nachgewiesen ist. Birken leiden unter Hitze und Trockenheit, ähnlich geht es den Rotbuchen in Hitzeinseln wie München.
Doch welche Bäume könnten stattdessen gepflanzt werden, die den Klimastresstest bestehen? Dazu experimentieren Experten in Deutschland seit vielen Jahren. Ein Problem dabei ist, dass sich klimatische Veränderungen in der Vergangenheit noch relativ langsam abspielten. Doch mittlerweile gibt es eine bundesweite Broschüre der Deutschen Gartenamtsleiterkonferenz (Galk), die unter maßgeblicher Mitarbeit des Münchner Baureferats eine Liste an Bäumen entwickelt hat, die den klimatischen Herausforderungen gewachsen sein könnten.
Ein Hauptthema in der Zukunft dürfte werden, welche prioritäten die Stadt setzt
Es sind vor allem nicht-heimische Hölzer, die künftig Münchens Stadtbild prägen könnten. Vor allem in Süd- und Südosteuropa sind Baumarten heimisch, die nun verstärkt in München gepflanzt werden könnten. Darunter ist etwa die aus Kleinasien stammende Zerreiche (Quercus cerris), die einerseits mit Frost gut klar kommt, andererseits auch hitzefest ist und auch auf trockenen Böden wächst.
Der Ingolstädter Gärtnermeister Rudolf Wittmann sagte bei einer Veranstaltung des Münchner Bauzentrums, dass sich in einem Steppenklima auch die aus dem Mittelmeerraum stammende Hopfenbuche (Ostrya carpinifolia) eignen würden. Es gibt aber auch eine heimische Art, die noch nicht vor dem Klimawandel kapituliert hat: der Feldahorn. "Der ist robust", sagt Wittmann.
Angela Burkhart-Keller, Baumexpertin beim Bund Naturschutz in München, ist davon überzeugt, dass es vor allem eine große Vielfalt an Baumarten sein muss, die in München wachsen sollten, um einen möglichen Krankheitsbefall von einzelnen Baumarten so glimpflich wie möglich zu halten. Gingko oder Robinie wiederum kämen zwar mit einem heißen und trockenen Klima gut zurecht, aber sie verdunsten über die Blätter nur wenig Feuchtigkeit und kühlen somit kaum die überhitzte Umgebung. Ein Hauptthema der kommenden Jahre wird laut Burkhart-Keller deshalb auch sein, welche Prioritäten München setzt. Die Frage könnte also lauten: Parkplatz oder Stadtpark?