Klima-Protest:Umweltaktivisten kleben sich vor Siemens-Konzernzentrale fest

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Klimaaktivisten von "Extinction Rebellion" blockieren das Siemens-Parkhaus. (Foto: Robert Haas)
  • Vor der Siemens-Konzernzentrale protestieren etwa 50 Klimaschutz-Aktivisten gegen die Lieferung von Signaltechnik nach Australien.
  • Mithilfe dieser Technik aus Deutschland will ein indischer Konzern eine umstrittene Kohlemine erschließen.
  • Siemens erklärt, man wolle den Klimawandel auch bekämpfen. Der Auftrag sei ihnen "durchgerutscht" - er sei vergleichsweise klein.

Von Jakob Wetzel

"Siemens blockiert unsere Zukunft, deswegen blockieren wir jetzt Siemens", sagt Thomas Nier. Das Verhalten des Konzerns sei nicht in Ordnung, und die Zeit für "business as usual" sei vorbei. Am Mittwoch ab sieben Uhr hat sich Nier deshalb mit etwa 50 weiteren Klimaschutz-Aktivisten von "Extinction Rebellion München" mit Fahnen und Transparenten vor der Konzernzentrale postiert, genauer: auf der Jägerstraße, unmittelbar vor der Einfahrt in die Siemens-Tiefgarage. Wenig später klebten drei Aktivisten gar ihre Hände mit Sekundenkleber an eine Säule in der Einfahrt.

Siemens steht in der Kritik, weil der Konzern Signaltechnik für eine Bahnstrecke im Nordosten Australiens liefern will, mit welcher der indische Konzern Adani eine umstrittene Kohlemine erschließen möchte. Dagegen regt sich seit einiger Zeit Protest. In München zum Beispiel klebte sich Nier schon im Dezember von innen an die Fassade der Siemens-Zentrale - so lange, bis sich der Kleber nach drei Stunden von selbst löste.

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Siemens beteuert, man stehe auf derselben Seite wie die Aktivisten: Man wolle den Klimawandel gemeinsam bekämpfen. Bereits 2015 hat der Konzern angekündigt, bis 2030 klimaneutral wirtschaften zu wollen. Der Auftrag für die Signaltechnik sei dem Konzern nun durchgerutscht, heißt es: Mit einem Volumen von 18 Millionen Euro sei er für die Verhältnisse des Konzerns mit seinem Milliardenumsatz im Jahr ja vergleichsweise klein. Nun sei es zu spät.

Siemens-Chef Joe Kaeser hatte zuletzt erklärt, der Konzern werde seine vertraglichen Verpflichtungen erfüllen; andernfalls drohten hohe Schadenersatzansprüche. Es gebe keinen juristisch und wirtschaftlich verantwortbaren Weg, den Vertrag aufzulösen. In Zukunft will Siemens jedoch verhindern, dass Geschäfte geschlossen werden, die dem Klimaschutz abträglich sind. Dafür soll ein Nachhaltigkeitsrat sorgen, der mit externen Mitgliedern besetzt werden soll. Die Tiefgaragen-Blockade am Mittwochmorgen kommentiert ein Siemens-Sprecher mit den Worten: "Wir verstehen die Menschen, die da stehen, und wir finden es gut, dass sie sich für den Klimaschutz engagieren."

"Für mich bedeutet das Geschäft mit Adani, dass Siemens bis 2030 nicht klimaneutral sein kann", sagt dagegen Thomas Nier. So lange die Kohlemine in Betrieb sei, solle der Konzern darauf verzichten, Werbung mit Nachhaltigkeit zu machen.

Wirklich blockiert haben die Aktivisten die Tiefgarage freilich nicht: Die Polizei sperrte die Zufahrt ab, schickte anfahrende Mitarbeiter zu einer anderen Einfahrt auf der Rückseite des Gebäudes und hielt die Aktivisten davon ab, diese ebenfalls zu blockieren. Kurz vor zehn Uhr löste "Extinction Rebellion" die Blockade selbst auf. Auch die drei Aktivisten, die sich festgeklebt hatten, lösten ihre Hände mit Nagellackentferner von der Säule.

Von einer Anzeige gegen ihn und die anderen Aktivisten wisse er nichts, sagt Nier. Gegen das Siemens-Geschäft wolle man aber weiter protestieren, demnächst etwa bei der Hauptversammlung des Konzerns am 5. Februar in der Münchner Olympiahalle. Auch "Fridays for Future" hat bereits angekündigt, dann zu demonstrieren. "Extinction Rebellion" werde auch kommen, sagt Thomas Nier. Und in Zusammenarbeit mit dem Dachverband der Kritischen Aktionäre wolle man auch zu den Aktionären sprechen.

© SZ vom 30.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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